Der Hafen von Puno Ende November 2023 – der Wasserpegel des Titicaca-Sees ist gesunken. ©Hildegard Willer

Kurz gemeldet – Dezember 2023

Ein See, der immer kleiner wird; junge Menschen, die ihr Land verlassen und eine rechtskatholische Sekte, die hoffentlich bald aufgelöst wird…. und vieles mehr

Fast 26% der Kinder in Peru müssen arbeiten

Nach Zahlen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO sind weltweit 9,6% der 5-17Jährigen von Kinderarbeit betroffen. In Peru sind es 25,8%. Auf dem Land ist die Kinderarbeit mit 55,6% deutlich mehr verbreitet als in den Städten mit 16,9%. Traditionell arbeiten Kinder auf dem Land in der Landwirtschaft ihrer Eltern mit. Das bedeutet weniger Zeit für Schule und führt dazu, dass nur wenige Jugendliche nach dem Schulabschluss eine weiterführende Ausbildung machen (landesweit nur 30,9%, in Apurímac, wo 66,4% der Kinder arbeiten, sind es sogar nur 18,5%).

Quelle: Boletín de la Exclusión al Reconocimiento Nr. 163

Lohngefälle und informelle Arbeit

Der Durchschnittslohn in Peru betrug 2022 für formal Beschäftigte 2.661 Soles (650 Euro), für informell Beschäftigte nur 1.052 Soles (255 Euro) und damit weniger als die Hälfte. Der Anteil der informell Beschäftigten ist mit 75,7% weiterhin extrem hoch, wobei es regionale Unterschiede gibt: In Huancavelica (91,7%) und Puno (90,2%) gibt es den höchsten Anteil an informeller Beschäftigung, in Lima ist er mit 63,6% am niedrigsten.

Quelle: Boletín de la Exclusión al Reconocimiento Nr. 163

Schokolade aus dem zentralen Regenwald Perus gehört zu den besten der Welt

Die Genossenschaft Agraria Pangoa (Asháninka) im Distrikt Pangoa, Provinz Satipo, erhielt für ihre Schokolade „Cedrón“, mit 68% Kakao, den Preis „Gremio Gourmet Oro“ beim 3. Internationalen Schokoladen-Wettbewerb für Originalprodukte in Frankreich. Diese Genossenschaft erzielte dort eine weitere Silbermedaille und drei Bronzemedaillen für ihre Sorten Aguaje, Kurkuma und Eucalyptus.

Kardinal Barreto ist für die Auflösung von Sodalicio

Der Vatikan hatte zwei Sonderermittler nach Peru geschickt um durch eine eigene,  formelle Untersuchung über die kriminellen Machenschaften der ultrakonservativen Katholischen Organisation Sodalicio zu einem Urteil zu kommen. Wir berichteten mehrmals über die Anklagen gegen diese kirchliche Organisation, zum Beispiel gegen ihren Leiter Luis Figari wegen sexueller Gewalt an Jugendlichen. Figari ist vor der peruanischen Justiz nach Italien geflüchtet. Sodalicio ist ebenfalls an kriminellen Aktionen beteiligt, um von einer Dorfgemeinschaft im nördlichen Peru (bei Piura) sich Land anzueignen.

Kardinal Barreto, Erzbischof der Diözese von Huancayo, äußerte am 30. Oktober 2023 in Rom seine starke Erwartung, dass Papst Franziskus die Auflösung von Sodalicio bekannt gibt. Wobei zu erwähnen ist, dass Kardinal Barreto sich bereits 2020 für deren Auflösung ausgesprochen hatte und jetzt hofft, dass die Opfer dieser ultrakonservativen und kriminellen Organisation nach vielen Jahren endlich Gerechtigkeit erfahren.

Neuer Staudamm soll 20.000 Hektar Anbaufläche für Agrar-Exporte ermöglichen

In der Region Lambayeque soll ein neuer Staudamm am Fluss Chancay die Bewässerung für 20.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche ermöglichen. Der geplante Staudamm liegt im ökologischen Schutzgebiet Chaparrí und könnte zu erhöhten Wassermangel im Tal des Chancay führen, was die Existenz von 35.000 Bäuerinnen und Bauern gefährdet, die schon jetzt aufgrund des Wassermangels nur 90.000 der 120.000 Hektar Land in dem Gebiet bewirtschaften können. Deshalb protestierten im November Tausende von Bauern im Dorf Chongoyape mit Unterstützung des Netzwerks Red Muqui gegen das Megaprojekt. Dennoch hat die Regionalregierung jetzt eine Machbarkeitsstudie genehmigt.

Kommission soll Beziehung zur Interamerikanischen Menschenrechtskonvention reformieren

Außenminister Javier González-Olaechea könnte Präsident der “Hochrangigen Kommission zur Ausarbeitung von Vorschlägen für die Reform des Interamerikanischen Menschenrechtssystems” werden. Erst vor kurzem hatte González-Olaechea die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) offen als “nutzlos” und “parteiisch” angegriffen.

Die neue Kommission wurde von der Verfassungskommission des Kongresses eingesetzt. Ihr vorrangiges Ziel ist es, Reformen zu bewerten und vorzuschlagen, die letztendlich darauf abzielen, die Beziehung Perus zur Amerikanischen Menschenrechtskonvention zu schwächen.

Nur vier Abgeordnete lehnten die Initiative ab, während 12 Abgeordnete im Verfassungsausschuss dafür stimmten. Die Initiative, die von Abgeordneten verschiedener Fraktionen unterstützt wird, spiegelt laut der Kongressabgeordneten Martha Moyano eine “institutionelle und soziale Unzufriedenheit” gegenüber der CIDH und dem Interamerikanischen Gerichtshof wider.

Espinar: Neue Studie belegt Verantwortung der Mine Antapaccay (Glencore) für Umweltverschmutzung

Obwohl Glencore die Verantwortung immer wieder abstreitet, liefern offizielle Berichte der Umweltbewertungs- und -aufsichtsbehörde (OEFA), die zwischen 2022 und 2023 erstellt wurden, neue Beweise, die den Bergbaubetrieb des transnationalen Unternehmens mit der Verschmutzung in Espinar (Cusco) in Verbindung bringen. Es gibt erhebliche Gesundheitsrisiken für die Menschen in 13 angrenzenden Gemeinden, die alarmierenden Mengen an Schwermetallen, darunter Quecksilber, ausgesetzt sind. Seit mehr als einem Jahrzehnt sind die Bewohner der Umgebung von Antapaccay mit den Folgen der Umweltverschmutzung konfrontiert.

Die Bergbaueinheit Antapaccay, die ursprünglich in Tintaya angesiedelt war, dehnte ihren Betrieb 2012 auf das Gebiet Antapaccay aus. Nun ist ein neuer Expansionsprozess im Gange, dieses Mal in die Region Coroccohuayco. Mit dieser Erweiterung würde das Projekt mehr als 200 km2 umfassen, was ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Achtung der Rechte der indigenen Gemeinschaften der Quechua und K’ana aufwirft. Trotz der Größenordnung dieses Projekts scheinen die Verhandlungen über den Landerwerb gegen die Grundsätze der Sorgfaltspflicht und Transparenz zu verstoßen, warnen CooperAcción und Oxfam. Der Bericht mit dem Titel “Glencore in Peru: der Fall Antapaccay und eine Analyse der Einhaltung der internationalen Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte” wurde am Dienstag, den 21. November, der Öffentlichkeit vorgestellt.

Quelle: CooperAcción

Abschied von Guillermo Lumbreras

Mit 87 Jahren verstarb der aus Ayacucho stammende Autor, Archäologe und Museumsleiter Guillermo Lumbreras. Er wurde als Forscher der alten Kulturen Perus bekannt und zeigte auf, dass vor 15 oder 13.000 Jahren diese aus Asien nach Peru einwanderten. Mit seinen Publikationen ermöglichte Lumbreras einen interessanten Einblick in die alten Kulturen der Anden, der Küste und teilweise des Amazonsgebietes. Er half mit, die oberflächlichen Darstellungen der vorinkaischen Kulturen und auch die über das Inkareich zu korrigieren. Neben seiner Forschungsarbeit war er einige Jahre Museumsdirektor. Es gelang ihm, die Geschichte mit der Gegenwart zu verbinden.

Meinungsfreiheit: Peru rutscht weiter ab im lateinamerikanischen Index

Nach Angaben des peruanischen Presserats gehört das Land im Chapultepec-Index zur Gruppe der Länder mit eingeschränkter Pressefreiheit. Peru ist im Vergleich zum letzten Jahr um einen Platz zurückgefallen und gehört nun zur Gruppe der Länder “in Restriktion”. Bis 2021 gehörte es zur Gruppe der Länder mit geringen Einschränkungen. Von den vier analysierten Dimensionen – informierte Bürger und freie Meinungsäußerung, Ausübung des Journalismus, Gewalt und Straffreiheit sowie Medienkontrolle – liegt Peru bei Gewalt und Straffreiheit in der Kategorie “stark eingeschränkt”. In allen anderen Kategorien liegt das Land in der Gruppe “eingeschränkt”. Was Gewalt und Straflosigkeit betrifft, so sind mehrere Morde an Journalisten, die sich vor mehr als 30 Jahren ereignet haben, nach wie vor ungesühnt. Außerdem sind die Behörden noch nicht gegen Mitglieder radikaler ultrakonservativer Gruppen vorgegangen, die Journalisten einschränken. Mehr als 60 Fälle von Journalisten, die während der Berichterstattung über die Proteste im letzten Sommer von der Nationalen Polizei angegriffen und bedroht wurden, bleiben ungestraft. Ebenso wie mehr als 40 Fälle, in denen sie während der sozialen Krise angegriffen und eingeschüchtert wurden.

Die Zahl der Peruaner*innen, die ihr Land verlassen, hat sich vervierfacht

Laut der Nationalen Migrationsbehörde haben im Jahr 2022 401.740 Peruaner*innen Peru verlassen.

Bis Juni 2023 war die Zahl auf 415.393 gestiegen. Diese Zahlen vervierfachen fast die Zahl der nicht zurückgekehrten Ausreisenden im Jahr 2021, als 110.185 Peruaner ihr Land verließen.

Neben den Vereinigten Staaten sind Peruaner*innen den Migrationsdaten zufolge vor allem nach Spanien, Chile und Mexiko gereist, was jedoch nicht bedeutet, dass sie unbedingt in diesen Ländern geblieben sind oder sich dort niedergelassen haben. Während die Pandemie den Anstieg der Auswanderungskurve unterbrochen hat, könnten ihre wirtschaftlichen Auswirkungen sie nun wieder nach oben treiben. Auch trägt die Unsicherheit der Bürger*innen zur Auswanderung bei. 80 % der Peruaner*innen geben an, dass sie sich auf den Straßen des Landes aufgrund von Kriminalität und organisiertem Verbrechen sehr unsicher oder eher unsicher fühlen. Die wirtschaftliche und politische Krise, Gewalt und Kriminalität als Folge ungelöster sozialer Probleme und die Auswirkungen der Pandemie sind weitere Gründe für die Auswanderung. Es ist noch zu früh, das tatsächliche Gleichgewicht der Migrationsströme festzustellen und diese Reisenden als “Migranten” zu bezeichnen. Auswanderung wird gemessen, wenn eine Person für mehr als ein Jahr weggeht.

Regenwaldzerstörung mit Hilfe von Geldwäsche in den USA

Trotz ihrer Naturschutzpolitik und globalen Umweltziele haben sich die USA zu einem Förderer illegaler Finanzströme im Zusammenhang mit Umweltverbrechen im Amazonasgebiet entwickelt.

Die Gründung von Briefkastenfirmen, Scheinunternehmen und der Kauf von Immobilien sind die gängigsten Geldwäschemethoden im illegalen Bergbau sowie Entwaldung. Es gibt Schlupflöcher in den US-Gesetzen, die die wahren Eigentümer:innen von Unternehmen verbergen und Transaktionen aus illegalen Quellen Legitimität verleihen. Die Intransparenz behindert transnationale strafrechtliche Ermittlungen aus Peru. Der US-Kongress schlägt vor, alle Umweltverbrechen als „Vordelikte“ für Geldwäsche aufzunehmen. Diese Maßnahme stünde im Einklang mit den bewahrten Verfahren der Financial Action Task Force, der EU und des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung.

Informeller Kupfer- und Zinn-Bergbau

Nach Angaben des U.S. Geological Survey (USGS), Mineral Commodity Summaries, lag Peru im Jahr 2022 an vierter Stelle (26.995 Feintonnen – TMF) der weltweiten Zinnproduktion.  Nur wenige Studien haben Aspekte der Wertschöpfungskette dokumentiert. Auch die Umwelt- und Gesundheitsaspekte sowie die Rolle der am Zinnbergbau Beteiligten sind unbekannt.  Über die Dynamik des informellen Kupferbergbaus in Peru ist auch wenig bekannt. Journalistische Erhebungen deuten darauf hin, dass die informelle Gewinnung immer mehr in den Vordergrund rückt. Peru ist der zweitgrößte Kupferproduzent der Welt. In Bezug auf den informellen Bergbau ist anzumerken, dass das MINEM seit 2012 keine Produktion aus diesem Sektor mehr erfasst. Ein Bericht des peruanischen Instituts für Bergbauingenieure (2022) weist auf die Zunahme des informellen Kupferbergbaus in Apurímac hin.  Mit dem Vormarsch des informellen Bergbaus kommen viele soziale konfliktreiche Spannungen. Bei den derzeitigen internationalen Kupferpreisen hat das Interesse am kleinen, informellen Kupferbergbau zugenommen. Das gewonnene Kupfer wird vorzugsweise im Rohzustand verkauft, weil es für den informellen Bergbau rentabler ist.

https://www.responsiblemines.org/2022/12/cobre-extraido-a-pequena-escala-peru/

https://www.responsiblemines.org/2023/10/los-desafios-de-la-mineria-de-estano-a-pequena-escala-en-bolivia-peru-y-brasil/

Der Titicacasee verdunstet

Umweltverschmutzung, Wasserknappheit und der Klimawandel setzen dem Titicacasee zu. Seit September 2022 regnet es viel zu wenig. Der Wasserpegel des Titicacasees ist vom 1. April 2023 bis 21. November um 77 Zentimeter gesunken. An den Ufern ist das Wasser bis zu zwei Metern zurückgegangen. Boote müssen sich neue Wege suchen, um nicht auf Grund zu laufen. Die Trockenheit hat auch für die Landwirtschaft rund um den See verheerende Folgen: Die Anbauflächen, die mit dem Wasser des Sees und seiner Zuflüsse bewässert werden, sind ausgetrocknet, und auch die Tiefbrunnen, die von der Bevölkerung zur Wasserversorgung gebaut wurden, versiegen aufgrund des fehlenden Regens und der intensiven Sonneneinstrahlung. Die Bauern müssen die Anbaufläche verkleinern und Vieh verkaufen. Die Quinua-Ernte hatte Verluste von 90 % erlitten, die Produktion von Kartoffeln und anderen Knollenfrüchten ist um 80 % zurückgegangen. Auch wenn es inzwischen in den Südanden regnet, so wird es sehr viel Regen brauchen, umd die seit Jahren anhaltende Wasserknappheit auszugleichen.

zusammengestellt von Mona Friedmann, Heinz Schulze und Annette Brox

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