Kurz gemeldet – Juni 2022

Googlen in Quechua, ermordete Bergleute und ein peruanischer Animationsfilma: das sind die Highlights diesen Monats

  • Gericht weist Klage gegen Abholzung des Regenwaldes ab  

Bereits 2020 hatte die Infostelle Peru über die Klage von Schulkindern 2019 berichtet, die erhoben wurde, weil durch die Abwesenheit politischer Präsenz und Gegenmaßnahmen des peruanischen Staates die Abholzung des Regenwaldes immer stärker zunimmt. Die Rodung macht 60 Prozent der klimaschädlichen Emissionen des Landes aus. Mit schwachen Argumenten haben die Angeklagten –  der Präsident, der Präsident des Ministerrates, der Umweltminister und die Minister für Landwirtschaft und Bewässerung sowie für Energie und Bergbau, außerdem die Regionalgouverneure von Loreto, Ucayali, Amazonas, Madre de Dios und San Martín  – die Klage nun abgewendet: Ein löchriges Hauptargument ist, dass die Forderung “nicht notwendig sei”, da es bereits Pläne gebe in Bezug auf die Abholzung. Diese Argumentation erscheint schwach, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Abholzungsfläche in den letzten Jahren von 150.000 auf 200.000 Hektar deutlich angestiegen ist. Diese Erhöhung verletzt etwa das “Recht auf ein angemessenes und ausgewogenes Lebensumfeld”, anerkannt in Artikel 2.22 der Verfassung oder besonders die “Grundsätze der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Nutzung natürlicher Ressourcen”, die in den Artikeln 67 und 69 der Verfassung festgehalten sind.

  • Historischer Triumph im Kampf der indigenen Dörfer und Gemeinden um territoriale Besitzansprüche

Die Gemeinde Santa Clara de Uchunya erhielt am 14. Mai 2022 die offizielle Anmeldung ihrer ersten territorialen Erweiterung um knapp 1544 Hektar. Die indigene Gemeinde hat mehrere Jahrzehnte um die volle Anerkennung ihres Territoriums gekämpft. Durch die Ansiedlung der Palmölfirma “Ocho Sur”, die in den angrenzenden Waldgebieten durch die Ausweitung der Palmöl-Monokultur schwere Schäden anrichtete, kam es 2015 zu einer konkreten Forderung auf territoriale Erweiterung, deren Verfahren nun abgeschlossen ist. Der Fall der Gemeinde Santa Clara de Uchunya ist repräsentativ für die permanente Bedrohung der indigenen Gemeinden durch Akteure, die die territoriale Unsicherheit des Landes für illegale Zwecke ausnutzen. Die Bescheinigung über eine Registrierung der territorialen Erweiterung, die die Gemeinde nun im Rahmen eines offiziellen Protokollaktes im Hauptamtssitz von Pucallpa erhielt, bei der sowohl Mitglieder des Gemeindevorstandes, der Gemeindevertreter, der Vizegouverneur und Vertreter indigener Organisationen anwesend waren, stellt einen wichtigen Schritt im Kampf der indigenen Dörfer und Gemeinden um rechtmäßige territoriale Besitzansprüche dar.

“Ich habe immer mit ganzem Herzen für unser Land gekämpft. Ich habe mich nie kaufen lassen, denn Geld ist vergänglich und ist keine große Hilfe. Ich hinterlasse meinen Kindern und Enkelkindern unser Territorium. Hier ist das Land! Wir haben viel gekämpft und gelitten für diese Anerkennung.”   Luisa Mori, Mitglied des Vorstandes von Santa Clara de Uchunya

  • Indigene Sprachen in Google Translator

Mitte Mai hat das Kultusministerium in Peru beschlossen, die beiden meist gesprochenen indigenen Sprachen Quechua und Aymara in den Google-Übersetzer einzugliedern. Mit der Integration der Sprachen in den meistbenutzten Übersetzer der Welt stellt diese Entscheidung einen wichtigen Schritt für die soziale und kulturelle Inklusion innerhalb der peruanischen Gesellschaft dar. Der Google Translator übersetzt insgesamt in 133 Sprachen, in der Woche vom 16. Mai sollen es 24 neue sein – darunter Quechua und Aymara.

Google übersetzt neu auch in und vom Quechua (© Andina)

Darüber hinaus werden bereits seit November 2021 neue Versionen der Programme Windows XP und Microsoft Office in Quechua entwickelt, die voraussichtlich im zweiten Semester dieses Jahres verfügbar sein werden. Diese Fortschritte erlauben den Quechua und Aimara – Sprechenden einen sprachbarrierefreien technischen Zugang und sorgen für mehr gesellschaftliche Teilhabe. Während Übersetzungs- und Dolmetscherarbeit derzeit noch von Fachleuten durchgeführt wird, bekundete Microsoft sein Interesse, Quechua auch mittels künstlicher Intelligenz in das Microsoft-Translator-Tool zu integrieren.

Dieser Fortschritt fördert “den Respekt vor der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, die durch Quechua und Aimara präsentiert wird.” (Rocilda Nunta, Vizeministerin für Interkulturalität)

Google übersetzt neu auch in und vom Quechua Foto: Andina

  • Präsident Castillos Erziehungsminister will Stellen für zweisprachige Lehrer*innen streichen

Das Versprechen von Präsident Castillo, die Politik der indigenen Bevölkerung zu unterstützen, trifft durch die kürzliche Forderung des Erziehungsministers Rosendo Serna Román, 25.000 Stellen für zweisprachige Lehrende in einsprachige Stellen umzuwandeln, auf Widerspruch. Konkret sollen Kinder, deren Muttersprache etwa Quechua, Aymara oder Ashäninka sind, fortan von einsprachig Spanischsprechenden unterrichtet werden, die lediglich durch Intensivkurse Grundkenntnisse der jeweiligen indigenen Sprachen erwerben sollen.

Während diese Maßnahme von der Lehrergewerkschaft FENATEP mit Blick auf bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt positiv aufgenommen wird, kam es beispielsweise seitens des Dachverbandes der indigenen Völker AIDESEP zu Protesten. Die Maßnahme befördere die Chancenungleichheit für diejenigen 1.3 Millionen Schüler*innen, für die Spanisch beim Schuleintritt eine Fremdsprache darstellt. Der Dachverband fordert eine intensivere Ausbildung von Lehrpersonal für Schüler*innen mit indigenem Hintergrund, die sich insbesondere auf Kenntnisse, Technologien und Werte ebendieser beruft und deren feste Verankerung im schulischen Curriculum.

Der Koordinator des Netzwerkes für Interkulturelle Bildung, Fernando Garcia, fragt in der Zeitung La República, warum gerade eine Regierung, die dank der Stimmen der indigenen Bevölkerung ins Amt gekommen ist, dieser damit den Rücken zudrehen will.

  • Beerdigung nach 37 Jahren

Im August 1985 sperrten Soldaten über 70 Bewohner des Dorfes Accomarca in eine Hütte, beschossen sie und legten dann Feuer. Alle Menschen kamen um. Es war die Zeit des bewaffneten Konflikts. Das Militär hatte die Bewohner der Mitgliedschaft im Leuchtenden Pfad bezichtigt.

Seit 2003 hatte ein Team forensischer Spezialisten die Knochen der Ermordeten freigelegt und zum Teil identifiziert. Unter grosser Beteiligung der Angehörigen und des Dorfes wurden die Überreste der Ermordeten nun 37 Jahre danach, in ihrem Heimatdorf beigesetzt.

https://elpais.com/internacional/2022-05-23/un-perdon-a-medias-tras-37-anos-de-espera-el-entierro-de-las-victimas-de-accomarca.html

  • Peruanische Produktion gewinnt Preis für besten Animationsfilm

Ainbo heisst die Heldin aus dem Regenwald, die dank ihrer Freunde, einem Gürteltier und einem Tapir,  ihre Heimat, den Amazonaswald, rettet.  Die Geschichte wurde als Animationsfilm umgesetzt von den peruanischen Regisseuren Jose und Cesar Zelada. Der Film ist in Madrid mit dem wichtigsten Filmpreis der spanischsprachigen Welt, dem Premio Platino, ausgezeichnet worden. Hoffentlich ist der Film auch in dem einen oder anderen deutschen Kino zu sehen. Den Trailer gibt es bereits in deutscher Übersetzung:

  • 14 Tote bei Streit um Gold- und Kupfermine

Der weltweit hohe Goldpreis hat in Peru weitere Menschenleben gefordert. 14 Männer kamen bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Bergleuten rivalisierender Goldschürfer in der Nähe von Caraveli (Arequipa) ums Leben. Sie hatten um eine Konzession gestritten. Dabei handelte es sich nicht um illegale Goldschürfer, sondern um Angestellte zweier kleiner Unternehmen. Ein hoher Gold- und Kupferpreis, rückläufige staatliche Kontrollen und eine staatliche Politik, die die Informalität fördert, lassen befürchten, dass um den Bergbausektor weiterhin gewaltsam gestritten wird.