Die deutsche Friedrich-Naumann-Stiftung soll konspiratives Treffen finanziert haben.
Die deutsche Friedrich-Naumann-Stiftung soll ein Treffen der Opposition finanziert haben, bei welchem hinter verschlossenen Türen die weiteren Schritte zur Amtsenthebung von Präsident Castillo geplant wurden.
Die Verwicklung der FDP-nahen Stiftung in die Pläne von Kongressmitgliedern, Präsident Castillo des Amtes zu entheben, hat in Peru eine Welle der Empörung ausgelöst.
Am 9. Februar 2022 sollen laut der unabhängigen Zeitschrift Hildebrandt en sus trece Vertreter:innen der Oppositionsparteien mit Hilfe der Stiftung in einem Hotel in Lima getagt haben, um weitere für die Amtsenthebung notwendige Verfassungsänderungen zu besprechen.
Unabhängige Medien hatten bereits zuvor von derartigen Plänen der Kongressmitglieder berichtet.[1] Eine solche Amtsenthebung des Präsidenten hatte schließlich schon im November 2020 Präsident Vizcarra das Amt gekostet und zu Massenprotesten geführt. Viele Peruaner:innen sahen in der damaligen Machtübernahme einen Putsch durch den Kongress. Dies dürfte auch bei einer erneuten Amtsübernahme durch den Kongress der Fall sein.
Die Zusammenkunft am 9. Februar in einem Fünf-Sterne-Hotel zur weiteren Planung einer Machtübernahme durch die Oppositionsparteien soll nun durch die Friedrich-Naumann-Stiftung finanziert und ideell unterstützt worden sein. Nicht nur sollen die Rechnungen für das Mittagessen und die anschließende Besprechung – hinter verschlossenen Türen – durch die FDP-nahe Stiftung beglichen worden sein, sondern Jörg Dehnert, Projektleiter der Stiftung für Andenländer, soll die Unterstützung mit einem Vortrag zur aktuellen politischen Lage abgerundet haben.
Das Treffen sollte offensichtlich geheim gehalten werden. Keine:r der Beteiligten hatte sich zu dem Treffen in sozialen Plattformen geäußert, noch wurde dieses in Massenmedien verbreitet. Im Gegenteil, Teilnehmerin María Carmen Alva soll bei ihrer Ankunft versucht haben, einen Pressefotografen der Zeitschrift Hildebrandt en sus trece am Fotografieren zu hindern. Der Fotograf soll durch Sicherheitsbeamte verfolgt worden sein.
María Carmen Alva ist auch diejenige, die als aktuelle Präsidentin des Kongresses bei einer Amtsenthebung des Präsidenten und einer Vakanz des Vizepräsident:innenpostens das höchste Staatsamt bis zu Neuwahlen übernehmen würde.
Wie von ihr und den weiteren Teilnehmenden des Treffens jedoch erkannt, stehen einer solchen Machtübernahme bisher noch verfassungsrechtliche Hürden im Weg. Wege diese zu umgehen sollen den Gegenstand des Treffens gebildet haben.
Für eine mögliche Amtsenthebung aufgrund dauerhafter „moralischer Unfähigkeit“ des Präsidenten, an welcher bereits zuvor Präsident Vizcarra gescheitert war, fehlen den anwesenden Vertreter:innen mit 81 der erforderlichen 87 Stimmen bisher die erforderliche Mehrheit.
Erwogen wird daher offensichtlich eine Anklage Castillos wegen Korruption. Dieser steht jedoch (noch) Artikel 117 der Verfassung entgegen, welcher mögliche Anklagegründe abschließend aufzählt (u.a. wegen Hochverrats, Verhinderung von Wahlen und verfassungswidrige Auflösung des Kongresses).
Zudem soll eine weite Auslegung derjenigen Bestimmung im Raum stehen, welche die „unverzügliche“ Einberufung von Neuwahlen im Falle einer Übernahme des Amtes durch die Kongresspräsidentin María Carmen Alva verlangt.
Bezeichnend ist zugleich, dass María Carmen Alva, welche das Amt von Castillo übernehmen würde, mit 21% eine noch geringere Zustimmung in der Bevölkerung genießt als Castillo mit 25%.[2] Eine große Mehrheit der Bevölkerung (74%) wünscht sich viel mehr Neuwahlen, sollten Castillo und Vizepräsidentin Boluarte des Amtes enthoben werden. [3]
Die geringen Zustimmungswerte Alvas zeigen wie fragwürdig das Verhalten derjenigen Kongressmitglieder ist, die eine Absetzung Präsident Castillos planen, um die Geschicke des Landes selbst in die Hände zu nehmen.
Aus deutscher Sicht drängt sich jedoch die Frage auf, ob die Zentrale der Friedrich-Naumann-Stiftung um das Vorgehen ihres Andenbüros in Peru weiß. Und allgemeiner: Wie weit können und sollen ausländische Stiftungstätigkeiten gehen? Schließlich stehen dahinter auch deutsche Steuergelder. Die Unterstützung eines Treffens hinter verschlossenen Türen, um die Amtsenthebung eines demokratisch gewählten Präsidenten zu planen, sollte sicherlich nicht mehr davon gedeckt sein.
Ein solches Verhalten schadet nicht nur der Demokratie Perus, sondern auch dem Ansehen und der Arbeit deutscher Stiftungen und internationaler Nichtregierungsorganisationen allgemein. Es bleibt abzuwarten, wie und ob Peru offiziell zu diesen Vorwürfen reagieren wird.
Präsident Pedro Castillos Partei „Peru Libre“ rief derweil dazu auf, die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abzubrechen.[4] Vielerorts war auch der Ruf nach einer Ausweisung aller ausländischen Nichtregierungsorganisationen zu lesen, eine Forderung, die nicht neu ist und welcher damit erneut Aufschub gegeben wurde.
Anna Kohte
[1] Siehe bereits Hildebrandt en sus trece vom 29. Oktober 2021 (Nummer 563), Seite 4.
[2] Datenerhebung vom 10 und 11 Februrar 2022, abrufbar auf www.ipsos.com/es-pe/encuesta-america-tv-ipsos-febrero-2022.
[3] Datenerhebung vom 10 und 11 Februrar 2022, abrufbar auf www.ipsos.com/es-pe/encuesta-america-tv-ipsos-febrero-2022.
[4] Tweet vom 12. Februar 2022 (‘El Canciller debe cortar relaciones diplomáticas con Alemania’), abrufbar auf twitter.com/PERU_LIBRE1/status/1492550935108849665.
2 Gedanken zu “Im Namen der Freiheit?”
Oh oh oh oh….
Hier hat offensichtlich ein dunkelroter Castillo- und Peru “Libre”-Lover den Artikel verfasst!
Bereits die verwendete Terminologie (z.B. “Verwicklung” oder “Putschisten Treffen”) ist ideologisch stark verfärbt und bewusst agitatorisch!
Zwischen einem Putsch und einem verfassungsgemäßen, demokratischen Amtsenthebungsverfahren existiert wohl ein himmelweiter Unterschied!
Und was heißt hier, die Herrschaften hätten sich klammheimlich getroffen?
In einem öffentlich zugänglichen Hotel ohne Absperrungen, in dem auch frei gefilmt wurde?! Hallo?
Das Treffen habe eine Welle der Empörung ausgelöst? Pusteblume! Allenfalls in den Kreisen von Presidente Castillo und seiner linksradikalen Partei Peru Libre und wohlgesonnenen Medien!
Zudem hat Präsident Castillo NICHT dazu aufgerufen, die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abzubrechen, sondern eine Peru Libre nahestehende ONG, die fälschlicherweise auch noch die Naumann-Stiftung mit der Deutschen Regierung gleichsetzte!! Wir berichteten.
Wie schön, dass in dem Artikel, wenn auch nur beiläufig, erwähnt wird, dass Castillo nur noch rund 25% Zustimmung in der Bevölkerung genießt und sich knapp 75% der Peruaner Neuwahlen wünschen.
Was der Autor besagter Informationsstelle jedoch dezent verschweigt ist, dass ohne eine Amtsenthebung Castillos und sogar seiner Vizepräsidentin Boluarte keine Neuwahlen stattfinden KÖNNEN und man bis zum Ende der Amtszeit Castillos warten müsste! Dies wäre für Peru eine Katastrophe.
Ebenso spricht jener Autor kein Sterbenswort über die absolute Inkompetenz Castillos, seine reihenweise versagenden Kabinette, die Skandale und Frauenfeindlichkeiten seiner Berater und Minister, seinen letztinstanzlich wegen Korruption verurteilten Parteigründer und Fadenzieher im Hintergrund, Vladimir Cerrón, oder die HEIMLICHEN Treffen Castillo’s außerhalb jeglichen Protokolls in seinem Haus in Breña, Lima, wo sich selbst Mitglieder der MOVADEF, der politischen Nachfolgeorganisation der Terrorgruppe Leuchtender Pfad, und so manch andere für einen Kuhhandel die Türklinke in die Hand gaben und sich der Präsident höchstpersönlich zu nachtschlafender Zeit mit einer Mütze getarnt ein- und aus schlich!!!
Und angesichts dessen hat der Autor auch noch die Stirn zu unterstellen, die Naumann-Stiftung würde aufgrund dieses Hotel-Treffens mit Vortrag nicht nur die peruanische Demokratie untergraben, sondern dafür auch noch Deutsche Steuergelder verballern!
Es ist, auch aus älteren Publikationen, offensichtlich, dass die Informationsstelle mit der Friedrich-Naumann-Stiftung auf Kriegsfuss steht und mit rostigen Nägeln an deren Image kratzt!
Was die Informationsstelle und ihr Autor jedoch ersichtlich nicht wahrhaben wollen ist, dass die Gefahr für die Demokratie in Peru in erster Linie von Präsident Castillo, seiner unglaublichen Inkompetenz und der linksextremen kommunistisch-marxistisch-mariateguistisch-castro-chavistischen Ideologie Peru Libres nach kubanisch-venezolanischem Modell ausgeht!
Sehr geehrter Horst. J. Duschek-Medrano,
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Der Artikel befasst sich mit dem Treffen am 9. Februar 2022 und die Unterstützung des Treffens durch die Friedrich-Naumann-Stiftung. Die Unterstützung des Treffens wird auch durch die Friedrich-Naumann-Stiftung nicht bestritten und hat bereits zu entsprechenden Schritten seitens der Stiftung geführt.
Es handelt sich bei dem Artikel nicht um eine Stellungnahme zur Politik Castillos (siehe dazu gerne an anderer Stelle mit entsprechenden Verweisen: https://www.infostelle-peru.de/politik-und-demokratie/peru-bisher-schwerste-regierungskrise-der-anfang-vom-ende/).
Problematisch ist die Einmischung einer ausländischen Stiftung in die Frage der Regierungsführung.
Die weiteren von Ihnen angesprochenen Punkte werden im Artikel erläutert, insbesondere die verfassungsrechtlichen Implikationen.
Mit freundlichen Grüßen,
Anna Kohte / Informationsstelle Peru e.V.