KLima-Reporteros: BioPeru

Frische Luft und der Geruch nach Land sind in Perus Hauptstadt Lima schwer zu finden. Schließlich ist die Stadt eher für den Smog als für ihre Nähe zur Natur bekannt. Dennoch fühlt man sich auf der Bioferia – einem wöchentlich stattfindenden Biomarkt in Surquillo – dem Land ein bisschen näher. Die Auswahl an Produkten ist groß: Es gibt nicht nur Gemüse und Obst, sondern auch Milchprodukte, Schokolade, Käse, Kleider und noch viel mehr. Die Bioferia ist an diesem Sonntagmorgen gut besucht. Das überrascht nicht, schließlich steigert sich der Absatz von Bioprodukten von Jahr zu Jahr.

Bioware für die Mittel- und Oberschicht
„Weil es gesünder ist und besser schmeckt“, kauft Carlos Ruiz Cornejo sein Gemüse auf der Bioferia. Fast eine halbe Stunde braucht er von zu Hause auf die Bioferia. Doch die Zeit investiert er gerne, um Bioprodukte kaufen zu können. Nur wenn es nicht anders geht, besorgt er Gemüse über den Supermarkt. Im Vergleich der Preise macht das keinen großen Unterschied. Verglichen mit den Preisen auf einem normalen Markt allerdings schon. So zahlt man auf dem Biomarkt durchaus auch mal das Dreifache oder sogar mehr, wie auf dem angrenzenden „normalen“ Mercado. Somit ist Bio für einen Großteil der Peruaner unerschwinglich. Das spiegelt sich auch in der Verteilung von Bioläden in Lima wieder. Bioprodukte und -märkte findet man nur in Vierteln, in denen überwiegend Ausländer und Peruaner mit höherem Lebensstandard wohnen.
Von den höheren Preisen profitieren vor allem die Produzenten, auch wenn das keiner so wirklich zu geben möchte. Biobauer aus Überzeugung klingt eben einfach besser, als Biobauer wegen höherem Einkommen. Dennoch lässt sich beim genauen Zuhören erkennen, dass wohl auch wirtschaftliches Fortkommen ein Grund für den Bioanbau ist.
Seid sie Biogemüse anbauen, ist ihr Leben besser, erzählt Rogelia Mendoza. Vor acht Jahren hat ihr Betrieb auf Bioproduktion umgestellt. Es wäre ruhiger, da sie ihre Produkte direkt verkaufen kann und kein Zwischenhändler mehr nötig sei. Außerdem würde ihre Familie nun bessere Produkte essen. Ausschlaggebend für die Umstellung auf den Bioanbau, sei aber in erster Linie der Verzicht auf Pestizide und die damit verhinderte Umweltbelastung gewesen.Auch „La Cabrita“ ein Betrieb, der sich auf Milchprodukte spezialisiert hat, produziert seit 15 Jahren Bioprodukte für „ein besseres Leben und mehr Gesundheit“, wie Jorge Enrique Cardinaz Aspache, Verkäufer, erklärt.

Beliebtes Green-Washing
Gemüse und Obst wird in einer Art grünem Gürtel, um Lima herum angebaut, so auch die peruanischen Bioprodukte. Allerdings bleibt nur ein Bruchteil der Erzeugnisse im Land. Etwa 95% der Bioware wird vor allem nach Europa exportiert. Dorthin, wo die „Biowelle“ zu Hause ist.

Das Konzept „Bio“ ist weitestgehend aus Europa adaptiert. Allerdings sucht man ein staatliches Biosiegel im Supermarkt vergebens. Wem Produkte aus biologischem Anbau wichtig sind, muss schon auf eine Bioferia kommen. Insgesamt gibt es in Lima davon sechs Stück, verteilt auf vier Distrikte (von insgesamt 43). Für ein eigenes Biosiegel müsste der peruanische Staat die Initiative ergreifen, Richtlinien festlegen, Kontrollen durchführen und das Siegel vermarkten. Doch das ist bis jetzt nicht geschehen. Das machen sich viele Produzenten zu nutze. So genanntes „green washing“ ist in Peru sogar ein noch größeres Problem wie in Deutschland. Green washing bedeutet, dass Produkte möglichst ökologisch und umweltfreundlich vermarktet werden, obwohl sie das eigentlich nicht sind. Da kaum Kontrollen stattfinden, lassen sich falsche Bioprodukte sehr gut verkaufen.
Dennoch ist es nicht so, dass Biobauern keinerlei staatliche Unterstützung erhalten. Durch ihr umweltfreundliches Konzept bekommen sie bei Förderprogrammen für nachhaltiges Wirtschaften einfacher an die Fördermittel als herkömmliche Betriebe. Davon profitieren auch die Betriebe, die ihre Produkte auf einer der Bioferias in Lima verkaufen.
Soeben hat Gladis ihren Rundgang über die Bioferia in Surquillo beendet. Jede Woche kommt sie hier her, um Obst und Gemüse für sich und ihre Familie zu kaufen. Der Gesundheit und der Umwelt wegen.

 

Text und Foto: Sarah Glaisner