Vom 1. bis 12. Dezember 2014 wird die Klimakonferenz der Vereinten Nationen (Conference of the parties, COP) in Lima, Peru, stattfinden. Zwischen 12 bis 15’000 Teilnehmer und Beobachter werden in der Hauptstadt Perus erwartet, bereits logistisch gesehen eine gewaltige Herausforderung. Noch wesentlich anspruchsvoller aber ist die Rolle des hier in Peru relativ jungen Umweltministeriums, das die in den letzten Jahren ins Stocken gekommenen internationalen Verhandlungen soweit erleichtern und vorwärtsbringen soll, dass in Paris im Jahr 2015 ein verbindliches und ambitiöses Folgedokument des Kyotoprotokolls zur Reduktion von Treibhausgasemissionen unterzeichnet wird.
Peru ist als Teil der tropischen Anden, eine der artenreichsten Regionen der Erde, eines der am meist betroffenen Länder des von den Industrienationen verursachten Klimawandels. Ein Grossteil der peruanischen Bevölkerung “über”lebt in der trockenen und wüstenartigen Küstenzone dank der Wasserversorgung durch die Gletscher aus den Anden. Diese sind in den letzten 40 Jahren zwischen einem Viertel bis einem Drittel ihres Volumens geschmolzen; die Abschmelzrate wird sich in den kommenden Jahren wesentlich erhöhen. Peru selber trägt zwar verhältnismässig wenig zu den globalen Treibhausgasemissionen bei, aber die in den letzten zehn Jahren starke wirtschaftliche Entwicklung hat insbesondere zur Folge, dass natürliche Ressourcen sowohl sozial als auch umweltmässig sehr rücksichtslos ausgebeutet werden. Dies schafft einen grossen Druck beispielsweise auf das mit seinen Wäldern für den globalen Klimahaushalt wichtige Amazonasgebiet. Ausserdem reihen sich die wachsenden Mittel- und oberen Schichten in die klimafeindliche Konsumspirale des neoliberalen Wirtschaftsmodells ein, ohne zugleich eine entsprechend höhere Sensibilität für Umweltschutz zu entwickeln.
Peru auf dem Präsentierteller
Die internationale Klimakonferenz in Lima kann Anlass sein, das Thema des Klimawandels und seiner massiven Auswirkungen einem breiten Publikum ins Bewusstsein zu rücken, mögliche Verhaltensänderungen und Lösungen bekannt zu machen und Debatten anzustossen. Auch will das Umweltministerium die Chancen der internationalen Konferenz wahrnehmen, um Peru als wichtigen Player im Klimamosaik zu präsentieren. Dass allerdings die Präsentationen des Ministeriums über die Klimakonferenz 2014 eher touristischen Promotionskampagnen gleichen und mit Peru als El Dorado für “grüne” Investitionen werben, wird von vielen Organisationen der Zivilgesellschaft sehr kritisch aufgenommen. Die Bürgerbewegung gegen den Klimawandel MOCICC (Movimiento Ciudadano frente al Cambio Climático) hegt grosse Bedenken gegenüber jenen Lösungsvorschlägen zur Treibhausgasreduktion, die die Kontrolle über natürliche Ressourcen in der Hand von Grosskonzernen konzentrieren oder lediglich zum “Greenwashing” dienen: dabei geraten benachteiligte Bevölkerungsschichten wie beispielsweise indigene Völker in neue Abhängigkeiten oder es werden Marktmechanismen geschaffen, die wenig transparent oder schwer kontrollierbar sind wie Emissionsmärkte.
Wenig Fortschritte in Warschau
Die 19. UN-Klimakonferenz fand in Polen statt, die 21. wird in Paris stattfinden. Damit erhält die diesjährige Konferenz hier in Lima eine wichtige Repräsentations-Rolle für die Länder der südlichen Hemisphäre, nämlich auf die rasch notwendigen Massnahmen gegen den Klimawandel zu drängen. Im November 2013 in Warschau war die Zivilgesellschaft in der polnischen Öffentlichkeit kaum sichtbar. Einige Aktionen von verschiedenen Netzwerken und bekannten NGOs, wie beispielsweise das vorzeitige Verlassen der Konferenz, waren wichtige Signale an die verschiedenen Staaten, hatten aber zuwenig Gewicht.
Lima wird hier eine Schlüsselrolle einnehmen, denn Lateinamerika weist eine lange und erfolgreiche Tradition bei der Mobilisierung von Basisbewegungen und Organisationen der Zivilgesellschaft auf. Dieses Potential gilt es zu nutzen, um bereits im Vorfeld der COP 20 einen enormen Druck auf die Verhandlungsdelegationen aufzubauen, damit hier in Lima eine gute Basis geschaffen wird, welche in Paris anschliessend zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden kann.
Die Zivilgesellschaft organisiert sich
MOCICC, die peruanische Bürgerbewegung gegen den Klimawandel, hat nach Bekanntwerden von Lima als Tagungsort für die Klimakonferenz die Gruppe Peru COP 20 ins Leben gerufen. Derzeit arbeiten in der Gruppe an die 50 Organisationen der Zivilgesellschaft – Gewerkschaften, Jugend- und Frauengruppen, Basisbewegungen und Repräsentationsorganisationen von indigenen Völkern – zusammen. Der Zugang zu den offiziellen Verhandlungen ist jeweils sehr beschränkt und Organisationen der Zivilgesellschaft sind lediglich als Beobachter dabei. Die Gruppe Peru COP 20 beabsichtigt, einen parallelen Sozialgipfel zu organisieren und mit verschiedenen Medien- und sozialen Aktionen sowohl die peruanische Bevölkerung als auch die internationale Gemeinschaft dahingehend zu mobilisieren, dass echte und rasche Lösungen erreicht werden, und der Einfluss von Lobbyisten der mächtigen Wirtschaftskonglomerate, insbesondere aus dem Bereich der fossilen Energien, eingeschränkt wird. In Kontakt mit internationalen Netzwerken und Bündnispartnern versuchen wir nun, dem Sozialgipfel ein Gesicht zu geben und im Dezember die Klimasünder und -faulenzer – wie beispielsweise die USA, China, oder Russland aber auch internationale Grosskonzerne – herauszufordern.
Fabian Simeon (MOCICC, Lima)
Mehr Information zu MOCICC:
Internet: www.mocicc.org
Facebook: Movimiento Ciudadano frente al Cambio Climatico – MOCICC
Twitter: @mocicc
Mehr Information zur Gruppe Peru COP 20
Internet: www.grupoperucop20.org.pe
Facebook: Grupo Perú COP 20