Woher nehmen? – Peruanische NGOs haben immer weniger Geld

Peru ist aus dem Fokus internationaler Hilfswerke verschwunden –   sei es , weil Perus Wirtschaft stark gewachsen ist und die Hilfswerke sich auf ärmere Länder konzentrieren, sei es, dass die Geberländer selber an ihrer Entwicklungszusammenarbeit sparen. Peruanische Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs in ihrer englischen Abkürzung) bekommen diesen Rückzug besonders stark zu spüren. Christof Wünsch, Direktor der Verbindungsstelle Peru-Bolivien von Brot für die Welt, mit Sitz in Lima, analysiert die Lage der peruanischen NGOs.

Infostelle Peru: Wie steht es um die privaten ausländischen Hilfswerke in Peru ?

 

Christof Wünsch: Die Cooeci, der Dachverband der privaten ausländischen Hilfswerke in Peru, erstellt alle zwei Jahre einen Bericht zur Lage der Hilfswerke. Der letztjährige Bericht vermeldete einen Rückgang der Entwicklungshilfe-Gelder von 30% im Vergleich zum vorherigen Berichtsraum.    Das erklärt sich z.T. durch den Wegfall des grössten Hilfswerkes, CARE aus den USA, die sich als peruanische NGO eingeschrieben hat und deswegen aus unserer Statistik fällt. Aber auch Hilfswerke, die langjährige Schwerpunktprogramme in Peru hatten, wie die deutsche Welthungerhilfe, werden ab 2018 ihre Programmarbeit in Peru sehr stark kürzen.

Dazu kommt, dass die Gelder immer mehr themengebunden sind, z. Bsp.  nur für Klimawandel oder nur für Umweltschutz. Davon profitieren in gewisser Weise die peruanischen NGOs aus bestimmten Bereichen. Aber gerade die Menschenrechts-NGOs oder die klassischen Entwicklungs-NGOs haben immer mehr Schwierigkeiten, sich zu finanzieren.

 

Infostelle Peru: in Deutschland führen NGOs mit staatlichen Geldern  z.Bsp. soziale Dienstleistungen aus. Ist das in Peru nicht möglich ?

 

Christof Wünsch:  Dazu fehlt in Peru noch die entsprechende Gesetzgebung, damit ein privater Träger staatliche Aufgaben übernehmen kann. Brasilien und Chile sind an dieser  Stelle weiter. Peruanische NGOs können sich höchstens als Dienstleister auf bestimmte staatliche Ausschreibungen, z.Bp.  im Bereich Arbeitsbeschaffung oder ländliche Entwicklung bewerben. Ein ausführliches NGO-Gesetz in Peru kommt nicht von der Stelle, weil der politische Wille fehlt, zivilgesellschaftliche Organisationen in die Entwicklungsprozesse de Lande einzubinden.

 

Infostelle Peru: eine andere klassische Finanzierungsstrategie besteht in Mitgliederbeiträgen. Funktioniert dies nicht bei peruanischen NGOs ?

 

Christof Wünsch: Es ist sicher schwieriger als in Ländern mit einer grossen Mittelschicht. Aber es ist nicht unmöglich, wie das Beispiel des peruanischen Büros von amnesty international zeigt, die sich zu einem grossen Teil aus lokalen Fördermitgliedsbeiträgen finanzieren.

Eine andere Möglichkeit ist es, Dienstleistungen zu verkaufen, ein Sozialunternehmen zu betreiben, dessen Gewinne die Projektarbeit finanzieren. Einige NGOs sind da z.Bsp. mit Unternehmungen im Bereich Tourismus erfolgreich. Auch Medienprodukte könnten vermarktet werden. Oft hapert es an der Fähigkeit, die eigenen Produkte zu vermarkten. Dazu kommen ideologische Schwierigkeiten von manchen NGOs, die meinen, sie würden an ihrer Position Verrat begehen, wenn sie marktwirtschaftlich oder mit dem Staat zusammenarbeiten.

Eines aber ist klar: Eine Zukunft werden nur die NGOs haben, die neue Wege der Finanzierung beschreiten.

Infostelle Peru: Jetzt wo Peru zu den stabilen Ländern mit mittlerem Einkommen gehört: was ist da die Rolle der peruanischen NGOs ?

 

Christof Wünsch: viele NGOs haben aus den Augen verloren, was ihr Platz heute in der peruanischen Gesellschaft ist, welchen Mehrwert nur sie leisten können. Wie sie sich argumentativ und strategisch aufstellen können, um diese Funktion zu erfüllen. Stattdessen haben sich viele verzettelt,  machen alle Vorlieben der Geldgeber mit, um  Mittel zu erhalten und haben ihre eigene Richtung aus den Augen verloren.

Dabei ist es gerade in Peru ungemein wichtig, dass es Organisationen und Gruppen gibt, die die Definition von guter nachhaltiger Entwicklung nicht allein der Wirtschaft und dem Staat überlassen.

Das Interview führte Hildegard Willer in Lima