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Glencore verletzt kollektive Rechte beim Kupferprojekt Coroccohuayco

Das Schweizer Bergbauunternehmen Glencore plant den Abbau des Kupfervorkommens in Coroccohuayco in der Provinz Espinar mit einer geschätzten Investitionssumme von 590 Millionen US-Dollar. Damit wäre Glencore weitere 30 Jahre in Espinar aktiv.

Von diesem Projekt sind drei indigene Gemeinschaften direkt betroffen. Dabei handelt es sich um Huano Huano, Pacopata und Huini Coroccohuayco, wo das Bergbauunternehmen nach Angaben des Präsidenten der Gemeinde Pacopata, Felipe Kana, die 408 Hektar Land für das Projekt angeblich zu einem Preis von 65 US-Dollar pro Hektar und mit bösen Absichten erworben hat. In einem Video der Kampagne „Espinar No Puede Esperar“ äußert sich Felipe Kana zu den Details der Vorgänge, die nun der Grund für Konflikte und Probleme bei der Umsiedlung in den Gemeinden sind.

Er fordert ein Sorgfaltspflichtengesetz, „damit das Unternehmen Verantwortung übernimmt, damit es die Umwelt und die Bevölkerung nicht beeinträchtigt. Wir werden nicht zulassen, dass unsere Rechte weiter verletzt werden“, sagt er.

Rechtliche Hintergründe

Ana Leyva, Rechtsanwältin und stellvertretende Direktorin von CooperAcción, weist darauf hin, dass die zunehmende Bergbautätigkeit in Espinar dazu geführt hat, dass den Gemeinden Land abgekauft wurde, als ob es sich um Privateigentum und nicht um kommunales oder indigenes Gebiet handelte.

„Das ist ein großer Unterschied, denn eine Sache ist ein Stück Land, ein Stück Land für den Ackerbau, und eine ganz andere Sache ist ein Lebensraum, in dem eine Gemeinschaft alle ihre Aktivitäten ausübt, nicht nur produktive, sondern auch kulturelle, also ihr Leben lebt“, erklärt sie.

In einem Video-Interview erklärt Leyva weiter, wie kollektive Rechte bei Projekten wie Coroccohuayco verletzt werden, weil die peruanische Gesetzgebung keine Untersuchung der Auswirkungen von Bergbauprojekten auf kollektive Rechte vorsieht.

Für den Anwalt des Instituto de Defensa Legal (IDL), Juan Carlos Ruíz, ist der Kauf von Land von den bäuerlichen Gemeinschaften eine Strategie von Glencore, um die vorherige Konsultation (consulta previa) zu umgehen. Diese Eigentumsübertragungen sind laut Ruíz nicht rechtmäßig und damit ungültig, da Artikel 7 des Allgemeinen Gesetzes über bäuerliche Gemeinschaften besagt, dass Gemeinschaftsland nur verkauft werden kann, wenn zwei Drittel der qualifizierten Gemeinschaftsmitglieder dies beschließen. Die Strategie des Bergbauunternehmens bestehe jedoch darin, Land einzeln aufzukaufen. So verlieren die Gemeinden ihre territorialen Rechte als indigene Völker, z.B. das Recht, am Profit durch Bergbauaktivitäten auf ihrem Territorium teilzuhaben. Dies führt er auch in seinem Video-Interview für die Kampagne „Espinar No Puede Esperar“ aus.

Vertreibung und Umsiedlungen

Das Coroccohuayco-Projekts wird zur Vertreibung der Bevölkerung führen, warnt Ana Leyva. Im Video-Interview fordert sie, dass Umsiedlungsprozesse internationalen Standards entsprechen müssen, auch wenn die peruanischen Normen dies nicht vorsehen.

Sie erklärt außerdem: „Diese Frage wurde in der Umweltverträglichkeitsstudie nicht erörtert, was angesichts der Auswirkungen auf die kollektiven Rechte der Gemeinden im Einflussbereich des Bergbaus eigentlich hätte geschehen müssen. Es gab auch keine Diskussion über die durchzuführenden oder geplanten Maßnahmen zur Schadensbegrenzung oder Entschädigung, und die Gemeindemitglieder hätten sich dazu äußern müssen, ob diese Maßnahmen angemessen sind oder nicht, denn sie kennen ihr Gebiet, aber es gab keine solche Gelegenheit.“

Angesichts der gesetzlichen Lücken und der Schwäche des peruanischen Staates sieht Ana Leyva, wie der Gemeindepräsident Felipe Kana, die Lösung darin, international verbindliche Regeln zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen einzuführen.

Auf dem Weg zu einem EU-Lieferkettengesetz

Die deutsche Entsprechung für die Umsetzung dieser Sorgfaltspflicht ist das sog. „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“, das 2023 in Kraft tritt. Doch damit die Betroffenen in Peru, nicht nur im Fall von Coroccohayco, sondern auch in zahlreichen anderen Konflikten um Bergbauprojekte, davon profitieren können, ist eine deutliche Verbesserung des deutschen Gesetzes notwendig. Denn Glencore ist ein Schweizer Unternehmen und Deutschland kein Land mit international tätigen Bergbaufirmen. Die Aktivitäten deutscher Unternehmen beschränken sich in der Regel auf den Import und die Weiterverarbeitung von Rohstoffen. Und das deutsche Gesetz berücksichtigt diesen als „upstream“ bezeichneten Teil der Lieferkette nur ungenügend. Insbesondere für Peru ist daher ein EU-Lieferkettengesetz sehr wichtig.

Die Kampagne „Espinar No Puede Esperar“ fordert genau dies. In Deutschland setzt sich die Initiative Lieferkettengesetz für eine umfassende EU-weite Regelung ein, die die Schwächen im deutschen Gesetz korrigieren soll. Die Kampagne Bergbau Peru und die Infostelle Peru sind seit 2019 Teil dieses Bündnisses und unterstützen die Forderungen, insbesondere umweltbezogene Sorgfaltspflichten sowie Haftungsregelungen zu stärken, die es Betroffenen ermöglichen, Schadenersatz zu fordern. Dies wäre für Espinar so wichtig in den Fällen der schon bestehenden Minen Tintaya und Antapaccay, wo die Umwelt schon zerstört wurde und die Bevölkerung gesundheitliche Schäden erlitten hat – bis heute ohne rechtliche Konsequenzen für das Unternehmen.

Wer sich für ein wirksames europäisches Lieferkettengesetz einsetzen will, kann hier die Petition an Bundeskanzler Scholz unterzeichnen.


Silvia Bodemer

Unter Verwendung von Informationen von Derechos Humanos sin Fronteras (04.07.2022) und Informationen der Kampagne „Espinar No Puede Esperar“: