“Pollo salteado con verduras”, ein im Wok zubereitetes beliebtes Chifa-Gericht ©Sara Cauti

Chinesische Küche in Peru: die “Chifas”

Zwischen 3 und 10% der Peruaner haben chinesische Wurzeln. Die unzähligen China-Restaurants „Chifas“ sind das lebende Zeugnis dieser Fusion.

Heutzutage ist es fast unmöglich, von peruanischer Identität zu sprechen, ohne vom Essen zu sprechen. Die kulturelle Vielfalt, unsere Traditionen und die verschiedenen Aspekte unseres täglichen Lebens sind alles Motive, die die Menschen unbewusst durch das Kochen zum Ausdruck bringen; daher ist unsere Küche eine Zeugin und ein Ergebnis der Geschichte unseres Landes. Aber diese besondere kulturelle Entwicklung ist nicht nur auf die Peruaner beschränkt, sondern auch auf andere ethnische Gruppen, die sich im Laufe der Jahre in unser Land integriert haben.

Eine der bekanntesten kulinarischen Fusionen heutzutage in Peru ist sicher die „Chifa“. Die chinesische Gemeinschaft in Peru ist eine der größten ethnischen Gruppen in Südamerika und Limas Chinatown (“barrio chino”) ist bis heute das einzige ethnische Viertel in Peru.

Der Eingang zum “Barrio Chino” in der historischen Altstadt von Lima ©Sara Cauti

Calle Capon – da wo die Schweine kastriert wurden

El barrio chino, das Chinatown Limas, befindet sich hinter dem Zentralmarkt in der historischen Altstadt limas. Die Ursprünge von Chinatown in Peru  auch „Calle Capón“ genannt, sind mit der traditionellen chinesischen Küche verbunden. Die „Calle Capón“ liegt direkt neben Limas Zentralmarkt, auf dem täglich Hunderte von Menschen frische Produkte verkaufen, wie z.B. Fisch oder Früchte je nach Jahreszeit.

Diese Produkte waren ideal für die Küche der chinesischen Migranten, die sich durch die Verwendung frischer Zutaten auszeichnet. Man nimmt an, dass die Nähe zum Zentralmarkt einer der Faktoren dafür war, dass sich die chinesische Gemeinschaft in dieser Straße niederließ.

Die Ernährung war ein wichtiges Thema unter den chinesischen Einwanderern. Die ersten Gruppen chinesischer Migranten mussten unter unmenschlichen Bedingungen auf den Feldern der Haziendas arbeiten und waren offen für Verhandlungen, wenn es um ihren Lohn oder andere Arbeitsbedingungen ging. Aber wenn es um die Menge an Reis ging, die sie monatlich erhielten (300 Gramm), gab es keinen Raum für Diskussionen.

Erst nach der Unterzeichnung des Tien Tsin-Freundschaftsvertrags zwischen Peru und China im Jahr 1874 konnten die Migranten bessere Arbeitsbedingungen erhalten.

Der Name “Capón” stammt von dem spanischen Wort “capar”, das sich auf die Kastration von Schweinen bezieht. Die Metzger kastrierten ihre Schweine in dieser Straße. Die meisten Chinesen, die sich in dieser Straße niederließen, waren Kantonesen; deshalb ist der Name “Capón” aus einer Kombination von “capar” und “Cantón” entstanden.

Chi fan – Essen

In diesen Straßen sind auch die ersten „Chifas“ entstanden. „Chi fan” bedeutet auf Kantonesisch “essen”. Wenn die Peruaner durch diese Straße gingen, hörten sie in der Nähe chinesischer Restaurants immer wieder das Wort “chi fan”, was dazu führte, dass die von Chinesen betriebenen Restaurants als “Chifa” bezeichnet wurden.

Luis Yong, Inhaber der Chifas San Joy Lao und „Sangucherías el Chinito“, sagt, dass die Verbreitung der „Chifas“  sich in den letzten Jahren massiv beschleunigt hat. Heute gibt es mehr als 10.000 Chifas in Peru.

China und Peru unterscheiden sich in vielen kulturellen und ideologischen Aspekten. Doch all diese Unterschiede verschwinden, sobald man sich zum Essen an einen Tisch setzt. Eine gemeinsame Mahlzeit bedeutet nämlich viel mehr als nur Essen: sie ist ein Symbol für Vertrauen und Freundschaft. Die Fusion von peruanischem und chinesischem Essen bedeutet also nicht nur kulinarische Innovation, sondern auch die Integration von Ideen und Gefühlen aus verschiedenen Kulturen. Sie ist ein Beweis für das gegenseitige Verständnis zweier so unterschiedlicher Völker, wie Chinesen und Peruaner.

Eine typische “Chifa” in Lima ©Sara Cauti

Eine peruanisch-chinesische Fusionsküche, Meerschweinchen inklusive

Die peruanische „Chifa“ ist nicht mehr die traditionelle chinesische Küche, sondern eine Mischung aus dem traditionellen Geist der Gerichte, die die ersten chinesischen Einwanderer ihren Kindern und den Peruanern beibrachten. Gerichte, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Diese Gerichte sind seit ihrer Entstehung nicht unverändert geblieben, sondern werden je nach Nachfrage der Kunden ständig verändert und innoviert. So wurde zum Beispiel Chijaukay (Chijau ist der Name der Soße und Kay oder Gai bedeutet Huhn auf Kantonesisch) in der Chifa San Joy Lao als Chijaucuy (Meerschweinchen/Cuy statt Huhn) neu erfunden.

Durch die Speisen, die wir zubereiten und essen, drücken wir uns nicht nur als Individuen aus, sondern auch unsere Identität als Gruppe. Diese kulturelle Verschmelzung beruht auf dem gegenseitigen Verständnis und der Weitergabe von Ideen oder sogar Werten: Chifa ist ein leckerer Beweis dafür.

Sara Cauti Zevallos

Die Autorin ist Peruanerin und studiert Anthropologie an der Universität Heidelberg.

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