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19. Juli: Landesweite Proteste gegen Regierung und Parlament

Mehr als sieben Monate nach Beginn der politischen Krise und vor dem Hintergrund einer klaren Ablehnung der Regierung (laut Umfragen 80 % der Bevölkerung) und des Kongresses (91 %) gab es am 19. Juli Protestaktionen im ganzen Land. Die Protestierenden forderten unter anderem den Rücktritt von Präsidentin Dina Boluarte und Neuwahlen. Es waren die ersten landesweiten Demonstrationen seit den Protesten zwischen Dezember und Februar, bei denen 49 Zivilist*innen durch die Polizeigewalt ums Leben gekommen sind.

Laut Innenministerium nahmen an den Protesten 21.000 Menschen teil. In Lima demonstrierten mehr als 10.000 Menschen.

Angesichts der Polizeigewalt bei den Protesten im Dezember bis Februar war die Furcht vor erneuter Gewalt groß. Internationale Menschenrechtsorganisationen, unter ihnen Human Rights Watch und Amnesty international, hatten im Vorfeld den peruanischen Staat aufgerufen, das Recht auf friedlichen Protest zu respektieren und zu schützen. Und auch der UN-Sonderberichterstatter rief die Regierung dazu auf, „keine unverhältnismäßige Gewalt“ anzuwenden. Er appellierte an alle Beteiligten eine Eskalation der Gewalt zu verhindern.

In Lima versammelten sich die Demonstrierenden an zentralen Punkten wie der Plaza Dos de Mayo und der Plaza San Martin. Von dort aus bewegten sich mehrere Gruppen in Richtung des Parlamentsgebäudes. Dies versuchte die Polizei zunächst zu verhindern. Eine Beobachtergruppe der Nationalen Menschenrechtskoordination CNDDHH intervenierte. Nach anfänglichen Auseinandersetzungen mit der Polizei gaben die Beamten den Weg frei und ließen die Demonstrierenden Richtung Parlament ziehen. Eine erste Gruppe kam vor dem Parlament an und forderte dessen Auflösung, wurde dann aber von der Polizei unter Einsatz von Tränengasbomben zurückgedrängt. Eine andere Gruppe, die sich in Richtung des Kongressgebäudes bewegte, wurde von einem weiteren Polizeiaufgebot blockiert, bevor sie ihr Ziel erreichte. Die Zugänge zur Avenida Abancay, die zum Parlamentsgebäude führt, wurden von der Polizei besetzt.  In diesem Zusammenhang kam es zu weiteren gewaltsamen Auseinandersetzungen. Polizeibeamte griffen Demonstrierende an und schossen auf sie. Es kam zu Verletzungen und Verhaftungen.

Bis zum Abend meldete die Ombudsstelle Defensoría del Pueblo inoffiziell acht Verletzte (sechs Zivilist*innen und zwei Polizeibeamte). Einige Verletzte hatten Schüsse in den Körper, in den Arm und ins Gesicht erhalten. Innenminister Vicente Romero bestritt jedoch am Abend den Einsatz von Schusswaffen durch die Polizei. Die Beobachtungsstelle für Pressefreiheit der Nationalen Journalistenvereinigung Perus ANP registrierte  Angriffe auf sieben Journalist*innen während der Demonstrationen. Das Gesundheitsministerium meldete elf Verletzte. Sechs Demonstranten wurden festgenommen.

Laut einem Bericht der Ombudsstelle Defensoría del Pueblo verliefen die Proteste in 24 Regionen friedlich. Protestaktionen mit Demonstrationen und Straßenblockaden gab es auch in 64 Provinzen.