Foto: Rettet den Regenwald/Flickr(CC BY-NC-SA 2.0)

„Klimafinanzierung muss auch politische Prozesse begleiten“

Wie die Recherche zum Norwegisch-Deutsch-Peruanischen Klimafonds zustande kam. Ein Gespräch mit dem Journalisten Aramis Castro, 32, vom Rechercheportal Ojo Público.

Infostelle Peru: Klimafinanzierung ist ja ein recht zähes journalistisches Thema. Da einigen sich bei einer COP ein paar Länder, zig Millionen USD zu geben, damit der Klimawandel aufgehalten wird und erhalten dafür viel Applaus. Aber sicherzustellen, dass das Geld wirklich das Geplante bewirkt, scheint sehr schwierig.

Aramis Castro: Ich recherchiere und schreibe seit fünf Jahren zum Amazonasgebiet in Peru, von daher beschäftige ich mich schon lange mit der Klimafinanzierung.

Die Logik ist die, dass weniger CO2 ausgestoßen wird, wenn weniger Regenwald abgeholzt wird. Und es wird weniger Regenwald abgeholzt, je mehr dieser sich in Gemeinschaftsbesitz von indigenen Völkern befindet. Dies ist mit Studien bewiesen. Deswegen ist eine Hauptstrategie der Klimafinanzierung die offizielle Ausweisung von indigenem Gemeinschaftsland, damit es gegen ungebremste Abholzung geschützt wird.

Das sollte auch der Norwegisch-Deutsche Waldschutzfonds für Peru bewirken, der 2014 unterzeichnet wurde und 2021 um vier weitere Jahre verlängert wurde.

Allerdings sind von den geplanten 300 Millionen US-Dollar, erst 16,5 Millionen ausgegeben worden.

Der Journalist Aramis Castro ©Estalin Colqui Girón
Würdest Du sagen, dass der Waldschutzfonds gescheitert ist?

Ja und nein. Sicher spielt auch Corona eine Rolle. Aber schon vor Corona waren die Ziele bei weitem nicht erreicht. Die Hauptproblematik, dass das Abkommen bisher nicht besser umgesetzt wurde, liegt bei den staatlichen Stellen. Das Umweltministerium ist für die Umsetzung zuständig. Aber für die Landtitulierung ist das Landwirtschaftsministerium verantwortlich, und da wird wenig koordiniert. Dazu kommen die Regionalregierungen. Gerade die Regionalregierung in Ucayali ist in den letzten Jahren wegen Korruption und illegalen Landspekulationen  mehrmals in schlechtes Licht geraten. 2020, das erste  Jahr von Corona, war auch das Jahr mit der höchsten Entwaldungsquote der letzten 20 Jahre in Peru.

Aber die Internationalen Geber begnügen sich auch oft mit dem technischen Aspekt, und lassen den viel schwierigeren und langwierigen politischen Prozess außen vor. Das sieht man auch daran, wofür das Geld ausgegeben wurde: 61,7% ging in Beratergehälter und Löhne; 7,4% in Reisekosten.

Wie kamst Du darauf, das Dorf Diobamba in Ucayali zu besuchen?

In einem internen Dokument las ich, dass viele Titulierungsprozesse nicht vorwärts gehen, weil die Anträge von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden waren. Zu diesen Gemeinden gehörte auch Diobamba, deswegen wurde ich neugierig und fuhr hin. Die Papiere der Gemeinde wurden zusammen mit anderen Papieren der Regionalregierung beschlagnahmt, als der Direktor des Landwirtschaftsministeriums in Ucayali wegen illegalem Handel mit Amazonas-Land festgenommen wurde. Und da sind sie auch nach Jahren noch, obwohl die Titulierung von Diobamba gar nichts mit dem Straffall zu tun hat.

In der Gemeinde kannten sie die Gemeinsame Absichtserklärung und das Waldschutzprojekt kaum. Es sei mal ein Ingenieur vorbeigekommen, habe ihnen Hoffnungen gemacht, und dann sei nichts mehr geschehen.

Wie hast Du die Informationen beschafft, und bist Du an Mauern gestoßen?

Ich habe offizielle Dokumente über das Informationsbeschaffungsgesetz bekommen. Behörden sind verpflichtet, Dokumente herauszugeben. Sie sind allerdings nicht verpflichtet, Interviews zu geben.  Ich konnte nicht mit dem Umweltminister oder dem Landwirtschaftsminister sprechen.  Ich habe auch Norwegen und das bundesdeutsche Umweltministerium, das für das Abkommen zuständig ist, angefragt. Norwegen hat mich auf eine Webseite verwiesen. Vom deutschen Umweltministerium habe ich nie eine Antwort erhalten.

Du schreibst seit fünf Jahren über das Amazonasgebiet: Was motiviert Dich und was kannst Du mit Deinen Recherchen erreichen?

Ich will die Geschichten der Menschen zeigen, die sonst in den Medien nicht vorkommen, damit sich etwas zugunsten von ihnen ändert.

Ein Beispiel, wo vermehrte Öffentlichkeit einen Wandel bewirkt hat, ist die Gemeinde Santa Clara de Uchunya. Das Unternehmen ist bei soviel Druck der Presse wesentlich „zahmer“ geworden und will jetzt mit dem Dorf verhandeln.


Das Gespräch führte Hildegard Willer

Übrigens hatte auch die Infostelle Peru e.V. kein Glück, als sie dem Bundesumweltamt Fragen zur Waldschutzfinanzierung in Peru stellte. Bis heute kam keine Antwort. 

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