KLima-Reporteros: (Konferenz-)Tourismus als Klimakiller

Wäre der Tourismus ein Land, würde er im Ländervergleich der globalen Emission auf Platz fünf stehen. „Der größte Anteil am Emissionsausstoß entsteht durch die An- und Abreise. Besonders das Fliegen fällt dabei ins Gewicht“, stellt Annegret Zimmermann, Beraterin für verantwortlichen Tourismus des evangelischen Entwicklungsdienstes Brot für die Welt, fest.Der CO2- Ausstoß, der durch das Fliegen verursacht wird, treibt gemeinsam mit anderen freigesetzten Schadstoffen die Erderwärmung voran. Ein globales Phänomen mit lokalen Folgen, das oft auch der Tourismusbranche selbst schadet.

Grossinvestoren profitieren
Aber muss Tourismus zwangsläufig ein Klimakiller sein oder geht es auch anders? Gerade für Entwicklungs- und Schwellenländer entwickelt sich der Tourismus zu einem immer wichtigeren Wirtschaftszweig. Doch Teilhabe am Profit, der durch den Tourismus entsteht, „hat nur wer schon Geld hat“, meint Magdiel Carrion Pintado, Präsident der Bauerngemeinschaft von Yanta, Nahe bei Piura, Peru. Dabei sind es genau die Bauern und die einfache Bevölkerung, die unter dem Klimawandel leiden und auf neue Einnahmequellen angewiesen sind. Denn Regenfälle bleiben aus oder nehmen zu und zerstören so die Felder. Auf traditionell überlieferte Wetterregeln ist kein Verlass mehr.

In touristisch attraktiven Gegenden, wird landwirtschaftlich benutztes  Land  in der Regel für Hotelbauten durch Großinvestoren genutzt und der ansässigen Bevölkerung entzogen. „Es gibt jede Menge unterschriebene Verträge, die uns vor solchen Enteignungen schützen sollen, aber die Regierung hält sich nicht daran“, zieht Magdiel Carrion Pintados düster Bilanz. Weiter erklärt er: „Wenn wir uns wehren, werden wir als rückschrittlich oder sogar als Terroristen dargestellt“. Von Konferenzen wie der COP20 versprechen er und seine Gemeinschaft sich nichts. Zu oft wurden sie schon von leeren Versprechungen enttäuscht und um ihrer Rechte betrogen. „Vielleicht sind wir mit dieser Haltung zu hart, doch das ist das, was wir täglich erleben. Wir müssen mit der Umweltverschmutzung auch durch die Touristen leben und werden täglich neu mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert. Das ist unsere Realität“, verdeutlicht Magdiel Carrion Pintados die Situation der Einheimischen.

Ländlicher Tourismus, aber mit Ansprüchen

Der Versuch am Tourismus teilzuhaben, gestaltet sich als schwierig, da die Bauerngemeinschaft von Yanta nur wenig Unterstützung erhält. Trotzdem ist es ihnen gelungen, ein kleines Hostel „Aypate“ aufzubauen. Doch die Touristen sind anspruchsvoll. Warmes Wasser und W- Lan: Güter anzubieten, die für die einheimische Bevölkerung reiner Luxus sind, stellt die Gemeinschaft vor eine Herausforderung. So hat das Projekt es schwer, sich gegen die Konkurrenz der Großinvestoren durchzusetzen. Doch die Bauerngemeinschaft gibt nicht auf. Sie hofft ihr Projekt erweitern und so auch zu einem nachhaltigen Tourismus beitragen zu können.
Aber wie sieht nachhaltiger Tourismus überhaupt aus? „Ein nachhaltiger Tourist achtet darauf, was er tut“, erklärt Annegret Zimmermann. Das beginnt damit, dass er wenig fliegt und wenn geflogen wird, einen längeren Aufenthalt plant. Gleichzeitig stellt sich  die Frage nach Einhaltung der Menschenrechte an seinem Urlaubsort und bei den Angeboten, die er vor Ort nutzt. Weiter geht es mit der Nutzung von Ressourcen. Das fängt bei der Frage nach dem Swimmingpool in der Wüste an, geht über das Essen regionaler Produkte und hört beim Naturschutz auf. Vor allem bedeutet nachhaltiges Reisen  auch die Abkehr vom Massentourismus. Bis jetzt sind Angebote zu nachhaltigem Tourismus jedoch rar. Projekte wie das „Aypate“ gibt es wenige und Angebote zu nachhaltigem Reisen sucht man im Reisebüro vergebens. Hilfe bei der Suche nach nachhaltigen Angeboten bietet das Forum Anders Reisen, das einen eigenen Kriterienkatalog erstellt hat, nachdem es seine Reiseanbieter auswählt. Dennoch wird ein wirklich komplett nachhaltiges Reisen nicht möglich sein, so lange durch Anreisewege Emissionen entstehen.

Konferenztourismus

Und wie rechtfertigt die Tourismus-Kritikerin selber die CO2-Spur, die sie mit ihrer Anreise nach Lima hinterlässt ?

“Mir und all meinen Kolleginnen und Kollegen von Brot für die Welt ist schon bewusst, dass wir viel zu globalen Emissionen beitragen”, sagt Annegret Zimmermann, “aber, Brot für die Welt setzt sich für die ärmsten und marginalisiertesten Menschen der Welt ein, das heißt auch vielfach für die, die unter Klimawandel leiden, und versucht denen Stimme und Stärke zu geben”. Ausserdem würde das Hilfswerk alle seine Reisen mit Zahlungen in einen kircheneigenen Klimafonds kompensieren und damit Projekte von Partnern unterstützen.

 

Von KLima-Reporterin Sarah Glaisner. Sie ist weltwärts-Freiwillige der Erzdiözese Freiburg in Lima