Gold ohne Verantwortung?

Der tödliche Unfall in der Yanaquihua-Mine und die Luxusmarken

Version original en español ¿Oro irresponsable? El accidente mortal en la mina Yanaquihua y las marcas de lujo 

Viele Fragen bleiben offen über den tragischen Unfall in der Mine Yanaquihua in Arequipa, bei dem im Mai letzten Jahres 27 Arbeiter ums Leben kamen. Medien in der Schweiz haben in den letzten Wochen darüber berichtet, da das in Yanaquihua geförderte Gold durch die Initiative „Swiss Better Gold“ (SBG) als „verantwortungsvoll“ zertifiziert war. Die SBG ist eine Partnerschaft aus privaten und öffentlichen Trägern und erhält Finanzierung durch die Schweizer Regierung.

In einer Stellungnahme vom 11. Januar hat die SBG nach langem Schweigen ihren Standpunkt öffentlich gemacht. Darin verweist sie darauf, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen seien, sondern lediglich ein Polizeibericht vorliege, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich sei. Die Staatsanwaltschaft hätte ihre Ergebnisse im Januar 2024 vorlegen oder eine Verlängerung beantragen müssen. „Sobald die Staatsanwaltschaft ihre Erkenntnisse auf der Grundlage des Polizeiberichts veröffentlicht hat, wird die SBG diese bewerten und allenfalls eine Stellungnahme zu den weiteren Maßnahmen abgeben“, heißt es in der Meldung.

Die SBG erklärt weiter, dass sie nach dem Unfall die Beziehungen zum Bergbauunternehmen Yanaquihua S.A.C. (MYSAC) und zu den Behörden der Regionalregierung von Arequipa verstärkt habe, u.a. durch einen Besuch von Fachleuten im Oktober 2023, der sich auf Fragen der Arbeitssicherheit konzentriert habe. Sie erklärt außerdem, dass sie den Familien der 27 Opfer beistehen werde.

Die Erklärung folgt auf die heftige Kritik an der SBG, der unzureichende Sicherheitskontrollen in der Mine vorgeworfen werden, obwohl diese eine Zertifizierung erhalten hat. Mehrere wichtige Medien in der Schweiz haben erneut über den Fall berichtet, darunter die Neue Zürcher Zeitung, der TagesAnzeiger und die Tagesschau des Schweizer Fernsehens SRF.

Das Portal CH Media / Watson kontaktierte mehrere Luxusmarken, von denen angenommen wird, dass sie als „verantwortungsvoll“ zertifiziertes Gold aus der Yanaquihua-Mine gekauft haben. Es ist bekannt, dass die Mine 100 % ihrer Produktion an die Schweizer Goldraffinerie Metalor verkaufte, die das Gold hauptsächlich an die Uhren- und Schmuckbranche und an die größte Schweizer Bank UBS vermarktete, wie der CEO der Metalor-Raffinerie erklärte.

Die einzige Uhrenmarke, die bestätigt, dass sie seit 2021 Gold von Yanaquihua erworben hatte, ist Breitling. Der Juwelier Chopard, dessen Führungskräfte auf einem Foto vom September 2021 mit Myriam Samaniego, Vorständin von Yanaquihua S.A.C., zu sehen waren, lehnte es ab, Fragen zu diesem Thema zu beantworten. Bucherer, Piguet und Richemont (Cartier) wollten gleichfalls nicht bestätigen, ob sie Gold von Yanaquihua gekauft hatten, obwohl sie mit SBG in Verbindung standen. Alle diese Unternehmen gehören zu den exklusivsten Schweizer Schmuck- und Uhrenmarken.

Die Schweizer Koalition für Konzernverantwortung (KKV) hat ebenfalls einen Fallbericht über Yanaquihua veröffentlicht, mit Unterstützung der peruanischen NGO CooperAcción. Die KKV ist besorgt darüber, dass nur 0,1 % des in der Schweiz gehandelten Goldes von der SBG zertifiziert ist. „Wenn sogar bei der Förderung dieses Goldes nicht mal ansatzweise eingehalten wird, was versprochen wird und sich eine Raffinerie wie Metalor nicht um die Zustände vor Ort kümmert, muss man sich nicht lange fragen, wie es um die anderen 99.9% steht, die von den Schweizer Raffinerien verarbeitet werden.“

Die KKV kommt zum Schluss, dass die Schweiz dringend ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz brauche, damit die Raffinerien nicht weiterhin die Augen vor den Problemen in der Goldförderung verschließen und sich hinter PR-Aktionen verstecken können, „ohne je dafür geradestehen zu müssen, dass sie von schweren Menschenrechtsverletzungen und Umweltvergehen profitieren.“

Unabhängig davon, was die peruanische Staatsanwaltschaft über die Ursache des Unfalls feststellen wird, zeigen die Todesfälle in Yanaquihua einmal mehr, dass der Goldabbau ein gewaltsamer Prozess ist, der seinen Tribut fordert. Initiativen wie die SBG und die Zertifizierung durch private Agenturen mögen punktuell zu Verbesserungen der sozialen und ökologischen Bedingungen im Bergbau beitragen können. Allerdings sind diese, im Verhältnis zu den gravierenden Problemen in diesem Sektor, sehr begrenzt und strengere Regulierung und Aufsicht bleiben dringend notwendig.

Thomas Niederberger (Cooperacción/Comundo)

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