Die tiefen Rohstoffpreise setzen die Umweltpolitik erst recht unter Druck. Die neue Regierung Perus hat dennoch einige Umweltvorhaben in ihrem PlanWährend des Wahlkampfes hiess es, Pedro Pablo Kuczynski (PPK) wolle das Umweltministerium ganz abschaffen. Diese Aussage nahm er später zurück, und César Ipenza, der Umweltexperte im Wahlkampfteam von PPK, bestätigte, dass davon keine Rede mehr sei. Vielmehr kristallisiere sich der Umweltplan der kommenden Regierung rund um das Thema Klimawandel. Besonderes Gewicht soll der Kampf gegen den illegalen Goldabbau bekommen. PPK sieht die Schaffung einer staatlichen Goldbank vor, d.h. der Staat kauft mit öffentlichen Mitteln das von Kleinmineuren geschürfte Gold etwas über dem Marktpreis auf. Damit soll der kriminelle Kreislauf des illegalen Goldschürfens und -handels unterbrochen werden. Zudem sollen neue Gesetze die Formalisierung der willigen Kleinmineure vereinfachen. Die Aussicht, faires oder sauberes Gold zertifizieren zu können, spielt dabei eine wichtige Rolle.
Ein anderer Vorschlag betrifft die Aufsicht über die Gewässerqualität. Die liegt bisher bei einer Behörde – Autoridad Nacional del Agua – die dem Landwirtschaftsministerium untergeordnet ist. Dies hat der Glaubwürdigkeit der ANA in der Bevölkerung eher geschadet, und die Reichweite eingeschränkt. Neu soll die Behörde nun unabhängig von einem Sektorministerium beim Präsidialamt angesiedelt werden.
César Ipenza vertrat die neue Regierungspartei Peruanos por el Kambio (PPK) an einer Podiumsdiskussion der Red de Globalización con Equidad (RedGe) zum Thema “Alternativen zum Extraktivismus” am 14. Juni in Lima. Die anderen Teilnehmer waren José de Echave (Frente Amplio de Izquierda), Maria Elena Foronda (gewählte Abgeordnete des Frente Amplio) und der uruguayische Umwelttheoretiker Eduardo Gudynas.
José de Echave, der zur ersten Regierungsmannschaft von Ollanta Humala im Jahr 2011 gehörte, wies denn auch auf den grössten Unterschied zwischen 2011 und 2016 hin: “Der Super-Zyklus der hohen Rohstoffpreise ist heute vorbei”. Dies bedeutet nun beiweilen nicht, dass weniger, sondern dass mehr Druckauf die Umwelt ausgeübt wird: “Die niedrigeren Preise werden mit mehr Fördervolumen ausgeglichen”. Das bedeutet, dass auf Teufel komm raus Kupfer, Blei , Zink abgebaut wird, um mit mehr Volumen auf die gleichen Einnahmen zu kommen. Ein verhängnisvoller Teufelskreis. Zudem in Peru die grossen Kupferabbauprojekte Toromocha, Las Bambas aber auch die Ausweitung von Cerro Verde oder Espinar erst vor kurzem angelaufen sind bzw. anlaufen werden.
Ein anderer Punkt betrifft die sozialen Konflikte: PPK setze, wie die bisherige Regierung Ollanta, auf den “adelanto social”, d.h. dass in die betroffenen Regionen vor dem Beginn eines Projektes bereits in Strassen, Elektrifizierung und Sozialprojekte investiert wird. Gerade diese Strategie, so José de Echave, funktioniere aber nicht. Die sozialen Konflikte rund um Bergbauvorhaben seien immer komplex und multidimensional.
Eduardo Gudynas schliesslich stellte 7 Punkte auf, die die Umweltpolitik in ganz Lateinamerika prägen:
- Die gefallenen Rohstoffpreise drängen die Länder dazu, die fehlenden Einnahmen mit mehr Fördervolumen auszugleichen. Der Druck auf die Umwelt wächst also erst recht
- In allen Ländern der Region findet eine Schwächung der Umweltinstitutionen statt, sowie eine Verwässerung der Umweltgutachten
- Der Fall Petrobras ist vielleicht der grössten Korruptionsfall im Extraktivsektor, aber beleibe nicht der einzige. In allen Ländern Lateinamerikas gibt es Korruption im Bergbau- und Erdölsektor, und zwar unabhängig davon, ob es rechte oder linke Regierungen sind.
- Die Problematik des informellen Goldabbaus wird noch zunehmen, zumal der Goldpreis wieder ansteigt. Der illegale und der legale Goldabbau führen zu solch grossen Problemen, dass man über ein Moratorium für Goldabbau nachdenken solle.
- Indigene Gemeinschaften und Bauerngemeinschaften sind am meisten betroffen von Abbauprojekten. Sie stellen in ihren Ländern aber zahlenmässig eine kleine Minderheit dar und sind deshalb wahltechnisch oft nicht relevant für die Regierungen.
- Es gibt keine einfachen Alternativen zum Extraktivismus, die Arbeitsplätze und Einkommen schaffen. Ansätze, darüber zu forschen, würden aber in vielen Ländern im Keim erstickt oder nicht gefördert.
- Ansätze, der Natur einen eigenen Wert und eigene Rechte zuzugestehen, führen in Lateinamerika noch ein Randdasein. Ein Umweltminister, zum Beispiel, müsse nicht auf die Märkte, sondern auf die Stimmen der Tiere und der Pflanzen hören.
Hildegard Willer