Indigene Frauen protestieren gegen die Verschmutzung im Ölfeld 192. (© Observatorio Petrolero de la Amazonia Norte/PUINAMUDT)

COP27: Indigene fordern direkte Finanzierung

Die 27. Weltklimakonferenz (COP27) im ägyptischen Sharm El Sheikh ging mit einem mehr als enttäuschenden Ergebnis zu Ende. Einen wichtigen Erfolg gab es immerhin, der auch für Peru Bedeutung hat: Zum ersten Mal wurde ein Fonds für die Hilfe bei Klimaschäden beschlossen. Indigene Vertreter*innen haben auf der COP nur Beobachter*innenstatus. Sie fordern, dass sich das ändert und dass Gelder für den Regenwaldschutz direkt an die indigenen Gemeinden fließen.

Etwa 60 bis 80 Indigene aus Lateinamerika haben an der COP27 teilgenommen. Eine ihre Hauptforderungen: Indigene Gemeinden sollen direkt Mittel für Klimaschutzmaßnahmen erhalten.

Finanzmittel kommen in den indigenen Gebieten nicht an

Jedes Jahr werden Milliarden von Dollar für die Anpassung an den Klimawandel und für den Klimaschutz zur Verfügung gestellt. Die Finanzgeber wenden sich häufig an die indigene Bevölkerung, die inzwischen als Hüterin intakter Ökosysteme anerkannt ist. Allerdings erreicht nur ein Bruchteil der Gelder die indigenen Gebiete.

“Wir haben es satt, dass Gelder an indigene Stiftungen ohne indigene Menschen gehen. Das ganze Geld geht für die Bezahlung von Beratern und die Kosten für Büros mit Klimaanlagen drauf”, erklärte die Juristin Yanel Venado Giménez vom Volk der Ngabe-Buglé in Panama. “Auf dieser COP27 sind die internationalen Geber vertreten. Deshalb sind wir gekommen, um ihnen zu sagen, dass die direkte Finanzierung der einzige Weg ist, wie bei Klimaprojekten die kulturellen Praktiken der Indigenen berücksichtigt werden können. Wir haben Agrarwissenschaftler, Ingenieure, Juristen und viele ausgebildete Leute. Und wir wissen, wie man als Team arbeitet.“

Niemand bestreitet ernsthaft, dass die indigenen Völker in vielen der am besten geschützten Gebiete der Welt leben und an vorderster Front im Kampf gegen die globale Umweltkrise stehen.

“Auf jeder dieser Konferenzen hören wir große Ankündigungen von Finanzmitteln, aber dann gehen wir zurück in unsere Gebiete und hören nie wieder davon”, erklärte Julio César López Jamioy, ein Mitglied des Inga-Volkes in Kolumbien.

Die Regierungen des Vereinigten Königreichs, Norwegens, der Vereinigten Staaten, Deutschlands, der Niederlande und 17 private Geber vor einem Jahr auf der COP26 in Glasgow bis zu 1,7 Milliarden Dollar für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen indigener Gemeinschaften zugesagt. Wie viel von diesem Betrag tatsächlich geflossen ist, ist unklar. Die Gemeinden sagen, dass sie praktisch nichts erhalten haben.

Um an die Finanzmittel zu kommen und die Kriterien und Regeln einzuhalten, arbeiten indigene Gemeinden mit Partnerorganisationen zusammen. Nun sei es an der Zeit, sich bei diesen Nichtregierungsorganisationen zu bedanken und ohne ihre Unterstützung in den eigenen Strukturen zu handeln, meint López Jamioy.

Von Empfänger*innen zu Partner*innen?

Die rund 250 indigene Vertreter*innen aus der ganzen Welt nahmen an dieser Konferenz wieder nur als Beobachter*innen teil. Sie fordern, dass sie bei den Verhandlungen nächstes Jahr auf der COP28 in Dubai als Verhandlungspartner*innen anerkannt werden. Gregorio Díaz Mirabal vom Dachverband der indigenen Organisationen im Amazonasbecken (Coica): “Wir sind so gut wie existierende Nationalstaaten. Wir haben das Recht, an der Debatte teilzunehmen, denn wir sind keine Umwelt-NGO.”

Die indigenen Gemeinden wurden immer als Nutznießerinnen von Klimaschutzprojekten in den Territorien betrachtet, die über große NROs abgewickelt werden, die die Mittel erhalten und verteilen. Das wollen sie ändern. Eine der Schwierigkeiten ist, dass die Bewilligungsfristen für Projekte manchmal zu kurz für die konsultativen Verfahren zur Entscheidungsfindung in den Gemeinden sind. Außerdem sind viele Gemeinden rechtlich nicht anerkannt, so dass sie unter dem Schirm einer Institution arbeiten müssen.

Die Erfahrungen mit der direkten Finanzierung stehen noch am Anfang. Sara Omi vom Volk der Emberá in Panama berichtete über eine direkte Finanzierung für die Fortbildung von indigenen Frauen in mexikanischen und zentralamerikanischen Gemeinden. Es wurden 22 Projekte für eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion, etwa zur Wiedergewinnung von traditionellem Saatgut, unterstützt. Die Förderung betrug allerdings weniger als 120.000 Dollar. Omi hat dank eines Stipendiums Jura studiert und sagt, dass die indigenen Völker bereits bewiesen hätten, dass sie in der Lage sind, Mittel der Entwicklungszusammenarbeit zu verwalten. “Natürlich muss es Standards für die Rechenschaftspflicht gegenüber den Geber*innen geben, aber sie müssen mit unserer Realität vereinbar sein. Heute kommen nur Krümel in den Territorien an”, kritisierte sie.

“Wir sehen, dass diese COP die indigenen Völker stärker einbezieht als alle vorherigen, aber die Regierungen müssen verstehen, dass es an der Zeit ist, dass wir die Mittel erhalten”, forderte Eric Terena aus Brasilien.

Neue Unterstützung durch Petro und Lula?

Zu Beginn der Konferenz wurde eine Gruppe lateinamerikanischer indigener Völker vom kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro empfangen. Sie bekamen seine Unterstützung für ihren Kampf gegen die Bergbauindustrie auf ihren Territorien.

Auch der zukünftige brasilianische Präsident Lula da Silva besuchte die Konferenz. Er bot an, die COP 30 im Jahr 2025 im brasilianischen Amazonasgebiet zu organisieren. Und bekräftigte seine Ankündigung, ein Ministerium für indigene Völker einzurichten. Dies soll dazu dienen, dass die Indigenen Anerkennung finden und Partner*innen und Mitgestalter*innen einer neuen Politik würden.

Nach dem Wahlsieg Lulas haben Norwegen und Deutschland erklärt, ihre finanzielle Unterstützung für die Erhaltung des Amazonas-Regenwaldes in Brasilien wieder aufzunehmen, die sie 2019 kurz nach der Machtübernahme des ultrarechten Jair Bolsonaro zurückgezogen hatten.

Das Amazonasgebiet liegt in insgesamt neun Staaten. Lula kündigte an, er werde diese Länder im Rahmen des Amazonas-Kooperationsabkommens zusammenzubringen, um eine ganzheitliche Entwicklung der Region mit sozialer Integration und Klimaverantwortung zu diskutieren.

Peru war durch Umweltminister Wilbert Rozas vertreten. In seinem Vortrag ging er auf eines der wichtigsten Themen nicht ein: Loss and Damage (Verluste und Schäden) wurde auf dem Klimagipfel als Ausdruck für die Notwendigkeit diskutiert, einen neuen Fonds zu schaffen, der von den Industrieländern und größten Treibhausgasverursachern finanziert wird und den armen Ländern zugutekommt, die unter den Folgen der Klimakrise leiden. Indem Rozas dieses Thema ausließ, hielt er sich nicht an die von den „Entwicklungsländern“ vertretene Agenda, obwohl Peru zu den am meisten gefährdeten Nationen gehört.

Annette Brox

Quellen:

https://www.servindi.org/actualidad-noticias/16/11/2022/lula-propone-organizar-la-cop30-de-2025-en-la-amazonia-brasilena

https://ojo-publico.com/ultimas-noticias/3878/cumbre-climatica-acaba-tres-dias-pero-aun-no-hay-acuerdos-claros

https://ipsnoticias.net/2022/11/indigenas-tienen-agenda-propia-en-la-cop27-y-exigen-financiamiento-directo/