Die peruanische Dorfgemeinschaft San Juan de Challhuayaco kämpft gemeinsam mit dem Schweizer Kollektiv „Colectivo Jaguar” gegen das Bergbauunternehmen Antamina und dessen Anteilseignerin Glencore an. Doch die Reise einer Delegation und das Treffen mit UNO-Vertreter*innen wurden im letzten Moment gewaltsam verhindert.
Die Kupfermine Antamina, zu deren Hauptanteilseignerinnen der Schweizer Konzern Glencore gehört, steht immer wieder in der Kritik: Umweltschäden, Wasserverschmutzung und Fischsterben, das Austrocknen von Lagunen und Flüssen, Feinstaubbelastung und drastische Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen vor Ort (InfoPeru berichtete).
Die betroffenen indigenen Gemeinden protestieren immer wieder und haben deswegen unter Repressalien zu leiden. Unter anderem die Bewohner*innen der Gemeinde San Juan de Challhuayaco (Distrikt San Marcos). „Seit mehr als sechs Jahren stellen wir uns dem Bergbauunternehmen entgegen, doch die Proteste werden kriminalisiert und wir als Terroristen betrachtet. Denn wirtschaftliche Interessen kontrollieren in Peru die Politik”, sagt Gemeindemitglied und Anwalt Julio Rimac. „Es geht hier um eine Angelegenheit, die wir in der ganzen Welt bekanntmachen müssen, deshalb dürfen wir nicht schweigen, auch wenn wir in die Enge getrieben werden.”
Bis heute sind schon fünf Lagunen ausgetrocknet, und mehrere Gemeinden praktisch von der Wasserversorgung abgeschnitten, betont Rimac. Ermöglicht wird dies auch durch gesetzliche Regelungen, die den Bergbauunternehmen die Wassernutzung genehmigen – und wir sprechen hier von großen Mengen: „Antamina verbraucht mindestens dreihunderttausend Kubikmeter Wasser pro Tag, wie uns Fachleute bestätigt haben”, so Rimac. Während die Gemeinden nur einen Bruchteil davon benötigen würden, um ihre Lebensmittel anzubauen und ihre Tiere zu tränken.
Angesichts der drastischen Situation, die sich durch die Erweiterung des Bergwerks noch verschärfen dürfte, haben Rimac und seine Mitstreiter*innen ein Gerichtsverfahren gegen Antamina eingeleitet. Doch auch auf Glencore soll Druck ausgeübt werden – mit Hilfe von peruanischen Parlamentarier*innen sowie von internationalen Gremien wie der UNO.
„Wenn du nicht aufhörst, wird deine Familie verschwinden“
Dass internationale Solidarität und Zusammenarbeit in diesem Kampf zentral sind, wissen auch die Mitglieder des Schweizer Kollektivs „Colectivo Jaguar”, die San Juan de Challhuayaco und andere Gemeinden unterstützen, welche von den Bergbauaktivitäten Glencores beeinträchtigt sind. Im aktuellen Fall organisierte das Kollektiv, dem Mitglieder der lateinamerikanischen Diaspora in der Schweiz angehören, die Reise einer Delegation aus San Juan de Challhuayaco, und gleiste Treffen mit Glencore und UNO-Vertreter*innen auf.
Doch einen Tag vor der geplanten Abreise passierte etwas, was sowohl dem Kollektiv als auch den Mitgliedern der Delegation den Boden unter den Füßen wegzog: Julio Rimac wurde von vier bewaffneten Männern überrumpelt und mit dem Tod bedroht. Wenn er nicht aufhöre, gegen den Bergbau zu kämpfen, würde nicht nur er, sondern auch seine Familie verschwinden. Wer die Angreifer waren und in wessen Auftrag sie gehandelt haben, weiß man nicht. Doch ihrem Akzent nach zu urteilen, waren sie nicht aus der Gegend um San Marcos, sondern eher aus Nordperu. Dennoch schienen sie ganz genau informiert, hatten sogar Fotos von Rimacs Familie.
Aus Sicherheitsgründen entschied man, die Reise auf Eis zu legen, und informierte nicht nur die UNO-Vertretung und das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte, sondern auch die Schweizer Botschaft über die Geschehnisse.
Und auch wenn zivilgesellschaftliche Organisationen so oft gegen Windmühlen zu kämpfen scheinen, will das Kollektiv Jaguar nicht lockerlassen. „Es ist wichtig, dass Menschen im Globalen Norden mit den Gemeinden zusammenarbeiten, die von Unternehmen aus dem Norden wie Glencore betroffen sind. Sie sollen auf ihre Stimmen hören und sich in der Schweiz für ihre Anliegen einsetzen.“
Glencore in Espinar: Offizielle Studie belegt Kontamination
Mit ähnlichen Problemen sind auch die Bewohner*innen der südperuanischen Kleinstadt Espinar seit Jahrzehnten konfrontiert. Doch das Unternehmen hält am Diskurs fest, dass die gravierenden Schäden an Umwelt und Gesundheit nicht kausal auf die Bergbauaktivität zurückzuführen sind. Obwohl eine breit aufgestellte Studie der peruanischen Organisation für Evaluierung und Durchsetzung von Umweltrecht (Organismo de Evaluación y Fiscalización Ambiental OEFA) dieses Narrativ schon vor über zwei Jahren ganz klar widerlegt hat. Eine Evaluation, die an 38 verschiedenen Punkten sieben verschiedene Komponenten wie Luft- und Wasserverschmutzung, Lärmbelastung sowie Schäden an Flora und Fauna untersuchte, kam unter anderem zu folgendem Resultat:
- Durch die bei der Kupferförderung zum Einsatz kommenden Methoden in den beiden Bergwerken Tintaya und Antapaccay werden Wasserquellen sowie Grundwasser verseucht. Dabei gelangen toxische Schwermetalle wie Arsen, Mangan, Blei und Quecksilber in die Flüsse.
- Das kontaminierte Wasser vergiftet Weideflächen und Tiere.
- Ebenso liegt ein direkter Zusammenhang zwischen den Bergbauaktivitäten und der Verseuchung von Böden sowie Luftbelastung vor, unter anderem durch schwermetallhaltigen Feinstaub.
- Wasserquellen sind versiegt und die Trinkwasserversorgung der umliegenden indigenen Gemeinden ist stark beeinträchtigt.
- An verschiedenen Stellen ist der Grundwasserspiegel abgesunken.
Obwohl diese Studie von einer offiziellen staatlichen Institution durchgeführt wurde und außerdem bei weitem nicht die erste ist, die zu ähnlichen Resultaten kommt, ist bisher nichts unternommen worden, um die Missstände zu beheben. Weder von Glencore noch vom peruanischen Staat.