Goldgräber-Boote am Cenepa © Cooperaccion

Goldfieber bedroht Awajun am Fluss Cenepa

Augostina Mayan vom Volk der Awajún warnt vor den Auswirkungen des illegalen Goldabbaus

 


Im Norden Perus, an der Grenze zu Ecuador, liegt die Cordillera del Cóndor, ein sehr artenreiches Gebiet, in dem typische Amazonas-Tieflandwälder sowie Gebirgswälder zu finden sind. Seine Gipfel und Hänge sind noch abgelegen und weitgehend unzugänglich, sodass sie kaum erforscht sind. Die Cordillera del Cóndor beherbergt eine bemerkenswerte Vielfalt an Vogel-, Insekten- und Säugetierarten, darunter auch endemische und weltweit bedrohte Arten, was es zu einem Schlüsselgebiet für den Naturschutz macht.

Das Gebiet der Kordilleren und ihrer Flüsse sind indigenes Gebiet. Die indigenen Völker, die es bewohnen und zur Gruppe der Jibaro gehören, haben seit Jahrhunderten ihr Gebiet verteidigt gegen die aufeinanderfolgenden Wellen der Kolonisierung, der religiösen und extraktiven Aktivitäten während der Kolonie, der Republik und der Kautschuk-Ära. Sie haben 1995 sogar an vorderster Front für die Verteidigung der Landesgrenzen gekämpft. Gegenwärtig sehen sich die indigenen Gemeinschaften in diesem Teil des nördlichen peruanischen Amazonasgebiets einer weiteren großen Bedrohung gegenüber: der Bedrohung durch den Bergbau, der ihre Gebiete für die wahllose Ausbeutung von Öl, Gold, Holz und anderen Ressourcen öffnen will.

Das Gebiet am Cenepa befindet sich im Norden Perus, an der Grenze zu Ecuador © Paz y Esperanza



So haben die wachsende Nachfrage und die hohen Goldpreise auf dem Weltmarkt dazu geführt, dass immer mehr Minencamps und Saugbagger für den Goldabbau auftauchen und den Cenepa-Fluss belasten. Die indigenen Awajún-Gemeinschaften in diesem Gebiet, die sich in ihrer Organisation ODECOFROC zusammengeschlossen haben, kämpfen hart für die Verteidigung ihres Gebiets. Sie verfügen jedoch nicht über die notwendige Unterstützung, um diesem globalen Goldrausch, der zu Verschmutzung und Konflikten führt, entgegenzuwirken. Dieser Teil des nördlichen peruanischen Amazonasgebiets, der seit Jahren von seinen indigenen Gemeinschaften verteidigt wird, läuft Gefahr, das gleiche Schicksal zu erleiden wie die Gebiete von Madre de Dios (Südperu), mit Gewalt, Tod und Verwüstung, die der illegale Goldabbau mit sich bringt.


Über die Situation des Amazonasgebiets am Cenepa, die Bedrohungen und die Alternativen des Awajún-Volkes sprach Vanessa Schaeffer von der Infostelle Peru mit Augostina Mayan, einer Anführerin der Awajún-Indigenen, Mitglied von ODECOFROC und von der peruanischen Regierung als Umweltschützerin anerkannt.

Augostina Mayan, ODEFROC © Cooperaccion


Frau Mayan, wo befinden sich die illegalen Goldgräber und wie gehen sie vor?


AM: Dieser illegale Bergbau wird an den Ufern, in der Mitte und an den Seiten des Cenepa-Flusses, als alluvialer Abbau, betrieben. Die Goldgräber sind so weit vorgedrungen, dass sie unseren Fluss in einigen Bereichen gesperrt haben und wir ihn nicht mehr wie früher frei befahren können. Die Goldgräber haben Häuser und schwimmende Bagger, die einfach ihre Position verändern können; sie haben auch ihre kleinen Boote, mit Außenbordmotoren, und dieselgetriebene Generatoren, mit denen sie den Sand aus dem Fluss saugen, um das Gold zu trennen.
Damit sie Gold abbauen können, sind diese Goldschürfer in die indigenen Gemeinden eingedrungen und haben einige Dorfbewohner davon überzeugt, sie auf ihren Höfen, auf ihrem Land arbeiten zu lassen. Einige Dorfbewohner helfen ihnen; die Goldschürfer nutzen deren Not aus und versprechen ihnen Geld.


Welchen Bedrohungen sind die indigenen Gemeinschaften ausgesetzt?

 AM: Weil wir unseren Cenepa-Fluss verteidigen, werden wir indigenen Verteidiger direkt von den Goldschürfern bedroht, die uns als Gegner ihrer Entwicklung und ihrer Pläne zum Goldabbau sehen. Sie kommen dorthin, wo wir sind, in unsere Häuser. Sie sind in das Gebäude unserer Organisation gekommen und haben es niedergebrannt, wir waren dort, wir wurden gerettet. Sie drohten, uns zu töten. Wir hatten die Behörden gewarnt, aber es wurde nichts unternommen.
Wir haben ein Komitee zu unserer Verteidigung gegründet. Das ist sehr gefährlich, das wissen wir. Aber wir wissen auch, dass die Verschmutzung durch den Bergbau noch gefährlicher ist. Unsere Kinder baden direkt am Flussufer, und jetzt bekommen sie Ausschlag. Die Fische, die wir zum Essen fangen, verschwinden. Durch die Arbeit wird der Boden abgetragen, es gibt keine kleinen Krebse mehr. Auch unsere Kultur ist in Gefahr, die Awajún-Töpferei, die von der UNESCO als Kulturerbe anerkannt ist. Die Töpferinnen des Cenepa arbeiten mit Ton aus den Flüssen, der Bergbau gefährdet all dies.


Wie haben die Gemeinden in diesem Gebiet reagiert?

AM: Die Goldschürfer haben einige Dorfbewohner überzeugt, indem sie ihre Notlage ausnutzten und ihnen sagten, sie würden die Umwelt nicht verschmutzen. Der hohe Goldpreis ist eine große Versuchung. Aber in Wirklichkeit ist die Mehrheit unserer Gemeinden dagegen. Aufgrund der Gewalt und der Drohungen haben viele Angst, sich zu äußern und Widerstand zu leisten. Die Goldgräber kommen mit Waffen und Gewalt. Die Reservisten aus unseren Gemeinden (ehemalige Soldaten) haben die Nase voll und sind es leid, alles zu tolerieren, und die Bevölkerung des Cenepa hat zusammen mit Odecofroc zwei Schwimmbagger verbrannt. Wir nennen dies ein Verbot aufgrund unserer Kultur als Awajun. Es sind noch mehr als 20 illegale Schwimmbagger in Betrieb. Die Goldschürfer wollen sich für den Verlust ihrer Bagger rächen und greifen die Organisation an, um die absolute Kontrolle zu erhalten.

Goldgräber-Boot am Cenepa © Cooperaccion



Welche Maßnahmen haben Sie gegenüber der Regierung und den Behörden ergriffen?

AM: Wir sind immer zur Polizei gegangen, zum Büro des Ombudsmanns und zur Staatsanwaltschaft. Wir haben sieben Goldschürfer festgenommen und der Staatsanwaltschaft übergeben, aber dann wurden sie freigelassen und kehrten mit weiteren Baggern in das Gebiet zurück, weil der Staat weder die Mittel noch den Willen hat, sie zu stoppen. Sie beschuldigen uns. Wir haben Schutzgarantien erhalten, das Justizministerium hat uns als Verteidiger in ihr Frühwarnsystems aufgenommen, aber dieser Mechanismus ist nicht nützlich, wir haben keine Sicherheit.


Welche Wege schlägt die indigene Organisation für ihre Gebiete vor?

AM: Zunächst einmal sollten die Goldgräber wissen, dass das Gesetz diese illegale Arbeit verbietet. Dieser Bergbau wird niemals legal werden, da es sich um alluvialen Bergbau handelt, der gesetzlich verboten ist und ein Verbrechen darstellt. Wir glauben an unser Land, wir haben versucht, die Ministerien zu beeinflussen, wir wollen zum Beispiel, dass der Präsident uns anhört und uns empfängt. Ich habe mich an das Präsidium des Ministerrats gewandt, und sie haben uns gesagt, dass sie über alle Informationen verfügen, dass es aber an Mitteln für die Durchsetzung des Schürfverbotes fehlt. Wir haben das Wirtschaftsministerium gebeten, Geld für das Verbot zur Verfügung zu stellen. Wir versuchen, Schritt für Schritt vorzugehen und die Möglichkeiten auszuschöpfen. Aber die Sache wird immer umfangreicher, und wir sind müde. Wir gehen Schritt für Schritt vor. Dies geschieht auch auf der ecuadorianischen Seite, und es breitet sich auch in unserem Gebiet aus.

Aber die Goldschürfer, die hierherkommen, sind keine Awajun, sie sind Peruaner, aber sie sind Apash (Nicht-Indigene). Vielleicht sind es Goldgräber, die aus Madre de Dios kommen. Wir wissen, dass das Verbot allein dieses Problem der jahrelangen Vernachlässigung durch den Staat nicht lösen wird. Der Cenepa ist verarmt, wir leben in extremer Armut, wir müssen dringend alternative (Wirtschafts-)Projekte fördern. Aus den indigenen Organisationen heraus haben wir Genossenschaften gegründet, wir säen und verkaufen Kakao, wir haben unsere Höfe in verschiedenen Klimastufen, wir haben Fischfarmen und Awajún-Keramiken. Wir haben verschiedene Vorschläge, aber wir brauchen Unterstützung.

Das Interview führte Vanessa Schaeffer

Einen ausführlichen Artikel zum historischen Hintergrund des aktuellen Goldfiebers am Cenepa-Fluss können Sie auf der Seite der Bergbaukampagne Peru lesen.