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Indira Huilca: Räume des Widerstands stärken

Im Gespräch mit César Bazán Seminario von der Infostelle analysierte die Politikwissenschaftlerin und ehemalige linke Kongressabgeordnete Indira Huilca zu Beginn des Peru-Seminars im April 2024 die politische Lage in Peru. Anhand einiger Schlüsselereignisse gab sie einen Überblick über die Veränderungen im politischen Machtgefüge und die Stimmung im Land.

Die Wiedereinführung des Zweikammernsystems, mit dem es neben dem Kongress künftig auch einen Senat geben wird, widerspricht dem Ergebnis eines Referendums aus dem Jahr 2017 und ist der Versuch, das Machtgefüge weiter zugunsten des Parlaments und zum Nachteil der Regierung zu verlagern. Ähnlich sind auch die Angriffe der Kongressmehrheit gegen die Mitglieder der Wahlbehörde Junta Nacional de Elecciones, JNE, zu bewerten. Durch einen Austausch der Mitglieder soll der Einfluss des Kongresses gestärkt werden.

Premierminister Otárola musste wegen eines Skandals um seine Partnerin zurücktreten. Indira Huilca hält es für bezeichnend, dass es dieser Skandal war, der ihn zum Rücktritt zwang, und nicht etwa seine Verantwortung als ehemaliger Verteidigungsminister für die Massaker während der Proteste gegen die Regierung Boluarte.

Wirtschaftlich befindet sich Peru in einer Rezession. Der letzte Wirtschaftsminister hat dies lange geleugnet, um es bei seinem Rücktritt dann doch zuzugeben. Bisher unterstützen die Wirtschaftsunternehmen die Regierung Boluarte. Indira Huilca rechnet jedoch damit, dass sich dies bald ändern wird, sollte die wirtschaftliche Entwicklung negativ bleiben.

Wahlen 2026: Düstere Perspektiven

Die Perspektiven für die kommenden Wahlen 2026 sind düster. Neue Parteien haben es schwer, sich einzuschreiben, die Fristen wurden verkürzt und die Anforderungen erhöht. Bis zur Wahl rechnet Indira Huilca mit bis zu 30 Parteien. Damit ist eine starke Fragmentierung der Parteienlandschaft vorhersehbar. Es ist zu erwarten, dass die Stichwahl, ähnlich wie schon beim letzten Mal, zwischen zwei Parteien stattfinden wird, die im ersten Wahlgang gerade einmal acht oder zehn Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnten.

Die Menschen im Land merken, dass die peruanische Demokratie nicht mehr funktioniert. Die Wirtschaft, die bisher in allen politischen Krisen stabil geblieben ist, erlebt jetzt ebenfalls eine Krise. Die illegale Wirtschaft (Goldabbau, Drogen- und Holzhandel) ist auf dem Vormarsch und besetzt indigene Territorien. Diese Entwicklungen haben im Erleben der Bevölkerung ein stärkeres Gewicht als die Schwächung demokratischer Institutionen wie der JNE.

In der aktuellen Lage ist die internationale Aufmerksamkeit zum Thema Menschenrechte besonders wichtig. So ist Indira Huilca überzeugt, dass ohne die klare Stellungnahme der Deutschen Botschaft die vorübergehende Schließung der Gedenk- und Erinnerungsstätte Lugar de la Memoria (LUM) im Januar 2023 nicht zurückgenommen worden wäre. Jetzt soll mit Gesetzesinitiativen eine Amnestie für die Täter während des gewaltsamen internen Konfliktes in den 1980er Jahren gewährt werden, was laut Indira Huilca bedeuten würde, die Geschichte auszuradieren.

Wo sind die Hoffnungsträger*innen?

Hoffnungen, dass Dina Boluarte als erste Frau mit indigenen Wurzeln die Frauen- und indigenen Bewegung stärken könnte, wurden nicht erfüllt. Sicher habe Boluarte selbst Diskriminierung erlebt, sie identifiziere sich jedoch in keiner Weise mit diesen Gruppen und repräsentiere sie nicht, ist Huilca überzeugt.

Um den autokratischen Tendenzen bei der nächsten Wahl wirkungsvoll etwas entgegenzusetzen, müssten sich alle demokratischen Parteien und Gruppieren zusammentun. Angesichts der starken Zersplitterung sowohl der Linken als auch der demokratischen Mitte scheint dies jedoch ein äußerst schwieriges Unterfangen. Wenn die Linke gespalten bleibe, sei das Selbstmord, meint Indira Huilca.

Was kann in diesem düsteren Panorama noch Hoffnung geben? Indira Huilca sieht die Hoffnungsträger*innen bei den indigenen Bewegungen in Puno, beim indigenen Widerstand gegen illegale Goldschürfer und Drogen- oder Holzhändler im Amazonasgebiet und bei den Autonomen Territorialen Regierungen wie der der Wampis. Diese Gruppen würden dem Autoritarismus widerstehen. Ihnen fehlt jedoch eine Vertretung im Parlament. Damit sie gehört werden, brauchen sie Bündnispartner.

Indira Huilca will abschließend Mut machen: Es gibt Räume des Widerstand. Was wir tun können: Diese Räume stärken!

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