„Die Fahrpläne in Deutschland haben mich überrascht“

Milena Medina und Wilson Bellota aus Peru haben 2017 – 2018 ein Freiwilligenjahr in Freiburg verbracht. Im Gespräch mit Jimi Merk erzählen sie von ihren Erfahrungen in Deutschland.

Woher kommt Ihr ?

Milena: Ich komme aus Ayacucho.

Wilson: Ich komme aus dem Bezirk Mi Peru, der früher zu Ventanilla gehört hat, in der Region Callao.

Welche Ausbildung habt Ihr in Peru gemacht?

Milena: Ich habe Psychologie studiert. Nach meiner Rückkehr muss ich jetzt noch ein Jahr studieren. Ich habe auch schon als Erzieherin im Kindergarten und auch als Freiwillige bei „Voluntades“ in Alters- und Kinderheimen gearbeitet.

Wilson: Ich habe Grundschullehrer an der UCH (Universidad Ciencias y Humanidades) in Los Olivos (Lima) studiert und war im 8. Semester. Nach der Pause durch das Freiwilligen-Jahr muss ich noch eineinhalb Semester studieren.

Wie habt Ihr von der Möglichkeit erfahren, in der Erzdiözese Freiburg ein Jahr als Freiwilliger zu arbeiten?

Milena: Es gab in Ayacucho eine Infostelle des Vamos-Programms, auch bei „Voluntades“ gab es Infos: mein Chef hat mich darauf hingewiesen.

Wilson: Es gab Werbung für das Vamos-Programm in meinem Stadtteil, dann habe ich im Internet nachgeschaut. Es gab ein Treffen für Interessierte aus Ventanilla und Mi Peru.

Was habt Ihr in Deutschland gemacht hat? Wo habt Ihr  gearbeitet?

Milena: Ich habe auf der Insel Reichenau als Erzieherin in einem Kindergarten gearbeitet.

Wilson: Ich habe im „Kindergarten der Kulturen“ in der Güterhallenstraße in Freiburg gearbeitet. Ich habe verschiedene Aktivitäten mit den Kindern gemacht, z.B. Basteln und Malen. Ich habe beim Sommerfest zusammen mit meinem Gastvater Puppentheater gespielt, die Handpuppen habe ich selber gebastelt.

Was war für Euch besonders schwer?

Milena: Das Erlernen der Sprache. Ich konnte kein Deutsch und hatte Angst. Ich habe mich dann aber beruhigt, weil ich in Peru und Deutschland einen Sprachkurs besuchen konnte.

Wilson: Die Sprache zu lernen war sehr schwer für mich.

Was war für Euch  besonders leicht?

Milena: Die Arbeit im Kindergarten mit den Kindern und den Kolleg*innen fiel mir leicht. Ich habe gelernt, wie man mit Kindern arbeitet und lernt. Es gibt große Unterschiede zwischen Peru und Deutschland bezüglich der Arbeit mit Kindern.

Wilson: Es fiel mir leicht, Beziehungen zu den Erzieherinnen und Erziehern aufzubauen.

Welche Befürchtungen hattet Ihr? Wo haben sie überhaupt nicht zugetroffen?

Milena: Meine Befürchtungen bezüglich der Sprache haben nicht zugetroffen.

Wilson: Ich kam mit einigen Befürchtungen, z. B. mit dem Klischee, dass die Leute in Deutschland unfreundlich sind. Das hat nicht gestimmt, ich habe keine schlechten Erfahrungen gemacht.

Was hat Euch überrascht in Deutschland?

Milena: Ich hatte Informationen (durch ein Video) über die Kultur in Deutschland. Ich hatte nicht erwartet, dass es hier so viel gegenseitige Hilfe gibt und dass die Leute so freundlich sind.

Wilson: Die Fahrpläne in Deutschland haben mich überrascht. Und dass die Züge (manchmal) pünktlich fahren.

Was habt Ihr in Deutschland gelernt?

Milena: Ich habe viele Ideen zur Bildung bekommen und etwas über die Selbständigkeit der Kinder gelernt. Hier lässt man z. B. die Kinder selber die Schuhe anziehen, wartet ab und hilft erst, wenn sie es nicht alleine schaffen. Das ist anders als in Peru.

Wilson: Die Pädagogik im Kindergarten: Da wurde nach der Reggio-Pädagogik, die aus Italien kommt, gearbeitet. Sie betont die Spiritualität, die Selbständigkeit der Kinder und das interkulturelle Lernen. Die Kinder und auch die Erzieher*innen in diesem Kindergarten kamen aus verschiedenen Kulturen.

Wie möchtet Ihr das Gelernte in Peru anwenden?

Milena: Ich möchte in Peru politisch arbeiten für die Bildung.

Wilson: Ich möchte eine Untersuchung über Reggio-Pädagogik in Peru machen. Außerdem arbeite ich bei Ludotecas mit: das sind Spielräume für Kinder, in denen sie ihre Persönlichkeit durch freies Spielen entwickeln sollen. Außerdem will ich Workshops über Umwelt- und Klimaschutz für eine nachhaltige Entwicklung machen.

Gibt es eine Geschichte, ein Ereignis, das Euch (positiv oder negativ) besonders in Erinnerung geblieben ist?

Milena: Ich bin mit meiner Gastfamilie in Urlaub gefahren und war verwundert, wie wenige Dinge wir mitgenommen haben und wie wenig man braucht.

Wilson: Die Seminare für die Freiwilligen waren sehr gut! Sie haben mir bei meiner Persönlichkeitsentwicklung („desarrollar a mi mismo“) geholfen, ich habe da viel über mich erfahren.

Die Fragen stellte Jimi Merk