Was bringen Klimazertifikate in Peru?

Vier Fragen zum neuesten InfoBlatt der Infostelle Peru zum Thema Klimafinanzierung an die Autorin Vanessa Schaeffer.

Das Thema Klimafinanzierung scheint auf den ersten Blick sehr komplex und kann Leser davon abhalten, sich näher damit zu befassen. Was sind die wichtigsten drei Punkte, die eine deutsche Bürgerin über dieses Instrument wissen muss?

Vanessa Schaeffer: Ich glaube, dass wir als verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Verbraucher drei Punkte wissen sollten:

– Die Klimafinanzierung geht von einer rechtlichen Verantwortung aus, die auf nationalen Gesetzen und internationalen Vereinbarungen beruht. Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass es sich nicht um “karitative Aktionen” oder “Entwicklungshilfe” handelt, sondern um einen Mechanismus, mit dem die Länder und Industrien, die die meisten Emissionen verursachen, ihre globale Verantwortung übernehmen. Ihr Hauptziel ist die Eindämmung und Reduzierung von Emissionen sowie die Unterstützung von Anpassungsmaßnahmen in Ländern, die vom Klimawandel betroffen sind.

– Es gibt regulierte Finanzierungsmechanismen und freiwillige Mechanismen. Die Klimazertifikate, die wir in den Supermärkten und auf alltäglichen Produkten sehen, gehören zu privaten Mechanismen, die von privaten Unternehmen verwaltet werden, mit Marktstandards. Die Verbraucher haben das Recht, auf die sie betreffenden Informationen zuzugreifen und sie zu analysieren. Diese Informationen sollten transparent und zugänglich sein.

– Die heute so beliebten Klimazertifikate auf dem freiwilligen Markt bewirken nicht die erforderlichen Emissionsreduktionen, die wir brauchen, um den Temperaturanstieg auf unserem Planeten zu verhindern. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen und zu fordern, dass die Unternehmen diese Mechanismen nur zusätzlich zu echten Anstrengungen zur Verbesserung und Reduzierung der Emissionen aus ihren Produktionsprozessen einsetzen.

Kohlenstoffzertifikate sind in den letzten Wochen in mehreren Medien stark kritisiert worden, weil sie die versprochene CO2-Reduzierung nicht nachweisen können und außerdem vorgaukeln, dass wir im Norden so weitermachen können, wie bisher, weil wir ja kompensieren können. Kann das Instrument “Klimazertifikat” überhaupt funktionieren ? Und welche Bedingungen braucht es dazu?

Vanessa Schaeffer: Die Diskussion ist zweifellos positiv und trägt zu mehr Transparenz und hoffentlich zur Verbesserung dieser Mechanismen bei, die von Jahr zu Jahr zunehmen.  Der Begriff “klimaneutral” ist problematisch, da er beim Verbraucher den Eindruck erwecken kann, dass es sich um eine Emissionsreduzierung handelt, obwohl dies in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Diese freiwilligen Mechanismen bieten nur “Kompensationen”, d. h. die Unternehmen, die sie kaufen, könnten im Prinzip ihr Emissions- und Verschmutzungsniveau beibehalten (oder sogar noch erhöhen). In diesem Punkt sind sich die Analysten einig: “Zertifikate” können nur in Kombination mit anderen eindeutigen Maßnahmen funktionieren, die darauf abzielen, dass die Unternehmen ihre Emissionen reduzieren und nicht nur “ausgleichen”.

Der freiwillige Markt ist zwar dynamisch und ermöglicht es, dass die Mittel schnell und direkt in die Gebiete gelangen, doch müssen die vergebenen Zertifikate sowie die Messung und Überprüfung der Kompensationsmaßnahmen in den Gebieten ständig überprüft werden. Diese Informationen müssen transparent sein und vor allem die Stimmen der geförderten Gebiete und Territorien einbeziehen, ein Aspekt, den die internationalen Unternehmen, die diese Zertifikate ausstellen, noch nicht wirksam integriert haben, abgesehen vom Diskurs.

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Du stellst im Infoblatt zwei Beispiele aus Peru vor, in denen internationale Zertifikatsanbieter Projekte zum Klimaschutz vermarkten. Du schreibst auch, dass in Peru dies kaum jemand zur Kenntnis nimmt. Warum wird in Peru nicht darüber gesprochen?

Vanessa Schaeffer: Die Diskussion in Peru hat gerade erst begonnen. Ohne indigene Organisationen wie CEPKA in San Martin wäre es schwierig, die Auswirkungen dieses Mechanismus auf das Gebiet zu erkennen. Ich glaube, dass die mangelnde Transparenz bei der Verwaltung dieser Mechanismen die Hauptursache ist. Es sollte auch beachtet werden, dass die Probleme in den Gebieten, wie z.B. die Abholzung im Amazonasgebiet, ernst sind und zunehmen. Die Erschließung privater Finanzmittel zu ihrer Bewältigung ist dringend erforderlich, aber sie ist nur ein Teil einer umfassenderen Governance-Agenda.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass die peruanische Regierung über das Umweltministerium Anstrengungen unternommen hat, um eine Debatte über Klimafinanzierungsmechanismen zu initiieren. Die bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit zwischen den Ländern ist unverzichtbar, um ihre Wirksamkeit zu verbessern und zu gewährleisten.

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Du lebst als Peruanerin seit drei Jahren in Deutschland. Wo könnten oder sollten die Deutschen, Deiner Meinung nach, ihren CO2-Ausstoß am besten senken ?

Vanessa Schaeffer: Es gibt viel Spielraum für die Reduzierung von Emissionen. Das Nachdenken über den Konsum auf der individuellen Ebene ist ein Schritt. Ein noch wichtigerer Schritt muss sich auf das Einfordern von weitreichenderen Reformen konzentrieren. Im Verkehrsbereich beispielsweise hat die deutsche Regierung mehr in den Bau von Autobahnen als in den Bau von Eisenbahnstrecken investiert und tut dies auch weiterhin, was in diesem Stadium absurd ist.

Das InfoBlatt zu Klimafinanzierung und CO2-Märkten kann hier heruntergeladen werden