© Hildegard Willer
Das Wirtschaftsmodell Perus basiert auf ungleichen und ungerechten internationalen Beziehungen. Perus strebt mit seiner Extraktivwirtschaft nach Weltmarktintegration und der Erwirtschaftung von Devisen. Das Freihandelsabkommen der EU mit Peru schreibt dieses Modell und diese Beziehungen fest.
Der Bergbau ist in Peru die wichtigste Einnahmequelle für Devisen, schafft aber nur wenige Arbeitsplätze. Er ist Zeichen für das Spannungsverhältnis zwischen der ökonomischen Notwendigkeit, seine natürlichen Ressourcen auf dem Weltmarkt zu verkaufen, und den sozialen und ökologischen Auswirkungen, die er in den Bergbaugebieten und -gemeinden verursacht. Der Abbau von Mineralien verursacht Umweltschäden durch starke Wasser-, Boden- und Luftverschmutzung. Zu den Auswirkungen gehört auch, dass er alternative lokale wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Landwirtschaft verhindern kann.
Die Informationsstelle Peru ist Mitträgerin der Kampagne “Bergbau Peru – Reichtum geht, Armut bleibt”.
© Hildegard Willer
Die peruanische Politik unterstützt das auf Extraktivismus basierende Wirtschaftsmodell. Die Minenunternehmer genießen viele Steuervorteile, ausländische Firmen profitieren von günstigen Investitionsbedingungen. Umweltvorschriften werden verwässert, Genehmigungsverfahren „erleichtert“ und internationale Abkommen und nationale Gesetze immer wieder verletzt.
Das peruanische Parteiensystem ist in der Krise. Die traditionellen Parteien haben durch Korruptionsskandale ihre Glaubwürdigkeit verspielt, die politische Landschaft ist mit unzähligen kleinen Parteien und Wählergruppierungen unübersichtlich. Das Vertrauen in die demokratischen Institutionen ist dramatisch gesunken.
Basisorganisationen und neue soziale Bewegungen demonstrieren gegen Korruption und verkrustete Strukturen und für demokratische Reformen. Viele Gruppen und Initiativen in Peru und in Deutschland setzen sich für die Achtung von Menschenrechten und Umweltschutz in den Wirtschaftsbeziehungen und Lieferketten ein.
© Hildegard Willer
Koloniale Strukturen und Diskriminierung wirken bis heute in der peruanischen Gesellschaft. Die Landbevölkerung im Andenhochland, die indigenen Völker im Amazonasgebiet, aber auch Afroamerikaner*innen, Frauen oder Mitglieder der Queer-Community erleiden bis heute vielfältige Diskriminierungen und Ausgrenzung.
Die Zahl der sozio-ökonomischen Konflikte steigt, vor allem im Zusammenhang mit der intensiven Extraktivwirtschaft. Zivilgesellschaftliche Proteste werden häufig mit Gewalt niedergeschlagen und kriminalisiert. Wir setzen uns für die Achtung der Menschenrechte ein.
Ein besonderes Augenmerk legen wir auf das Thema der Gewalt gegen Frauen, die eine weltweite Realität darstellt. In der patriarchal geprägten Gesellschaft Perus ist Gewalt gegen Frauen strukturell und institutionell. Die Zahlen von häuslicher Gewalt, Vergewaltigungen und Femiziden sind erschreckend hoch. Die Strafermittlung funktioniert oftmals nicht. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte Perus sind die Zwangssterilisierungen von 270.000 Frauen in der Zeit des Fujimori-Regimes. Feministische und Basis-Frauenorganisationen kämpfen unter dem Motto „Ni una menos“ („Nicht eine weniger“) gegen jedwede Form der Gewalt gegen Frauen in Peru.
Peru kann auf einen Jahrtausende alten enormen Kulturreichtum zurückblicken. Die peruanische Kultur ist vielfältig und facettenreich. Viele Kulturschaffende sind den sozialen Bewegungen eng verbunden.
© Leon Meyer zu Ermgassen
Der peruanische Regenwald bedeckt rund 60 Prozent des Staatsgebietes und ist fast dreimal so groß wie Deutschland. In ihm leben ca. 350.000 Menschen, die zu den unterschiedlichen indigenen Völkern gehören. Der Regenwald spielt als „grüne Lunge des Planeten“ eine existenzielle Rolle für das weltweite Klima.
Die peruanische Politik ist widersprüchlich: Sie betont die Bedeutung traditioneller indigener Lebens- und Wirtschaftsweisen für den Erhalt des amazonischen Regenwaldes. Gleichzeitig stellt sie jedoch wirtschaftliche und strategische Interessen wie die Förderung von Palmölplantagen, Erdöl, Bergbau- und Holzeinschlagskonzessionen und großen Infrastrukturprojekten vor den Schutz der in Amazonien lebenden indigenen Völker und Gemeinschaften und ihrer Territorien. Indigene Organisationen kämpfen für den Erhalt ihres Lebensraums und die Anerkennung ihrer Lebensweise.
© MOCICC
Obwohl Peru nur für 0,16 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist, ist das Land schon heute massiv vom Klimawandel betroffen. Von 1970 bis 2020 gingen 51 Prozent seiner Gletscherflächen verloren. Die Wasserversorgung der Küstenstädte durch die Flüsse aus dem Andenhochland ist massiv gefährdet.
Gleichzeitig besitzt Peru eine lebenswichtige Ressource zum Schutz des Klimas: Den Amazonas-Regenwald mit einer der weltweit größten Artenvielfalt.
Dem Schutz der natürlichen Ressourcen stehen mächtige wirtschaftliche Interessen entgegen. Indigene und Basisorganisationen kämpfen für den Erhalt der Umwelt und ihrer Lebensgrundlagen. NGOs und Klimaschutzbewegungen arbeiten mit ihnen zusammen, um dem Umwelt- und Klimaschutz mehr Gewicht zu verleihen. Ändern muss sich aber vor allem auch der riesige Energiekonsum in Deutschland und anderen Ländern des globalen Nordens.
© Arturo Cornejo
Unsere Mission ist es Brücken zwischen Peru und Deutschland aufzubauen, aber auch Auswirkungen der globalen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Globalem Norden und Süden anhand des Beispiels der deutsch-peruanischen Beziehungen aufzuzeigen.
Koloniale Strukturen und Diskriminierung wirken bis heute auch in den deutsch-peruanischen Beziehungen. Dafür wollen wir mit unserer Bildungsarbeit sensibilisieren und auch unsere Arbeit immer wieder kritisch reflektieren.
Außerdem spielen für uns natürlich auch die deutsch-peruanischen Migrationsbewegungen eine wichtige Rolle.
Die Infostelle Peru präsentiert hier Beiträge von „welt-sichten“, auch zu anderen lateinamerikanischen Ländern.
„welt-sichten“ bringt Analysen, Reportagen, Kommentare und Stimmen aus Entwicklungs- und Schwellenländern; Hauptthemen sind Weltwirtschaft, Klimawandel, Menschenrechte, Friedensfragen, Religionen und Entwicklungspolitik.
Es erscheint online (www.welt-sichten.org) und gedruckt (sechs Heften im Jahr) und wird von einem Verein herausgegeben, dem kirchliche Entwicklungswerke aus Deutschland und der Schweiz angehören, darunter Misereor und Brot für die Welt.