Besucherinnen aus Cajamarca mit dem Hauptmann von Köpenick ©staepa-cajamarca.de

11.000 Kilometer und eine Pandemie konnten uns nicht bremsen

25 Jahre Städtepartnerschaft des Berliner Bezirks Treptow-Köpenick mit der Provinz Cajamarca

Vor 25 Jahren, im Mai 1998, flogen der damalige Bezirksbürgermeister von Berlin-Köpenick, ein Vertreter der Kommunalen Ökumene und ich mit allerlei Gastgeschenken im Gepäck nach Peru, um Cajamarca, eine mögliche Partnerstadt von Köpenick, kennenzulernen. Wir ahnten nicht, dass wir gleich mit einer von zwei Bürgermeistern unterschriebenen Partnerschaftsvereinbarung zurückkehren würden.

Die Bürgermeister hatten sich bereits 1995 auf dem Weltklimagipfel in Berlin kennengelernt und festgestellt, dass sie hinsichtlich der Umsetzung der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio 1992 ziemlich ähnlich tickten. Von Anfang an war die Partnerschaft nicht als Besuchsprogramm für verdiente Kommunalpolitikerinnen konzipiert, sondern als nachhaltigkeitsorientierter Austausch auf Augenhöhe zu Themen wie Bürgerinnenbeteiligung, kommunaler Umweltschutz und vor allem im weiteren sozialen Bereich.

© Michael Schrick

Partnerschaft zwischen Kindergärten

Natürlich lernten sich auch die wichtigsten Akteur*innen in Verwaltung und Zivilgesellschaft kennen: bei Praktika u.a. im damaligen Haus Natur und Umwelt und in der Provinzverwaltung Cajamarca, auf einer Konferenz zur Wasser- und Abwasserbehandlung und in vielen anderen persönlichen Begegnungen. Schon früh kamen je zwei Kindergärten in Cajamarca und in Köpenick miteinander in Kontakt. Ein Kindergarten bei uns schied später aus, dafür kam eine neuer: der Kleine Fratz übernahm die Partnerschaft mit dem innerstädtischen Kindergarten in Cajamarca. Der Austausch der beiden anderen – Waldspielhaus und Pachacútec – ging einfach weiter, und bald lernten die jeweiligen Kita-Leiterinnen ihre Partnereinrichtungen kennen und tauschten ihre pädagogischen Konzepte aus (bald kamen aus allen Kitas weitere Erzieherinnen dazu). Bis heute sind die Kindergärten ein fester und verlässlicher Baustein in der Städtepartnerschaft.

Etwas weniger erfolgreich war die Zusammenarbeit von weiterführenden Schulen in Treptow-Köpenick und Cajamarca. Zwar war mit dem Colegio San Vicente de Paúl in Baños del Inca schnell eine engagierte Schule in der Provinz Cajamarca gefunden, doch hier tat sich die deutsche Seite schwer. Mehrere Versuche, Gymnasien in Treptow-Köpenick mit dem Colegio San Vicente de Paúl verbinden, scheiterten.

Senior*innen-Olympiade nach Vorbild aus Cajamarca

Schon bald gesellte sich ein weiterer Bereich dazu: die Arbeit im Gesundheits- und Behindertenbereich. Die frühere Köpenicker Amtsärztin Dr. Ida Beier und Christa Stark, die in Cajamarca eine einmalige Arbeit mit behinderten Jugendlichen und Erwachsenen aufgebaut hatte, wurden rasch Freundinnen. Ida Beier war mindestens siebenmal zu Einsätzen in Cajamarca, um dort die Gesundheitsarbeit zu unterstützen. Für Abiturientinnen bot sich die Gelegenheit, bei Christa Stark in der Asociación Santa Dorotea ein Freiwilliges Soziales Jahr zu absolvieren. (Dieses Angebot kann seit einigen Jahren leider nicht mehr aufrechterhalten werden.) Und aus Cajamarca schwappte die Idee einer Olympiade 60+, eines sportlichen Wettbewerbs der Seniorinnen, auch nach Treptow-Köpenick. Trotz Pandemie konnte diese Olympiade mittlerweile auch bei uns viermal ausgetragen werden.

Als vorläufig letzte direkte Partnerschaft kam die Zusammenarbeit zwischen zwei Einrichtungen der außerschulischen Bildungsarbeit, MICANTO in Cajamarca und dem Technischen Jugendbildungsverein in Praxis (TJP e.V.) in Treptow-Köpenick, dazu. Seit 2019 besteht ein reger virtueller Kontakt, über Zoom gab es z.B. einen Upcycling-Workshop.

Die ehemalige Amtsärztin Dr. Ida Beier zu Besuch in Cajamarca © staepa-cajamarca.de

Hilfe während der Pandemie

Auch die Pandemie hat es nicht geschafft, uns auszubremsen. Mit den Möglichkeiten der virtuellen Kontakte gab es für uns eher die Möglichkeit zum direkten Austausch. Ende 2020 konnten wir so mit Mitteln des Landes Berlin ein Programm „Gemeinsam gegen Covid-19 in Cajamarca“ durchführen. Die Kindergärten produzierten kleine Videospots zur richtigen Hygiene, MICANTO produzierte mit dafür in Cajamarca angeschafften Nähmaschinen Masken. Die Seniorinnen der verschiedenen Gruppen begannen mit dem Anlegen von Biogärten. Nach Projektabschluss ging die Arbeit trotzdem weiter, die Spots wurden in ganz Peru nachgefragt, die Nähmaschinen sind jetzt zur Berufsvorbereitung der Jugendlichen von MICANTO im Einsatz, und die Seniorinnen haben durch den Verkauf ihrer Produkte ein kleines zusätzliches Einkommen – gelebte Nachhaltigkeit.

Gemeinsam mit dem Colectivo Cajamarca Respira (Kollektiv Cajamarca atmet) haben wir eine Spendensammlung für eine Sauerstoffabfüllanlage für Cajamarca organisiert, die sich in Pandemiezeiten als notwendig erwiesen hatte. Die Infostelle Peru schloss sich dem Aufruf an, so dass in Deutschland über 20.000 € an Spendengeldern gesammelt werden konnten.

Fairer Handel mit Cajamarca

Bei der Teilnahme von Cajamarca und Treptow-Köpenick am Projekt „Kommunale Nachhaltigkeitspartnerschaften mit Lateinamerika“ der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global (2020 – 2022) wurde von uns der Schwerpunkt auf die Themen Seniorinnen und Fairer Handel gelegt. Wir tauschten uns intensiv über die Situation der älteren Bevölkerung und die Beteiligungsmöglichkeiten in beiden Städten aus; erste Gruppen von Seniorinnen in Cajamarca und Treptow-Köpenick sind in Kontakt miteinander getreten. Alle am SKEW-Projekt beteiligten lateinamerikanischen Städte zeigten sich am lateinamerikanischen Fair-Trade-Zertifizierungsprogramm CLAC interessiert, so dass es hierzu bald eine Zoomkonferenz geben wird.

Leider fand wegen der Pandemie fast alles virtuell statt, auch die feierliche Veranstaltung zur Erneuerung der Partnerschaftsvereinbarung im März 2021, jetzt auch mit der Erwähnung der UN-Nachhaltigkeitsziele, an der übrigens auch beide Bürgermeister teilnahmen, die 1998 die erste Vereinbarung unterzeichnet hatten.

Ein nicht immer zu vernachlässigendes Hindernis stellt natürlich die sprachliche Hürde dar. Bei den meisten beteiligten deutschen Einrichtungen haben wir glücklicherweise mindestens eine Person, die Spanisch spricht. Trotzdem ist es für alle eine zusätzliche Belastung.

Feierlichkeiten zur “Silberhochzeit”

Dieses Jahr sind wir schon bei unserer „Silberhochzeit“ angekommen. In Cajamarca hat es bereits mehrere Festveranstaltungen und weitere Aktivitäten gegeben. In Treptow-Köpenick ging es los mit der europäischen Premiere des Films „Vientos y memorias“ (Winde und Erinnerungen) des Regisseurs Heeder Soto im März. Mit neun neuen Roll-ups werden die Arbeit der Städtepartnerschaft und einige Akteur*innen in den Partnerstädten vorgestellt. Im Mai kamen gleich zwei Aktivitäten dazu: ein Open-Air-Konzert im Rahmen der Reihe „Après Church“ mit der peruanischen Gruppe Alma Andina und die Wandmalaktion des Aktivisten und Künstlers Alexander Shimpukat aus Yarinacocha an einem bezirkseigenen Gebäude in Adlershof. Wir konnten Alex‘ Berlinaufenthalt im Rahmen eines infoe-Programms nutzen und ihn uns für eine Woche „ausleihen“.

Park der Partnerschaft in Cajamarca © staepa-cajamarca.de

Geplant sind außerdem noch eine Radtour im Rahmen des „Stadtradelns“, die uns zum Wandbild, zum Kleinen Fratz und zu TJP führt, die Beteiligung an den Feierlichkeiten zum 30-jährigen Jubiläum der Kommunalen Ökumene, der 25-jährigen StäPa und des 20-Jährigen des Interkulturellen Gartens Wuhlegarten sowie eine Veranstaltung zum religiösen Leben in Peru, beide im September. Weitere Filme werden das Programm abrunden. Auf der StäPa-Homepage sind laufend Informationen zu gewesenen und zukünftigen Aktivitäten zu finden.

Neugierig geworden? Helfende Hände können wir immer brauchen. Schreibt uns bei Interesse einfach eine E-Mail an ! Eigentlich würden wir auch gern 2048 unsere Goldene Hochzeit feiern, dafür braucht es aber frische Kräfte, schließlich ist auch uns keine ewige Jugend gegeben.

Michael Schrick

Die Informationsstelle Peru gratuliert der Städtepartnerschaft Treptow-Köpenick – Cajamarca ganz herzlich zu 25 Jahren aktiver Partnerschaft und gelebter Solidarität!