Peru ist Weltmeister im Koka-Anbau

Vor den spürbaren wirtschaftlichen, politischen, sozialen und umweltmäßigen Auswirkungen der „Kokainwirtschaft“ sollten Peru-Interessierte und in der Partnerschaftsarbeit Engagierten die Augen nicht verschließen. Mit diesem Artikel wollen wir aufzeigen, warum das so ist.

Peru und Bolivien wechseln sich immer ab, wer der „Weltmeister“ in der Produktion der Coca-blätter ist, die die Basis für die Herstellung von Kokain sind: 2013 ist das Peru.

Notwendig ist es, gleich zu Beginn mit der falschen Meinung über die Cocapflanze auf zu räumen.

Die Cocablätter sind seit über tausend Jahre ein wichtiger Begleiter der andinen Bevölkerung. Die „Mama Coca“ ist dort ein wichtiger Teil im kulturellen und sozialen Leben und ist keine abhängig machende Droge. Sie gibt den „cocakauenden“ Menschen wichtige Vitamine und Mineralstoffe. 100 Gramm gekaute Cocablätter decken den Tagesbedarf an Kalzium, Eisen, Phosphor und den Vitaminen A, B6, B 12, C und E (Harward-Universität 1976). Die Cocablätter vermindern das Kälte- und Hungergefühl und Touristen hilft  der Cocatee, die Höhe besser zu vertragen. Proble-matisch wird es, wenn Cocablätter „anstatt“ Nahrung genommen werden. Unser Körper kann aus den Blättern kein Kokain produzieren, wohl aber das Alkaloid Ekgonin.

Die Umwandlung zum Kokain geschieht durch einen chemischen Prozess. In aller Kürze dazu: Die getrockneten Blätter werden mit Flugzeugbenzin, Schwefelsäure, Aceton, Tuol etc. bearbeitet. Erst dadurch entsteht zuerst die „pasta basica“ und dann das Kokain. Dazu ist schon viel informiert worden, auch in Broschüren der Informationsstelle Peru e.V.

Weiter muss das Thema Kokain in den globalen Zusammenhang gestellt werden. Wir beschränken uns hier auf Peru. Dafür ist aber auch die Information einer hochkarätigen Kommission „Krieg den Drogen – Comisión Global de Politicas de Drogas“ von 2011 (www.globalcommissionondrugs.org) wichtig. Zu dieser Kommission gehörten Personen, die nicht einer Pro-Drogen-Richtung zugeordnet werden können wie der Ex-Präsident von Mexiko, Kofi Anan, Javier Solano (EU), Ruth Dreifuss (Schweizer Politikerin) Marion Caspers-Merk (BRD, ehemalige parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium), Georg P. Shulz (ehem. US-Außenminister unter Reagan) etc. Warum ist deren Analyse und daraus folgende Empfehlungen so interessant?

Sie stellen u.a. fest: Der 50jährige Krieg gegen die Drogen ist gescheitert, mit schlimmen Folgen für Personen und Gesellschaft… Es müssen dringend Reformen stattfinden…. Repression gegen Drogenkonsumenten ist kein wirksames Mittel…. Die Ausgaben zur Eindämmung des Angebots sind so nicht mehr zu rechtfertigen. .. Politische Kampagnen und einfache Aussagen wie: “Null Toleranz“ oder „Einfach Nein Sagen“ sind unsinnig… Der Satz: „ Cocablätter müssen als Substanz aus denen Drogen hergestellt werden können“ muss aus  dem Verbotskatalog herausgenommen werden…..Weitere Empfehlungen sind: Die betroffenen Regierungen müssen Modelle zur Legalisierung von Drogen entwickeln (speziell für Marihuana), um die kriminelle Macht der Drogenmafia zu brechen… Der Maßstab für eine effektive Drogenbekämpfung ist immer noch falsch: die Vernichtung von Coca-Pflanzen in einer Region bringt mit sich, dass sie an anderer Stelle angepflanzt werden, solange soviel Geld damit zu verdienen ist… Das Drogenproblem eignet sich nicht für theoretische oder intellektuelle Spitzfindigkeiten, sondern ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit.

An diesen Empfehlungen soll sich auch die Anti-Drogen-Politik in Peru messen lassen, sowie die im Kontext dieser Politik tätigen Einrichtungen der  entwicklungspolitischen Zusammenarbeit.

Narcoterrorismus – Drogenterrorismus

Für Peru speziell ist auch  das Thema: „Narcoterrorismus“, also die Bedeutung von „Resten“ des Leuchtenden Pfads im Drogengeschäft wichtig.  Auch hierzu nur kurz eine Reflexion von Antonio Zapata (peruanischer Politologe):

Im Gebiet des VRAEM (Valle de los Rios Apurimac, Ene y Mantaro)Täler der Flüsse Apurimac, Ene und Mantaro) sind diese „Narcoterroristen“ aktiv. Im Gegensatz zur Guerilla FARC in Kolumbien, die als „Drogenterroristen“ bezeichnet werden können, sollte man das in Peru nicht tun. Der „Leuchtende Pfad“ unter seinem Präsidenten Abimal Gúzman wollte die Macht in Peru übernehmen und die Einnahmen aus den Drogengeschäften dienten ihnen zur Finanzierung und Waffenkauf. Die aktuellen „Sendero-Militärchefs“ wollen „nur das Gebiet VRAEM befreien“, in dem Sinne, dass sie die illegale Kokainwirtschaft vor dem Staat schützen, hauptsächlich die Cocabauern vor der Vernichtung ihrer Pflanzen. Dafür erheben sie „Abgaben“ zur Finanzierung ihrer Aktivitäten und ihres Lebens. Von Narco/Drogen-Terroristen zu sprechen gilt als  nicht richtig. Übrigens: die aktuelle Nummer Drei der Sendero-Trupps dort ist die „Kameradin Olga“, Tarcela Loya V. (45 Jahre), eine ehemalige Lehrerin und zuständig für die „Ausbildung“ ihrer Kindersoldaten. Deren „Abschluss-Prüfung“ bestand darin, gefangen genommene Polizisten mit Kopfschuss zu ermorden. Soweit dazu.

(Eine generelle Anmerkung: Die Informationen in diesem Beitrag stammen aus peruanischen Zeitungen, von La Republica, Comercio bis Carteas, von internationalen Fachmedien, aus Verlautbarungen der peruanischen Regierung, und lokalen Bezugspersonen. Aus Gründen der Lesbarkeit wird nur in Ausnahmefällen die genaue Quelle zitiert).

Die wirtschaftliche Bedeutung:

In Peru sind die Hauptanbaugebiete für Cocapflanzungen (und Verarbeitung zum Kokain bzw. der Vorstufe der „pasta básica) – von Norden nach Süden: Die Amazonasregion, die nördlichen Regionen von Cajamarca, Alto Huallaga, zentraler Regenwald an den Flüssen Ene und Pangoa, die Region Ayacucho und Apurimac – VRAEM – und im südlichen Regenwald im Dept. Puno. Eine Sonderstellung ist die Region Cajamarca. In Teilen der Provinzen Celedin, Chota, Cajabamba, San Marcos, San Ignacio und Jaen wird Heroin hergestellt, in Teilen von Bambamarca (nördliche Anden) Marihuana. Dabei spielen einige „rondas campesinas“ (Bauernwehren) eine mitwirkende passive Rolle, als Vorwarner vor Polizeikontrollen.

Die veröffentlichen Zahlen sind Schätzungen, ungenau und widersprüchlich. Deshalb beschränken wir uns auf einige Beispiele, um die Dimension verständlicher zu machen.

Aus Peru werden pro Jahr ca. 320 Tonnen Kokain exportiert. Experten gehen von einem Marktwert  von ca. 160 Milliarden Dollar aus, nicht eingerechnet die Einnahmen aus der „pasta basica“ (des noch nicht reinen Kokains). Ein Indiz für die wirtschaftliche Bedeutung sind z.B. die Drogen-Flugpisten im Regenwald. Allein von Januar bis September 2013 zerstörten Antidrogeneinheiten 40 solcher Pisten im südlichen Regenwald, in der Nähe zu Bolivien. Die Ausleihe eines Kleinflugzeugs aus Bolivien kostet ca. 60.000 Dollar, die Piloten kassieren 20.000 Dollar für einen Flug von Bolivien (Cochabamba-Peru und zurück), eine Flugzeugladung bringt den „Finanziers“ bis zu 300.000 Dollar. Pro Monat gibt es alleine im Gebiet des südlichen Regenwaldes ca. 14 Flüge im Monat. Das Geschäft kontrollieren 18 Clans dort. (Caretas, inforegion, 8.8.13)

Politischer Einfluss:

Bekannt wird auch hier nur die „Spitze des Eisberges“, weil die Betroffenen alles daran setzen, nicht bekannt zu werden. Auch hier sollen einige Beispiele die Dimension aufzeigen:

–        Drogenhändler–Rechtsanwalt und die APRA:

Manuel Huamán Montenegro wurde in der Zeit von Präsident Garcia (APRIA) in eine hochrangige Kommission berufen, die mit großen Drogenbossen “Konditionen“ zur Haftentlassung aushandeln sollte. Hier wurde der Bock zum Gärtner gemacht, denn Herr Huamán war  1999 selbst  zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt worden,  weil er in die Drogengeschäfte der Gang „Los Nortenos“ involviert war, welche  Tonnen von Kokain nach Mexiko verkaufte.  Herr Huamán war z.B. Mittelsmann beim Kauf einer Hazienda im nördlichen Departement Lambayeque, in der ca. 2.500 Kilo Kokain hergestellt wurde. Nach seiner Freilassung nach 4 Jahren (wegen guter Kontakte) wurde er Teil der o.g. Kommission. Im Jahr 2013 wurde in den Medien mitgeteilt, dass dadurch ca. 40 Drogengrößen „begnadigt“ wurden.

–  Nancy Obregon

Nancy Obregon und 34 Personen ihrer Großfamilie wurden im August 2013 verhaftet  wegen  Drogengeschäften und Unterstützung des „Leuchtenden Pfad“. Sie war Nationalabgeordnete der aktuellen Regierung von Präsident Humala.

–        Walter Acha (Partido Nacionalista)

Er plant über eine „Cocapartei“ eine gute Anzahl von Abgeordneten ins peruanische Parlament zu bringen. Er hat u.a. gute Verbindungen zum Drogenboss Nelson Palomino.   Beim Weltforum der Drogenproduzenten 2009 in Barcelona erklärte er, dem Beispiel Boliviens folgen zu wollen und im Jahre 2016 mindestens 20 „Coca-Abgeordnete“ ins Parlament zu bringen. Er sagt auch ganz offen, dass seine Organisation „Nationale Vereinigung der Landwirte in den Cocaanbaugebieten Perus“ Cocablätter auch an die Kokainhersteller verkaufe, weil diese bessere Preise als die staatliche Ankaufsstelle Enaco zahlen würden. (Comercio 16.8.13)

–        Der Fall von Kenji Fujimori

Der Sohn des Expräsidenten Fujimori ist u.a. Besitzer der Firma „Logistica Integral Maritima Andina –  Limasa“, und möglicher Präsidentschaftskandidat in Nachfolge seines inhaftierten Vaters für 2016. In den Lagerhallen von Limasa, im Hafen von Callao, wurden ca. 150 Kilo Kokain gefunden.   Das gab zunächst einige Schlagzeilen, dann Ruhe. Der Politikexperte Juan Shepa und der Jurist Carlos Rivera meinen, dass das politischen De-Facto-Allianzen zwischen der APRA und der Fujimoripartei und ihrem Einfluss auf Ermittler und Richter geschuldet ist. (27.8.13, blog)

Aus den Berichten der staatlichen Beauftragten für Geldwäsche und Drogengeschäfte, Dr. Sofia Medina und Julia Principe, Expertinnen für diesen Bereich, wird deutlich: Gegen fünf Nationalabgeordnete, drei Regionalpräsidenten und 11 Bürgermeister laufen Untersuchungen wegen Geldwäsche und Drogengeschäfte. Einer ist der Regionalpräsident von Huanuco, Luis Pincon. Dessen Rechtsanwalt Josue Guitérrez und Verwalter seiner Geschäfte ist aktuell Parlamentsabgeordneter. Bei Herrn Pincon sind ca. 4 Millionen Dollar im Spiel und seine Familien-mitglieder haben Verbindungen mit Jhon Shanon, der angeklagt ist, weil er zum Drogenkartell „Tio Abraham“ gehört. Ein anderer ist der Regionalpräsident von Ayacucho, Wilfredo Osconna, gegen den inzwischen 5 Prozesse laufen und der von Ancash (Cesar Alvarez). Der  Parlamentsabgeord-neten Maria Lopez C. (Fujimori-Partei) wurde nachgewiesen, dass sie mindestens 100.000 Dollar gewaschen hat und sieben Fischfangschiffe im Wert von 400.000 Dollar gekauft hat (Caretas u.a. 5.9.13). Zu den angeklagten Bürgermeistern gehören z.B. der wegen Veruntreuung suspendierte Bürgermeister der Provinz Satipo, Cesar Merino (zentraler Regenwald, Fujimori-Liste), die von Aucayacu, Madelen Cloud, und von Puerto Pizarro Tocache Adelardo Payano.

Kokainproduktion und Umweltprobleme:

Wenn in den Becken zur Verarbeitung der Cocablätter zum Kokain all die o.g. Chemikalien eingesetzt werden, und diese ganze  „Soße“ in den Boden im Regenwald gekippt wird, braucht zum Problem der Umweltzerstörung nicht mehr viel gesagt werden. Es wird geschätzt, dass über 10.000 solcher „Becken“ in Betrieb sind.

Ein Beispiel: Manu

Im „Mutter Gottes Gebiet“ (Region Madre de Dios, südlicher Regenwald) liegt das auch bei Touristen beliebte artenreiche Naturschutzgebiet, der Manu Nationalpark  Der Anteil an Chemikalien,  die zur Kokainherstellung benutzt werden, sind in den dortigen Bächen und Flüssen verstärkt nachgewiesen worden.

Soziale Auswirkungen der Drogenwirtschaft

Die negativen Auswirkungen der illegalen Drogengeschäfte mit den Begleiterscheinungen wie   Schutzgelderpressung, Vertreibung, Menschenhandel und Prostitution sind aus ganz Lateinamerika bekannt. Extra zu nennen sind die „privaten Sicherheitsdienste“, die, oft mit ehemaligen Polizisten und Militärs, wie z.B. dem ehemaligen Antidrogen-Polizeichef von Ayacucho, in dessen Amtszeit 45 Kilo Kokain verschwanden und später als normales „Salz“  auftauchten. Sie üben Druck auf Richter und Staatsanwälte aus, damit Verfahren verschleppt  oder Freisprüche erlassen werden. Die „Sicherheitsdienste“  hören Telefonate ab, nützen die so erhaltenen Informationen zur Erpressung oder geben sie bei Gegnern an die Polizei weiter. In den so besetzten Gebieten ist ein normales Leben und sinnvolle Projektarbeit kaum möglich.

Die staatliche Kommission für Entwicklung und ein Leben ohne Drogen (DEVIDA) stellt fest, dass von 2009 auf 2012 der Gebrauch der pasta basica (die mit vielen Chemieresten höchst giftige „billige“ Vorstufe des Kokains) bei Jugendlichen in den Regionen Ancash, Ayacucho, Cusco oder Tacna um 100%  zugenommen hat. Drogenabhängige Jugendliche werden zur notwendigen Geldbeschaffung kriminell und die peruanischen Gefängnisse haben mit Sozialprogrammen überhaupt nichts zu tun. Drogenkonsum ist in Peru nicht strafbar aber der Handel.

Der „Kampf gegen die Drogen – die Einbeziehung von entwicklungspolitischer Zusammenarbeit – und mögliche Alternativen:

Wir erinnern uns, was zu Beginn bzgl. der Kommission „Krieg den Drogen“ gesagt wurde: Die bisherigen Formen des Kriegs gegen die Drogen sind gescheitert. Die peruanische Regierung (zusammen mit den nordamerikanischen Drogenbekämpfern – DEA  etc. ) setzen weiter auf Vernichtung und bieten nur niederschwellige Alternativen an. Ein Blick in die peruanischen Zeitungen und Regierungsverlautbarungen in der Zeit vom 1.8.-30.9.1993 zeigt, wo es langgeht:

30 Tonnen Cocablätter, bereit zur Verarbeitung, wurden vernichtet… In der Provinz Monzón zerstörte die Polizei 9 rustikale Drogenlabore… und in der Region Ayacucho zerstörte die  Polizei 202 Becken zur Kokainherstellung. ..und so weiter… Und fast täglich heißt es: Im Flughafen von Puerto Maldondo oder Cusco wurden Personen mit mal 5, mal 50 Kilo Kokain festgenommen …Wenn es  um größere Kontingente von 100 bis 1000 Kilo geht, wird das eher nicht beschlagnahmt…Polizei beschlagnahmt 800 Kilo Kalziumoxid in Aucayacu, notwendig für die Kokainproduktion… Bis Ende September wurden 17.000 Hektar Cocafelder zerstört, für das Jahr 2013 sind 22.000 Hektar vorgesehen. Eine Konsequenz aus der Vernichtung von Cocafeldern ist, dass dann Teile der Cocapflanzer im illegalen Goldabbau im Regenwald aktiv sind, mit Quecksilber denselben zerstören. Was ist da das „kleinere Übel“?

+ Die Strategie von SUNAT:

Die Superintendencia Nacional de Aduana y Administración  (Zoll- und Steuerbehörde) wird in Peru respektiert. Sie hat eine interessante Variante entwickelt. Bei allen Produkten, die zur Herstellung von Kokain notwendig sind und in die Anbaugebiete transportiert werden, muss  ihre „zivile Nutzung“ nachgewiesen werden. Wenn jemand  ohne diese Dokumente bei einer Kontrolle erwischt wird, werden diese Produkte beschlagnahmt. In diesem Zusammenhang ist dann z.B. die Beschlagnahme von Kerosin, Schwefelsäure oder 2,5 Tonnen Azeton (leicht entzündbares, Bronchienreize verursachendes Lösungsmittel) verständlich.

Aber, auch diese Zahlen sind ohne Gewähr, denn es gibt keine wirklichen Informationen, wie viel Polizisten all das gegen entsprechende Bestechungsgelder „durchlassen“.

Wenn die peruanischen Anti-Drogen-Stellen voller Stolz verkünden, dass bis September 2013 ca. 1.430 kg Kokain und „pasta basica“ beschlagnahmt wurden, stellt der Drogenexperte Rubén Vargas fest, dass das gerade 1% der Kokainproduktion  in der VRAEM-Region (von ca. 150 Tonnen Kokain- und pasta basica-Jahresproduktion)  bedeutet.

+ Verfolgung der „Drogenzare“

Die Macht der Drogenkartelle in Mexiko ist nicht vergleichbar mit der Situation in Peru. Noch sind nicht über 30% der Kommunalverwaltungen unter der Fuchtel der Drogenkartelle. Aber, es gibt  bezahlte Killer, die Konflikte mit Kritikern oder gegnerischen Clans auf ihre Art “lösen“, auch schon mit entsprechenden Ermordungen im gutbürgerlichen Stadtviertel Miraflores in Lima. In Zeitungsberichten wird groß berichtet, wenn ein Drogenchef erwischt wird, z.B.  Celestino Calderon O.,  einem ehemaligen Mitglied der rondas campesinas (Puno), der den hochtrabenden Namen „Pablo Escobar de Puno“ erhalten hat. C. Calderón war tätig im Geschäft mit Drogenexport nach Bolivien und dem Kauf von Waffen.

Präsident Humala sprach in seiner Rede zum Nationalfeiertag 2012 von großen Erfolgen: Die Operation Alas habe  dem Staat 43 Millionen Dollar Drogenschwarzgeld gebracht,  oder die Operation gegen die Familie Alanya 40 Millionen Dollar. Später wurde der Familie Alanya das Geld wieder erstattet, weil der Richter in Atalaya (zentraler Regenwald) sie freigesprochen hat, woraufhin später der Richter aus dem Dienst entlassen wurde. Solche Beispiele gäbe es noch viele.

Auswirkungen auf die entwicklungspolitische Zusammenarbeit

Hierzu ist die Informationslage eher dünn.

Die Leiterin der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) der Europäischen Union, Helena Guarin, verkündete am 13.6.12, dass die EU 34 Millionen € für die Durchführung des peruanischen Nationalen Plans im Kampf gegen Drogen für die Jahre 2012-2016 zur Verfügung stellt. Weiter stellt die Europäische Union über das Programm „UN-gegen-Drogen“ (UNODC) 4,5 Millionen Euro für die Arbeit der „Nationalen Kommission für Entwicklung und ein Leben ohne Drogen“ (DEVIDA) zur Verfügung. Mit dem Geld soll das Drogenangebot verringert werden, damit in Peru weniger Drogen konsumiert werden. Jetzt finden in Peru viele Kampagnen und Seminare in Schulen (zum Teil mit der Nationalpolizei) statt, Jugendliche werden damit zu Maurern ausgebildet, oder Wettbewerbe  wie „Ich lebe ohne Drogen“ oder die Kooperation mit dem Olympischen Komitee in Peru. Das geschieht u.a. in Kooperation mit der NGOt CEDRO (Centro de Información para la Prevención del Abuso de Drogas), wo die DEVIDA-Chefin früher Vorsitzende war. CEDRO hat Unterstützer u.a. auch  in Deutschland.

Zu den Erfolgsaussichten soll an die Analyse des Internationalen Komitees (ganz oben in diesem Artikel) erinnert werden: Die bisherigen Formen des Krieges gegen Drogen sind gescheitert…

Einige Projekte sind dabei, in den Cocaregionen den campesinos andere Einnahmemöglichkeiten zu erschließen, wobei der Anbau von Kaffee und Kakao eine gewisse Chance bietet. Das Problem: Diese Projekte werden mit viel Geld angestoßen und es nicht klar, was geschieht, wenn die Anfangsfinanzierung ausgelaufen ist. Das wäre ein gutes Projekt für eine Wirkungsanalyse.

Wenn auch die Betreuungsarbeit von ausländischen Frauen und Männern, die im Drogengeschäft mitgemacht haben und jetzt im peruanischen Gefängnissen sitzen, keine eindeutige Entwicklungs-arbeit ist, gehört der Aspekt doch zum „Umfeld“.Im Gefängnis Ancon, in der Wüste, 40 km von Lima entfernt, sind 250 sog. „mulas“, Drogenkuriere inhaftiert, davon kommen die meisten aus Spanien. Sie transportierten Kokain mit dem Flugzeug und wurden erwischt. Auch die Deutsche Botschaft in Peru ist verpflichtet, sich um die wegen Beteiligung am  Drogenhandel einsitzenden Deutschen zu kümmern. Die Arbeit wird zumeist von Ehrenamtlichen geleistet. Die Möglichkeiten sind begrenzt. Es gibt die Chance nach der Hälfte der Zeit raus zu kommen. Dafür benötigt der Betroffene einen Arbeitsvertrag. Wenn er Geld hat, kann er den kaufen. Eine Begnadigung erfordert die Unterschrift des Präsidenten, ebenso die Genehmigung zum Rücktransport nach Deutschland. All das sollte Grund genug sein, die Finger von diesem „Wirtschaftsbereich“ zu lassen.

Eine gefährliche Alternative sieht DEVIDA in der Produktion von Agrotreibstoffen:

Der Abteilungsleiter bei DEVIDA  für den Bereich Entwicklung, Mario Rios, spricht sich für eine gefährliche Variante „statt Coca“ aus. Bei einer Veranstaltung der peruanischen Landwirtschafts-bank erklärte er, dass in Peru ca. 500.000 Hektar (Regenwald) nutzbar sind für den Anbau von Palmöl-Plantagen. Er nennt die Regionen San Martin, Cajamarca, Amazonas, Loreto, Huánuco, Ucayali und Madre de Dios. Er hat dabei die Gebiete im Blick, die bereits  durch den Coca-Anbau oder den illegalen Goldanbau geschädigt sind. Es kann ihm aber nicht entgangen sein, welche Schäden der Anbau von Palmölplantagen zusätzlich anrichtet. Er rechnet  vor, dass das über 300.000 Arbeitsplätze bringen würde  und dass bis 2015 bis zu 180.000 Liter Palmöl produziert werden könnte. (Agraria.pe, 2.9.13).  Eine gefährliche Vision.!

Krieg gegen Drogen wie gehabt

Bisher setzt die peruanische Regierung, in Koordination mit den USA und der Europäischen Union weiter auf den „Drogenkrieg“. Ein Wandel hin zu Modellen der Liberalisierung, um damit das „große illegale Geschäft“ einzudämmen,  ist nicht in Sicht. CEDRO bedient diese Sicht mit eigenen Untersuchungen und erklärt, dass 95% der PeruanerInnen gegen eine Legalisierung von Marihuana und 98% von Kokain sind. Neue Modelle, die von der o.g. Internationalen Drogen-Kommission eingefordert wurden, sind nicht in Sicht.

Heinz Schulze