© Andina Agencia Peruana de Noticias

Flughafenprojekt in Cusco weiterhin umstritten

Kritikpunkte gibt es viele, Kritiker*innen sind jedoch spärlich gesät: Die Mehrheit der Bevölkerung sowie die Stadt- und Regionalregierungen unterstützen den Flughafenbau in Chincheros. Obwohl keine umfassenden Studien zur Beeinträchtigung von nationalem Kulturerbe sowie des regionalen Wassersystems vorliegen. Eine kleine Vereinigung kämpft allein auf weiter Flur für die Verteidigung ihrer Grundrechte.

Das Flughafenprojekt in der Kleinstadt Chincheros, 25 Kilometer nordwestlich von Cusco, ist schon seit Jahren Anlass für Diskussionen (InfoPeru berichtete). Ein Teil der Bevölkerung ist für den Bau, da er Arbeitsplätze und Einkommen verspricht. Die Stadt- und Regionalregierungen haben ebenfalls großes Interesse an der Umsetzung bzw. Fertigstellung, da sie sich Prestige und wirtschaftliche Vorteile erhoffen, unter anderem durch eine Intensivierung des Tourismus.

Eine kleine Gruppe, sozusagen die Gallier von Cusco, leistet jedoch Widerstand und fordert, dass beim Bau zwei Dinge garantiert werden: der Erhalt des Kulturerbes – unter anderem Inka-Straßen – und der Schutz des örtlichen hydrologischen Systems, das immerhin fast die Hälfte der Trinkwasserversorgung von Cusco garantiert. Besonders, weil die Stadt seit Jahren mit Wasserknappheit zu kämpfen hat – und zwar vor allem deshalb, weil die Laguna Piuray immer mehr austrocknet. Dieselbe Lagune, die sich in nächster Nähe des geplanten Flughafens befindet – ist weniger als einen Kilometer weit entfernt.

Die Abhebe- und Abflugroute des Großflughafens soll über das Valle Sagrado und über den Archäologiepark von Ollantaytambo führen, die zum nationalen Kulturerbe gehören. Die Auswirkungen der Vibration auf die geologischen Begebenheiten sind jedoch genauso wenig untersucht worden wie andere mögliche Beeinträchtigungen.

Dies hat der „Verein zum Schutz des kulturellen Erbes und der Gewässer von Chincheros“ (Asociación por la defensa del patrimonio cultural y el agua de Chincheros) zu einem drastischen Schritt bewegt: Er hat nicht nur das Verkehrsministerium verklagt, sondern auch das Unternehmen, das für den Flughafenbau zuständig ist und eigentlich umfassende Umwelt- sowie Machbarkeitsstudien durchführen müsste. Die vorgelegten Studien berücksichtigen jedoch weder das Bevölkerungswachstum noch die Frage, woher der Flughafen Chincheros sein Wasser beziehen wird.

Das heißt: Es ist unmöglich, realistisch einzuschätzen, inwiefern das lokale und regionale Wassersystem durch den Bau und Betrieb des Flughafens beeinträchtigt werden könnte. „Es wurde nur eine sehr lokale Studie auf dem zukünftigen Gelände durchgeführt“, sagt Ramiro Llatas, der Anwalt der Asociación, der auch in seinem Sektor allein auf weiter Flur steht: Selbst die Anwaltskammer von Cusco befürwortet das Projekt. „Im Einzugsgebiet gibt es insgesamt vier Wasserbecken, und nur eins davon wurde bei der Analyse in Betracht gezogen. Dies alles haben wir dem Richter vor Augen geführt, schließlich fordert das Gesetz eine umfassende Studie, welche mögliche Auswirkungen auf die Gewässer, umliegende Flüsse und die Wassernutzung durch Dritte berücksichtigt.“ Dazu kommen Feuchtgebiete in der Umgebung, die trockengelegt werden könnten.

Doch obwohl Einschätzungen von Expert*innen vorliegen, die vor den Auswirkungen auf das hydrogeologische System warnen, war dem Gericht alles zu wenig konkret, so dass die Klage abgewiesen bzw. für unbegründet erklärt wurde. Es werden detaillierte und gut belegte Beweise gefordert, inwiefern der Flughafenbau und -betrieb zu Schäden führen wird. Und genau diese detaillierten und gut belegten Beweise kann die Asociación nicht leisten, weil eine so umfassende Studie mit hohen Kosten verbunden ist. Ganz abgesehen davon, dass es nicht in der Verantwortung der Zivilbevölkerung liegt, eine solche Abklärung durchzuführen. Trotzdem erhob die Asociación Einspruch und wartet nun auf das Urteil in zweiter Instanz.

„Wir sind der Meinung, dass Prävention notwendig ist und man nicht erst handeln soll, wenn die Katastrohe bereits eingetreten ist“, so Llatas. „Denn es gibt eine begründete Vermutung, dass eine unmittelbare Gefahr besteht, die ein Grundrecht beeinträchtigen könnte – nämlich die Wasserversorgung der Bevölkerung.“ Schließlich liegt die Hochebene von Chincheros auf einer unterhöhlten Kalksteinformation mit einem riesigen unterirdischen Wasserreservoir. Geolog*innen warnen, dass die Erdbewegungen und die Landungen der schweren Flugzeuge zum Einbruch des Höhlensystems und zu trichterförmigen Riesensenken führen dürften.

Kurzsichtigkeit kann der ganzen Region zum Verhängnis werden

Das Hauptargument für den Flughafenbau ist die Unabhängigkeit der Touristenstadt Cusco von Lima und dessen internationalem Flughafen. Doch laut Llatas ist nicht klar, ob die geographischen Gegebenheiten von Chincheros – zum Beispiel die Höhenlage und die starken Winde – das Landen von großen Flugzeugen überhaupt gestatten. Auch dazu liegen keine Studien vor.

Nun ist der Bau zwar bereits fortgeschritten, doch laut der Asociación wäre es immer noch möglich, die bereits angerichteten Schäden wieder rückgängig zu machen und Schlimmeres zu verhindern. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und gegen die Kurzsichtigkeit von Amtsträger*innen sowie einem Großteil der Zivilbevölkerung, der die angeblichen Vorteile des Projekts schmackhaft gemacht wurden. Zum Beispiel den Bewohner*innen der umliegenden Gemeinden, die ihr Land zu einem guten Preis verkaufen konnten. „Ich kann mich nur an eine einzige Gemeindevorsteherin erinnern, die gegen das Projekt war“, sagt Llatas. „Und sie erhielt in Folge ihrer Kritik Drohungen, wurde unter Druck gesetzt und wurde beinah aus der Gemeinde ausgeschlossen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert