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Indigene Dorf-Chefinnen im Kommen

Nicht alle indigenen Dorfgemeinschaften werden von Frauen geleitet – aber doch einige bei den Yine im südlichen Amazonas-Regenwald Perus.

Bei der Volkszählung im Jahr 2012 waren gaben noch weniger als 2% der indigenen Dorfgemeinschaften eine Frau als Vertreterin an. In der Region Madre de Dios im südlichen Regenwald Perus hatten drei von 36 indigenen Dörfern eine Dorfchefin. In den Jahren 2017/2018 wurden es zehn Dörfer, die von Frauen vertreten werden.

In der Yine-Dorfgemeinschaft Isla de los Valles im Gebiet des Manú-Nationalparks sind es insgesamt gleich sechs Frauen, die im Dorfrat, der „junta directiva“ Verantwortung übernommen haben.

Stephany Cademillas vom Peru-weiten indigenen Frauennnetzwerk ONAMIAP (Organización Nacional de Mujeres Indígenas Andinas y Amazónicas del Peru) beschreibt, wie es dazu kommen konnte. Sie sieht, dass die Unterstützung durch eine Nichtregierungsorganisation wichtig war, die mit diesem Netzwerk (Anden und Regenwald) zusammenarbeitet. Dadurch wurden die Frauen in den lokalen Seminaren befähigt, eigene Fragen zu stellen: Was sind unsere eigenen Pläne als Familien im Dorf und zur Verteidigung des Regenwaldes?

Die Präsidentin von ONAMIAP, Marcela López, sieht einen Grund für die geringe Beteiligung indigener Frauen in ihrem Dorf in der übergroßen Belastung der häuslichen Arbeit, fehlende Unterstützung durch ihre Männer und Söhne und insgesamt in der machistischen Vorstellung, dass die Männer über den Frauen stehen. Für ONAMIAP ist es wichtig, dass die Frauen in „gemischten Gruppen“ mitreden und mitentscheiden können, nicht nur in eigenen Frauenkomitees.

Praxisnah befähigt, können sie jetzt mitentscheiden, weil sie ihre Rechte kennen und eigene Vorstellungen über den Erhalt des Regenwaldes und nachhaltige Nutzung haben.

Eine nachhaltige Nutzung schließt die Abholzung zum Beispiel für den illegalen Goldabbau mittels Quecksilber aus. Eine echte nachhaltige Nutzung ist dagegen das Sammeln und der Verkauf von Paranüssen, die ja nur im intakten Regenwald wachsen.

Die jetzige Dorfchefin von Isla de los Valles, Nancy Saavedra Lizardo (36 Jahre), berichtet: „Das Ganze war nicht einfach. Als ich 2017 gewählt wurde, wusste ich nicht, was die Aufgaben eines Dorfchefs waren. Deshalb habe ich mit den Dorfchefinnen von Mazenawa und Diamante gesprochen. Ich war bei den ersten Treffen sehr schweigsam. Es war auch so, dass wir Frauen bei solchen Seminaren dabei sind. Aber das war meistens in der Kommission „Essen kochen“. Das habe ich mit den Frauen besprochen. Wir haben dann abgeklärt, dass die Frauen, die kein Interesse an „so theoretischen Dingen“ hatten, sich mehr um den Küchendienst kümmern, damit die anderen aktiv am Seminar teilnehmen können. Anfangs sagte mein Mann auch, dass ich nicht zu solchen Treffen gehen soll, da würde ich andere Männer treffen und mich ändern… Aber er änderte sich, jetzt unterstützt er mich. Jetzt passt er zuhause auf unsere kleinen Kinder auf, wenn ich zu einem Treffen fahre. Jetzt sagt er: pass gut auf und bring das Beste von den Ideen mit.”

Externe Unterstützerinnen haben eine lange Reise, bis sie überhaupt ins Dorf der Yine gelangen: sie müssen früh morgens in der Regionalhauptstadt Puerto Maldonado im südlichen Regenwald Perus drei Stunden auf der Straße bis Puerto Carlos fahren, dann über den Fluss Inambari setzen, ein Fahrzeug in Puerto Punkiri Chico nehmen, damit eine Stunde auf einem Waldweg bis zur Siedlung Colorado fahren. Dort mit einem Boot sieben Stunden auf dem Fluss Madre de Dios fahren, bis Boca Manu und dann 15 Minuten auf einem Urwaldpfad bis zum Dorf laufen. All das sind Mindestzeiten, wenn alles klappt.

Heinz Schulze

(Aus www.gobernanzadelatierra.org.pe, 2018/08/21)