“So spielt man nicht. Sag nein zum Erdöl” – Performance junger Klimaaktivisten gegen den Sponsor Repsol für die peruanische Nationalmannschaft ©MOCICC

Kurz gemeldet – Oktober 2023

Schwänzende Abgeordnete, eine befleckte Fussballnationalmannschaft und vieles mehr……..Kurznachrichten aus Peru

Kein Glauben an freiwillige Verpflichtungen – auch nicht bei Palmöl

Ein Kommentar

Als Informationsstelle Peru e.V. haben wir in der Vergangenheit über die Übergriffe und Umweltzerstörung durch die zunehmende Produktion von Palmöl berichtet und diese kritisiert. Wir haben ebenfalls positiv zur Kenntnis genommen, dass die Palmölfirma Ocho Sur aus der Liste des internationalen Palmölverbandes mit Sitz in London als Produzent für „nachhaltiges Palmöl“ entfernt wurde. Dabei war uns klar, dass sich die BesitzerInnen von Ocho Sur damit nicht zufriedengeben werden. Sie haben sich an ein Unternehmen gewandt, das fahrlässig Zertifizierungen erstellt, nämlich an das private Unternehmen GreenInitiative. Davon wurde Ocho Sur, tätig im peruanischen Regenwald in der Region Ucayali, als umweltfreundliches, nachhaltiges Palmölunternehmen eingestuft. Dabei ist bekannt, dass Ocho Sur Gebiete der indigenen Dorfgemeinschaft Santa Clara de Uchunya (Region Ucayali) besetzt und in der Folgezeit ca. 25.000 Hektar entwaldete.

Umweltorganisationen in Peru kritisierten stark, dass die aktuelle US-Botschafterin in Peru, Lisa Kenna, Ocho Sur als vorbildliche Firma darstellte.

Ocho Sur wird aktuell von indigenen Organisationen vor einer Unterabteilung der OCDE in den Niederlanden angeklagt. Das geschieht über eine Klage gegen eine niederländische Firma, die Palmöl von Ocho Sur bezieht.

Das ist ein erneutes Beispiel dafür, dass solche Green-Konsumenten-Verdummungszertifikate nichts taugen. Wirklicher Schutz für Umwelt und Menschen in Peru und hier gibt es nur durch klare Vorgaben, wie ein klares Lieferketten-Nachweis-Gesetz und durch eine gute Einkaufsaufklärung, kritischer einzukaufen. Wir sehen uns als Teil dieser Bewegung.

(Aus: Servindi, Lima, 6.9.23; greeninitiative.eco/2023/08/28 ocho sur.)

Heinz Schulze

Die Bevölkerung auf dem Land altert

„Dank der Möglichkeit zwei Ernten pro Jahr zu haben, konnten unsere drei Kinder studieren und haben eine gute Arbeit in der Stadt“. Das erzählte mir vor Jahren der Bauer Don Baldomero aus einem kleinen Andendorf bei Cajamarca. Diese zwei Ernten wurden möglich, weil die Nichtregierungsorganisation EDAC ein Projekt zur Wasserspeicherung von kleinen Rinnsalen ermöglichte, damit eine gute Bewässerung mit einfachsten Mitteln ermöglicht wurde und wodurch ausgewaschenes Land wieder landwirtschaftlich genutzt werden konnte. Dieser Anbau dient zur Selbstversorgung und zu einem Teil zum Verkauf auf dem Markt in der Stadt. Don Baldomero meinte, dass sie so dem ärmlichen Leben als Kleinbauern entfliehen konnten und er hofft, dass die jüngste Tochter einen tüchtigen Mann finde, der den Hof bearbeiten und sie so im Alter unterstützen würde.

Die Tendenz der Überalterung der ländlichen Regionen, bestätigten neuere Untersuchungen.  In den 60er Jahren war das Verhältnis zwischen Stadt und Land 1:1. Heute kommen vier StadtbewohnerInnen auf einen LandbewohnerIn. Diese Überalterung ist nur aufhaltbar, wenn junge Menschen auf dem Land bessere Lebensbedingungen bekommen, sprich Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, gute Beratung für eine angepasste Landwirtschaft, faire Preise für ihre Produkte etc. Dabei muss es verstärkt Kooperationsformen zwischen den Kleinbauern (minifundismo) geben wie Flächentausch, Maßnahmen gegen die Erosion, Kooperationen bei günstiger Kreditbeschaffung bis hin zur Vermarktung.

(Heinz Schulze, Quelle: Envejecimiento o rejuvenecimiento del campo?. Revista Agraria Nr. 160, CEPES, Centro Peruano de Estudios Sociales)

Dem peruanischen Fußball klebt Erdöl an den Schuhen

Vor ungefähr einem Jahr verursachte die  spanische Erdölfirma REPSOL die größte ökologische Katastrophe des peruanischen Meeres nördlich von Lima. Damals gelangten ca. 12.000 barriles Rohöl ins Meer. (Anm: Wir berichteten darüber im InfoPeru). Mit Unterstützung der peruanischen Organisation CooperAcción, erhielten die Fischerfamilien eine erste, aber unzureichende Entschädigung. Die Proteste der Bevölkerung zur Entgiftung des Meeres und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt, wurden im September 2023 von der Polizei unterdrückt.

Ausgerechnet dieses Unternehmen wurde jetzt Sponsor des peruanischen Fußballverbandes. Dieses „Greenwashing“ soll die peruanische Fußballmannschaft fit für die Weltmeisterschaft machen.

Auch  in Europa ziert das Logo von Erdölländer- und Firmen  viele Fußballtrikots.

(Aus: htpps://cooperaccion.org.pe/opinion-la-camiseta-no-se-mancha, 12.9.23)

Ausgediente Erdölplattform ist nützlich für die biologische Vielfalt

Vor der Küste des kleinen Fischerdorfes Los Òrganos, 200 Kilometer südlich der Grenze zu Ecuador, liegt die 1985 gebaute und seit 2011 ausgediente Erdölplattform MX 1. Sie war im Dienst des Unternehmens Petroperu und Besitzer der Plattform ist die US-Firma De Jong Capital – Savia Peru. Nach peruanischem Gesetz muss sie jetzt abgebaut werden. Es handelt sich um 500 Tonnen Eisen. Bei Nichterfüllung drohen bis zu 20 Millionen Dollar Strafe. Doch MeeresbiologInnen, UmweltschützerInnen und FischerInnen sprechen sich stark für den Erhalt der Plattform aus. Denn deren Struktur hat sich als idealer Platz für die Ansiedlung von Korallen, Algen, Fischen etc. entwickelt. Wegen dieser Nahrungsfülle haben sich Vögel, Seelöwen und Delphine angesiedelt.  Wie andere Länder (bisher Australien, USA, England, die Niederlande oder Norwegen), sollte sich die peruanische Regierung überlegen, solche Industriebauten als künstliche Riffe zu nutzen. Die Entscheidung steht aus.

(Aus: Maria E. Carbajal, Diálogo Chino, 12.9.23)

Faule Abgeordnete im peruanischen Parlament

Wenn Abgeordnete an Plenar- oder Kommissionssitzungen fehlen „wollen“, müssen sie um eine Beurlaubung nachsuchen, sonst verlieren sie einen Teil ihrer Spesen. Die großen Fehlzeiten tragen weiter zur Ablehnung des Parlaments durch die Bevölkerung bei, die schon bei über 90% liegt. Die Fehlzeiten sind so immens, dass die investigativen ReporterInnen von „Ojo Público“ dazu recherchiert haben. Sie stellten fest, dass zwischen Juli 2021 bis Juni 2023, 2.700 Befreiungen von Abgeordneten beantragt wurden, meist aus „persönlichen Gründen“. Es ist auffällig, dass oft Entscheidungen, gerade bei Gesetzesinitiativen, mit sehr wenigen anwesenden Abgeordneten gefällt werden. Die Fehlenden haben sich entschuldigt, um sich aus der Verantwortung zu ziehen. (Ojo Público, Lima, 10.9.23)

Perus Abgeordnete lassen sich von der repressiven Politik El Salvadors inspirieren

Die repressive Politik – null Toleranz für Kriminalität – des Präsidenten von El Salvador, Bukele, interessiert und begeistert peruanische Abgeordnete und BürgermeisterInnen.

So waren aus El Salvador Funktionäre in Peru und umgekehrt fanden Exkursionen dorthin statt. Das sind keine privaten Aktionen, sondern werden von der Beratungsfirma CIT-Peru organisiert – Koordination für Investitionen und Arbeit. Deren Chef, José Saavedra Molina, gehört zu der Partei Renovation Peru. Er beriet unter anderem in Sachen „verstärkte Sicherheit“ den Bürgermeister von Callao (Fujimoriopartei – Fuerza Popular) oder die Bürgermeisterin des Distrikts San Isidro, Lima (Partei Renovación Popular), wie BürgermeisterInnen in Arequipa, Chiclayo, Pachacamac oder Cusco. Bei dem Besuch in El Salvador beeindruckte er die peruanischen Abgeordneten, die ein solches Modell befürworten, mit einer Exkursion zum dortigen und gleichzeitig größten Gefängnis Lateinamerikas, um  die dahinterstehende Politik der „harten Hand“ Bukeles kennenzulernen. Vargas Cespedes, ein Teilnehmer der Exkursion nach El Salvador, meinte: „Peru befindet sich derzeit in der größten Krise in seiner Geschichte, was die Sicherheit betrifft. Da hilft nur eine Politik wie sie Präsident Bukele in El Salvador durchsetzt“.

(Aus: Ojo Público, Lima 10.9.23 – La organización que motivo a grupos de derecha a proponer el Plan Bukele en el Peru.)

Eine kleine Änderung im Gesetz soll große Vorteile für Kriminelle bringen

Der Abgeordnete der Partei Fuerza Popular (Fujimoripartei), Jorge Morante, will das aktuelle Gesetz gegen die Einbeziehung von kriminell erworbenen Geldern und Gütern „leicht“ abändern. Bisher können Gelder, die aus kriminellen Aktivitäten stammen, „eingefroren“ werden, auch wenn die angeklagten Personen nicht in letzter Instanz verurteilt wurden. Er will das nun ändern. In Zukunft soll die Generalstaatsanwaltschaft erst zum Zeitpunkt der Verurteilung die illegal erworbenen Vermögen und Güter sicherstellen. Das würde bedeuten, dass die, zum Beispiel wegen Menschenhandel, Drogenhandel, Korruption, verhafteten Kriminellen ihr Vermögen verschieben oder reinwaschen können und so dieses dem Staat und den BürgerInnen entziehen. Das würde ca. 4.000 laufende Prozesse wegen dieser Delikte betreffen, unter anderem auch die gegen Expräsident A.‘ Toledo oder der Fujimori-Tochter Keiko Fujimori.

(Aus.Liliana E. Meza Quito, Procuradora Pública Especializada en Extinción de Dominio 15.06.23, und Servindi 22.9.2023)

OECD besorgt über Korruption und schwache Demokratie in Peru

In einem aktuellen Bericht warnt die “Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung” OECD vor Komplikationen in Peru aufgrund von Korruption und schwacher Rechtsstaatlichkeit, die nach Ansicht einiger Expert*innen als Hindernis für den Beitritt zur Gruppe der fortgeschrittenen Länder der OECD angesehen werden. Der OECD-Wirtschaftsbericht Peru 2023 hebt hervor, dass sich das Wachstum verlangsamt hat, dass Strukturreformen der Schlüssel zur Ankurbelung des langfristigen Wachstums sind, und dass die Verringerung der Informalität eine Priorität darstellt. Der Bericht verweist auch auf die Folgen der Korruption und der schwachen Rechtsstaatlichkeit in Peru.

“Die hohe Korruption behindert die Fähigkeit der Regierung, politische Maßnahmen umzusetzen, Steuern einzutreiben und Gesetze und Vorschriften durchzusetzen“ und   “eine schwache Rechtsstaatlichkeit schafft ein nicht ausreichend stabiles und vorhersehbares Geschäftsumfeld, was Investitionen, Handel und Unternehmertum abschreckt”, heißt es in dem diesjährigen OECD-Papier über Peru.

Auf diese Weise kollidieren die Ansprüche Perus mit der harten Realität des Entwicklungsrückstands und entfernt Peru von den Bestrebungen, der OECD beizutreten.

(La República, 29.09.2023)

Inklusive Sprache in Schulen und Behörden soll verboten werden

Das Plenum des Kongresses der peruanischen Republik hat am 14.09.2023 mit 78 Ja-Stimmen, 21 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen den von der Kongressabgeordneten Milagros Aguayo vorgelegten Gesetzesentwurf Nr. 3464/2022-CR angenommen, der die korrekte Verwendung der inklusiven Sprache festlegt und die Aufspaltung der Sprache zur Bezeichnung von Männern und Frauen in Schultexten sowie Behörden verhindert.

(Wayka.pe, 15.09.2023)

Solarenergie: Kapazitäten nicht ausgenutzt

Dank seiner geografischen Lage in der Nähe des Äquators verfügt Peru über ein hohes Solarenergiepotenzial, das das Ministerium für Energie und Bergbau auf 3.000 Kilowattstunden (kWH) direkter Einstrahlung im Süden schätzt. Allerdings nutzt das Land nur 1% seiner Kapazität.

Das Gleiche gilt für andere nicht-konventionelle erneuerbare Energien, die zwar im Land stärker entwickelt sind, aber in der Matrix keine wichtige Energiequelle darstellen: Wind hat nur 3 % und Biomasse 0,5 %. Trotz dieser Leistung gibt es immer noch Regionen, die keinen Zugang zu Energie haben.

Nach Angaben des Nationalen Instituts für Statistik und Informatik hatten im Jahr 2021 94,1 % der peruanischen Haushalte Zugang zur Energieversorgung. Allerdings waren 45,3 % von Stromausfällen oder -unterbrechungen betroffen. Außerdem hat in den Amazonas-Departements Loreto und Ucayali nur etwa die Hälfte der Bevölkerung Zugang zu Strom.

Angesichts der Notwendigkeit, diese Lücken zu schließen, und der aktuellen Klimabedingungen, die durch die globale Erwärmung verschärft werden, wird die Energiewende als eine der wichtigsten Möglichkeiten zur Reduzierung der Gasemissionen postuliert.

(Servindi, 01.10.2023)

UNO: Peru ist besonders vom Klimawandel und von Vergiftung betroffen

Pedro Arrojo Agudo, UN-Sonderberichterstatter, hat einen alarmierenden Bericht über die Lage in Peru vorgelegt, in dem er auf die Anfälligkeit für den Klimawandel und die toxische Verschmutzung hinweist.

Während seiner Reise durch die Departements Lima, Ica, Cajamarca, Puño und Loreto traf er mit Vertreter*innen der Zivilgesellschaft zusammen, die ihre Besorgnis über die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung zum Ausdruck brachten.

Einer der wichtigsten Punkte, über die er berichtete, war die alarmierende Anfälligkeit des Landes für Wasserprobleme angesichts des Klimawandels, die durch das extraktivistische Wirtschaftsmodell noch verstärkt wird.

Die Zerstörung von Grundwasserleitern, Feuchtgebieten und Regenwäldern ist vor allem auf die legalen als auch illegalen Bergbauaktivitäten und Ölverschmutzungen sowie auf zahlreiche Umwelthaftungen im Bergbau- und Kohlenwasserstoffsektor zurückzuführen. Das hat verheerende Folgen für die peruanische Bevölkerung- mehr als 10 Millionen Peruaner*innen: 31% der Bevölkerung sind täglich der Gefahr einer Verseuchung durch Schwermetalle und andere Gifte ausgesetzt, 84% davon sind Kinder.

“Kurz gesagt, wir haben es mit einer systematischen Vergiftung zu tun (…) vor allem in den bäuerlichen und indigenen Gemeinden, während der Klimawandel dem Land eine düstere hydrologische Zukunft voraussagt”, schloss Arrojo.

(Servindi, 26.09.2023)

Chinesische Kontrolle der peruanischen Infrastruktur beeinträchtigt bilaterale Beziehungen zwischen den USA und Peru

Einem Bericht der Financial Times zufolge, ist die US-Regierung über die wachsende Präsenz Chinas in Lateinamerika besorgt und nennt Peru als den wichtigsten betroffenen Akteur.

Der Experte für internationale Politik, Farid Kahhat, und Carlos Aquino, der Direktor des Zentrums für asiatische Studien an der Universidad Nacional Mayor de San Marcos, schätzen den Status Quo ein. Fakt ist: China strebt an, der wichtigste Handelsverbündete Lateinamerikas werden. Der Hafen von Chancay steht im Mittelpunkt von Chinas Strategie, seine Präsenz in der Region zu stärken. Für die Peruaner ist dieses Großprojekt ein Bekenntnis zum Land, ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft, wie es die Regierung von Dina Boluarte verkauft. Aber für China und die Vereinigten Staaten ist es ein eigennützigeres Thema. Die asiatische Nation hält 60 % der Anteile an dem Megahafen. Die USA sehen diese Präsenz Chinas in den Häfen der Region, zusammen mit der chinesischen Kontrolle über den peruanischen Strommarkt, als Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit, unter anderem wegen der Intransparenz und dem unfairen Wettbewerb durch chinesische Unternehmen. Trotz der großen Investitionen Chinas, bleiben die Vereinigten Staaten ein bedeutender Handelspartner Perus.

(Infobae, 05.10.2023)