Der ehemalige Bürgermeister von Espinar und Umweltaktivist Oscar Mollohuanca wurde am 7. März 2022 tot aufgefunden. (© Andina/difusion)

Kurz gemeldet: April 2022

Aktuelle Kurznachrichten aus Peru

Trauer um Oscar Mollohuanca in Espinar

Der ehemalige Bürgermeister von Espinar, Oscar Mollohuanca, war bereits in den 80er und 90er Jahren ein wichtiger Aktivist gegen das Bergwerksunternehmen Tintaya, heute im Besitz des Schweizer Unternehmens Glencore. Oscar Mollohuanca  wurde 1999 zum ersten und zum zweiten Mal  2011 zum  Bürgermeister der Provinz Espinar  gewählt. 2014 kandidierte er erfolglos für das Amt des Regionalpräsidenten von Cusco auf der Liste von Tierra y Libertad.

Oscar Mollohuanca war immer ein sehr wichtiger Partner für die bergbaukritischen Organisationen in Peru und Europa und auch für die Informationsstelle Peru. Anlässlich intensiver Streiks gegen das Unternehmen Xtrata (heute mit Glencore fusioniert) in Espinar im Jahr 2012 schickte der damalige Präsident Ollanta Humala Polizisten in die Region. Dabei wurden  vier Streikende getötet . Daraufhin wurde Oscar Mollohuanca als „Anstifter“ verhaftet, in einem fragwürdigen Prozess verurteilt, später freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Widerspruch ein. Zum Zeitpunkt seines Todes wartete Mollohuanca auf die Gerichtsverhandlung.

Jetzt wurde er am 7. März 2022 ca. 300 Meter von seiner Wohnung entfernt, auf freiem Feld, tot aufgefunden. Nach Polizeiberichten wies er starke Verletzungen am Oberkörper auf. Die offizielle Version, dass er von einem Stier getötet worden sei, wird von vielen Bewohnern Espinars bestritten.

Oscar Mollohuanca wurde 61 Jahre alt. Zu seiner Beerdigung kamen tausende Menschen aus ganz Espinar, um ihm die letzte Ehre zu erweisen.

(Quellen: Servindi 30.4.20, La República 7.3.22, Cooper Acción 16. und 19.3., Servindi 22.und 3.4.22, gekürzte Übersetzung Heinz Schulze)

Ex-Präsident Fujimori soll vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden

Das peruanische Verfassungsgericht machte am 17.3.22 den Weg für die Freilassung von Ex-Diktator Alberto Fujimori frei. Dieser war zu einer Freiheitsstrafe von 25 Jahren verurteilt worden, als Verantwortlicher für Ermordungen u.a. von Studierenden, was ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist. Die Begnadigung Fujimoris durch Ex-Präsident Kuczinsky hatte das Verfassungsgericht aufgehoben. Nun wurde sie doch für rechtmäßig erklärt (siehe auch Artikel von Pilar Arroyo in diesem InfoPeru). Dieses skandalöse Urteil löste spontane Demonstrationen in verschiedenen Städten Perus aus. Außerdem erklärten unter anderem Regierungsvertreter, dieses Urteil vor den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte in Costa Rica zu bringen.

Dieser reagierte umgehend. Die Begründung: Das Urteil negiert in gravierender Form das Recht der Opfer auf Gerechtigkeit. Deshalb wurden die peruanische Regierung und die Justiz dringend aufgefordert, dieses Urteil nicht umzusetzen.

Weiter kritisiert dieser Gerichtshof die politische Instabilität in Peru. Der Anlass sind verschiedene Versuche, den amtierenden Präsidenten Castillo im Kongress mit einem Amtsenthebungsverfahren aus dem Amt zu entfernen. Das Gericht kritisiert, ein solcher Prozess müsse nach rechtsstaatlichen Prinzipien stattfinden.

Neuer Versuch der Amtsenthebung scheitert

Ein erneuter Versuch Präsident Castillo wegen „moralischer Unfähigkeit“ seines Amtes zu entheben, ist gescheitert (siehe auch Artikel von Pilar Arroyo in diesem InfoPeru). Der Antrag erhielt nur 55 statt der erforderlichen 87 Stimmen. Für den Antrag stimmten Fuerza Popular, Renovación Popular, Avanza País y un grupo de APP, Somos Perú, Podemos Perú, dagegen Perú Libre, Juntos por el Perú, Perú Democráticoeinige Abgeordnete von Alianza para el Progreso (APP) und die Mehrheit von Somos Perú y el Partido Morado.

https://larepublica.pe/politica/2022/03/29/congreso-el-segundo-intento-de-vacancia-que-termina-fracasando-pedro-castillo/

Der Rat der Shipibo-Konibo verjüngt sich

Demer Gonzales wurde am 27.3.22 in einer großen Versammlung mit ca. 2000 Personen zum Jefe máximo – Apu Koshi des Rats der Shipibo-Konibo-Xetebo gewählt.

Er ist ein jüngerer Rechtsanwalt und Experte für Politische Wissenschaften und gewann die Wahl mit seinem Konzept: Jugend und Erfahrung. Bemerkenswert ist, dass der frühere Präsident des indigenen Dachverbands AIDESEP, Lizardo Cauper P. nur auf den vierten Platz kam. Eine Vizepräsidentin wurde Liliana Gómez Agustin.

Dieser Kongress war auch deshalb wichtig, um den Prozess hin zu einer Selbstverwaltung der Shipibo zu erreichen, um so eine bessere Kontrolle über das indigene Territorium zu erreichen und besser gegen die Ausbeutung an Natur und Spiritualität vorgehen zu können. Für dieses wichtige Vorhaben sollen junge, professionelle Indigene wie Rechtsanwalt Demer Gonzales und die weisen Frauen und Männer zusammenarbeiten.

Das kann ein weiteres positives Beispiel, neben der Organisation der Awajún sein, um sich mehr „auf Augenhöhe“ gegenüber der peruanischen Regierung, Unternehmen  und internationalen Organisationen zu behaupten.

https://www.servindi.org/actualidad-noticias/28/03/2022/pueblo-shipibo-elige-demer-gonzales-como-apu-koshi-de-coshikox

Zehn Jahre „Consulta previa“

Mehr als 10 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Vorab-Konsultation (Consulta previa) trafen sich Vertreter*innen des Kulturministeriums und der Internationale Arbeitsorganisation (ILO), um die Fortschritte bei der Umsetzung zu bewerten. Das Ministerium berichtete über Fortschritte in 69 durchgeführten Konsultationsverfahren, von denen die meisten Bergbauprojekte (30) betrafen, gefolgt von Projekten mit fossilen Brennstoffen (11).

Außerdem wurden 992 Vereinbarungen unterzeichnet, von denen 63,5% erfüllt wurden. Zu diesen Vereinbarungen gehört die Einrichtung eines Umweltüberwachungsausschusses mit Vertretern der indigenen Völker für das Projekt der Amazonas-Wasserstraße. 30 Normen, Leitfäden und andere Dokumenten zur Vorab-Konsultation seien in spanischer und in indigenen Sprachen herausgegeben worden.

Der Vertreter der ILO wies darauf hin, dass Peru sowohl in Bezug auf die Vorschriften als auch auf die Gesetzgebung als Referenz in der Region gilt. Allerdings müsse die Qualität der Verfahren verbessert werden.

Die Vizeministerin versicherte, die Regierung werde weiter die Einhaltung der ILO-Konvention 169 zur Vorab-Konsultation gewährleisten.

https://www.servindi.org/actualidad-noticias/02/04/2022/mincul-y-oit-renuevan-compromiso-por-la-consulta-previa

….. und dennoch will das Verfassungsgericht die Vorab-Konsultation kippen

Trotz positiver Bilanz des zuständigen Kulturministeriums und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) , hat das peruanische Verfassunsgericht in einem Urteil vom März 2022 gekippt. Ihr Argument: die Vorab-Konsultation sei nicht Bestandteil der peruanischen Verfassung. Dies, obwohl Peru die international verbindliche ILO-Konvention 169 ratifiziert und damit in nationales Recht übernommen hat.

Das ist ein schreckliches Urteil für die indigenen Völker und Mitwelt in Peru. Bei den Besitzern von Unternehmen die ihren – kurzfristigen – Gewinn aus der Ausbeutung von Rohstoffen beziehen, haben sicherlich die Sektkorken geknallt.

Anlass für die Entscheidung des Verfassungsgerichts, war eine Klage von Aimara-Dorfgemeinschaften aus dem  Departament Puno gegen das Bergbauministerium, weil dieses eine Konzession für eine Zementfabrik erteilt hatte , ohne die vorgeschriebene Vorab-Konsultation mit aktiver Information und Beteiligung der betroffenen Dorfgemeinschaften durchzuführen.

Die staatliche Ombudsstelle protestierte umgehend gegen das Urteil und kündigte an, den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte in Costa Rica anzurufen. Das Urteil des Verfassungsgerichts verstosse gegen die politische Verfassung und gegen internationale Abkommen

Auch die Vertretung indigener Organisationen im Regenwald, AIDESEP,  kritisierte dieses Urteil. Das Urteil entziehe den indigenen Völkern ein fundamentales Instrument für den Zugang zum Rechtssystem, um ihre Rechte zu verteidigen. Das Verfassungsgericht zeige damit auch nach 200 Jahren der Republikgründung den weiter existierenden Rassismus gegen indigene Völker.

Die Juristin Rocio Meza (IDL-Instituto de Defensa Legal) begrüßt ein anderes Urteil: das Provinzgericht von Utcubamba (Region Amazonas) stoppte die Aktivitäten der kanadischen Bergbaufirma Afrodita-Polveron, weil diese nicht der Forderung der Organisation der Awajun (Cenepa, Cordillera del Condor) nachgekommen ist, einen Prozess der Vorab-Konsultation durch zu führen.

Rocio Meza erklärte, dass dieses Gericht ein positives Vorgehen aufzeige, um indigenen Völkern Gerechtigkeit zu verschaffen, trotz des Urteils des Verfassungsgerichts.

(Quellen: Defensoria Peru, März 22, Aidesep.org.pe; noticiasd/pronunciaminetos, März 2022, Servindi u.a. 29.3.22, acutalidadambiental.pe, 24.3.22 u.a.)

Zwei neue Ämter für Kardinal Barreto 

Kardinal Pedro Barreto, Erzbischof von Huancayo, wurde zum Großkanzler der Katholischen Universität PUCP ernannt. Die Amtsdauer beträgt drei Jahre. Außerdem wurde Kardinal Barreto für vier Jahre zum Vorsitzenden der Kirchenkonferenz für Amazonien (Conferencia Eclesial de la Amazonía – CEAMA) gewählt.

Peruanerin ist Präsidentin der Interamerikanischen Menschrechtskommission

Julissa Mantilla Falcón (Peru) ist zur Vorsitzenden der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch!

Die peruanische Juristin wurde am 7.3.2022 zur Vorsitzenden des CIDH für die Jahre 2022-2033 gewählt. Die CIDH ist ein Organ der Organisation Amerikanischer Staaten  OAS. Mantilla studierte u.a. an der kath. Universität Perus, u.a. mit einem Diplom in Genderfragen und an der London School of Economics (London) mit dem Schwerpunkt Menschenrechte. Sie war unter anderem im peruanischen Büro des Menschenrechtsbeauftragten tätig und aktiv in der Wahrheits-und Versöhnungskommission sowie bei der Nichtregierungsorganisation ONU Mujeres..

Es kann sein, dass sie demnächst viel mit „Peru“ zu tun hat, nachdem das peruanische Verfassungsgericht die sog. Vorab-Konsultation als wirkungslos und zudem die vorzeitige Haftentlassung des Ex-Diktators Fujimori beschlossen hat.

Die peruanische Juristin Julissa Mantilla ist Vorsitzende der Interamerikanischen Menschenrechtskommission. Foto: Andina/Twitter

Weltweite Nachfrage nach Gold fordert weiteres Todesopfer

Der weltweite Goldhunger ist schuld daran, dass erneut ein Umweltschützer in Peru ermordet wurde. Juan Fernandez Hanco wurde im März 2022 durch zwei Kugeln eines  Killerkommandos der illegalen Goldgräbermafia erschossen. Hanco war der Bruder des Koordinators des Nationalparks Tambopata im südlichen Regenwald Perus, in der Region Madre de Dios.

Dabei hatte die Regierung dieses Gebiet wegen andauernder Konflikte zum Notstandsgebiet erklärt. Warum es dennoch zum Mord kommen konnte, erklärt der Bruder des ermordeten, Germán Fernández: „Es gibt Poliizisten hier, aber die machen nichts“. Das katholische Vikariat  von Puerto Maldonado kritisierte erneut die Untätigkeit der Polizei.

Die Zunahme der Umweltzerstörung durch den illegalen Goldabbau ist bedrückend. Obwohl 2019 Polizei und Militär die illegalen Goldschürfer aus der Pufferzone des Naturschutzgebietes vertrieben haben, hat die folgende Corona-Pandemie als Treiber von zwei Seiten funktioniert: einerseits gab es wegen der Lockdowns kaum noch Polizeikontrollen. Zum anderen stieg der weltweite Goldpreis und damit der Anreiz, trotz Verbot wieder in der Zone zu schürfen.

zusammengestellt von Heinz Schulze und Annette Brox