Kleinbauern im Rimac-Tal bei San Mateo ©Hildegard Willer

Kleinbäuerliche Landwirtschaft in der Krise

Eine von Oxfam in Auftrag gegebene Studie hat die Auswirkungen der globalen Krisen (COVID-19, Düngemittelknappheit, Klimakrise) auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft untersucht und Empfehlungen für politische Antworten und mögliche Alternativen gegeben.

Wirtschaftliche Schocks, Konflikte, Unsicherheit und extreme Wetterereignisse haben in den letzten Jahren zu einer weltweiten Nahrungsmittelkrise beigetragen, von der die armen Länder am stärksten betroffen sind. Die akute Ernährungsunsicherheit hat stetig zugenommen. In nur vier Jahren hat sich die Zahl fast verdoppelt, von 135 Millionen Betroffenen im Jahr 2019 auf 257 Millionen im Jahr 2022 (FAO, IFAD, WHO, WFP, & Unicef, 2022).

Über die zunehmende Armut und die Krise der Landwirtschaft während der Covid-19-Pandemie haben wir im InfoPeru immer wieder berichtet. Doch auch nach Ende der Pandemie verbesserte sich die Situation nicht entscheidend. Die Familienbetriebe hatten am Ende der Pandemie größere Schwierigkeiten, ihr Einkommen wieder zu steigern. Ihr Armutsniveau stieg zwischen 2021 und 2022 wieder an. Ursache waren vor allem die Düngemittelknappheit und hohe Kosten auch für andere Betriebsmittel.

Auf die Düngemittelkrise hat der Staat unzureichend reagiert. Abgesehen davon, dass der Kauf von Urea auf dem internationalen Markt im Jahr 2022 scheiterte, kamen die finanziellen Hilfen für die Erzeuger*innen zu oft nicht bei den Adressat*innen an. Es mangelte an Informationen und praktischen Lösungen, sodass die Maßnahmen eher populistischer Natur als tatsächliche Hilfe waren.

Das Wetter schlägt Kapriolen

Die Saison 2022-2023 war durch Klima-Extreme geprägt. Die Dürre im Hochland zu Beginn der Saison hat zu einem starken Rückgang bei der Aussaat geführt. Dies betraf vor allem Quinoa, Kartoffeln, Stärkemais und Erbsen. Das führt natürlich zu einem Rückgang bei den Ernteerträgen.

Gleichzeitig gab es von März bis Mai starke Regenfälle insbesondere in den nördlichen Küstenregionen, die der Landwirtschaft sehr geschadet haben. Viele Landwirte und Viehzüchter hatten nichts zu essen; sie hatten ihr Vieh, ihre Höfe und ihre Häuser verloren. Sie konnten ihre Kredite nicht mehr bezahlen.  Ihr Land wurde versandet und überschwemmt. Die Pflanzen, die den Regenfällen standgehalten haben, kommen nicht zum Blühen. Und die übermäßigen Regenfälle bringen zahlreiche Schädlinge und Krankheiten mit sich, die nur schwer zu bekämpfen sind.

Auch angesichts der Klimaprobleme in der Landwirtschaft hat die Politik unzureichend und kurzsichtig reagiert. Es wurden Notstandserklärungen für Dürren und Überschwemmungen abgegeben, aber ohne zusätzliche Gelder bereitzustellen. Das Programm “Con Punche Agrario” konzentrierte sich auf die Bewässerungslandwirtschaft, vor allem an der Küste. Am stärksten von der Dürre betroffen war jedoch das Hochland. Und die meisten anderen Hilfen flossen in Programme des Landwirtschaftsministeriums, die kaum etwas mit den Klimaproblemen zu tun hatten.

Die aufeinanderfolgenden Krisen der letzten drei Jahre wirkten sich besonders für die Frauen im ländlichen Raum aus, die in der Landwirtschaft oft unsichtbare Akteurinnen sind. Auf dem Land gibt es große geschlechtsspezifische Unterschiede. Die Frauen sind überlastet, da sie sich nicht nur um die Familie kümmern, sondern auch für die Pflege von Kleintieren und Gemüsegärten zuständig sind und sich um die Bewirtschaftung der Parzellen und die Vermarktung der Produkte kümmern. In vielen Fällen müssen die Ehemänner Arbeit in Minen oder Agrarexportunternehmen suchen, und die Frauen sind allein für die Landwirtschaft und die Familie zuständig. Die Arbeitsüberlastung und eine vom machismo geprägte Gesellschaft verhindern, dass Frauen sich mehr am Gemeindeleben beteiligen und Leitungsfunktionen übernehmen. Dies ist einer der Gründe, warum Frauen in landwirtschaftlichen Organisationen unterrepräsentiert sind und ihre Interessen bei der Gestaltung von Regeln und politischen Maßnahmen nicht berücksichtigt werden.

Staatliche Ineffizienz im Agrarsektor

Der Fonds für das Unternehmerinnentum ländlicher und indigener Frauen war die erste Initiative und ein wichtiger Meilenstein für Gleichstellungsmaßnahmen im Landwirtschaftssektor. Ständig wechselndes Personal, mangelnde Berücksichtigung in der Haushaltsplanung und fehlende politische Unterstützung gefährden den Fortbestand des Fonds jedoch ernsthaft. Er ist ein wichtiger erster Schritt, aber man kann noch nicht sagen, dass dies schon eine wirkliche Politik zugunsten von Frauen mit entsprechenden interkulturellen und geografischen Konzepten wäre.

Der Agrarsektor erhält nur einen geringen Anteil am Staatshaushalt (3,5 %). Zu der Vernachlässigung trägt auch der starke politische Zentralismus bei. In den aufeinanderfolgenden Krisen, die die peruanische Landwirtschaft in den letzten drei Jahren erlitten hat, war der Staat nicht in der Lage, die negativen Auswirkungen auf die Landwirte abzumildern, vor allem, weil keine Sondermittel für die Bewältigung solcher einmaliger Ereignisse zur Verfügung gestellt werden.

Agro Rural, die wichtigste staatliche Behörde für landwirtschaftliche Familienbetriebe, verfügt über äußerst schwankende Haushaltsmittel. Und selbst diese werden immer weniger abgerufen. Die durchschnittliche Ausführungsrate lag in den letzten zehn Jahren bei 76 %. Selbst in der jüngsten Zeit der schweren Krise der landwirtschaftlichen Familienbetriebe ist die Ausführungsrate rückläufig.

Nach Ansicht der landwirtschaftlichen Verbände verfügt der peruanische Staat nicht über die notwendigen Mittel, um einen strategisch so wichtigen Bereich wie die Landwirtschaft wirksam zu unterstützen. Erforderlich sind nach Ansicht der Befragten längerfristige Maßnahmen wie der Ausbau der Infrastruktur (Straßen), ein Ausgleich für das Marktversagen und die Förderung der Dezentralisierung. Außerdem sollte es ein einziges zuständiges Ministerium geben, das über ausreichend Investitionsmittel verfügt, um zur Entwicklung des Landes beizutragen.

Annette Brox

Quelle: Agricultura familiar en el tiempo de crisis en el Perú. Diagnóstico y recomendaciones in Boletín de la exclusion al reconocimiento N. 164, Januar 2024

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