KLima-Reporteros: Bilanz COP 20 – „Lima lässt die Völker im Stich“

Die COP20 endete mit der Veröffentlichung des Dokuments „Aufruf aus Lima zur Klimaaktion“ am Sonntag um ca. ein Uhr morgens. Es waren zwei zusätzliche Tage, in denen alle darauf warteten,  dass die Verhandlungen zu einer abschließenden Vereinbarung kämen, und sich von der Kopenhagener Ausgabe, die ohne Konsens und im Scheitern endete, distanzieren würden. Obwohl die letztlich getroffene Vereinbarung die Politiker erfreut, hat sie in den Organisationen der Zivilgesellschaft   viel Unzufriedenheit hinterlassen.

Neue Akteure: Indigene Völker

Zum ersten Mal  an einer Weltklimakonferenz wurde das Thema der indigenen Gemeinschaften mit der nötigen  Wichtigkeit besprochen . „Wir konnten darüber sprechen wie unerlässlich die indigenen Gebiete sind und das sie von den extratavistischen Wirtschaftstätigkeiten“, bemerkt Lyndo Pishagua, Koordinator des Regionalverbands der Indigenen Völker des Zentralen Regenwalds. Durch die Einrichtung des Indigenenpavillons (ein von der Regierung gesponserter Ausstellungspavillons für die Anliegen der indigenen Völkker, d. Red.)  konnte man beobachten, dass die indigenen Völker das Wissen, die Weltanschauung, Erfahrungen und Vorschläge haben zur Abschwächung, Anpassung, Aufhalten und Überwindung der größten Bedrohung aller Lebensformen. Sie haben sich nicht als Opfer des Klimawandels, sondern  als Teil der Lösung präsentiert. “Unsere Völker machen dank ihres überlieferten Wissen bereits nachhaltigen Gebrauch von ihren Wäldern, und produzieren so saubere Luft für die ganze Menschheit “, sagt der Indigenenführer.
Verluste und Schäden
Dieser Abschnitt hat besondere Kontroversen hervorgerufen. Bei diesem Mechanismus (genehmigt auf der COP19 in Warschau) können Länder, die am stärksten von den Konsequenzen des Klimawandels betroffen sind, eine Entschädigung verlangen. Am Anfang beinhaltete das Dokument noch dieses Thema. Trotzdem, stellten sich die entwickelten Länder, die zu dieser Entschädigung beitragen müssten, dagegen und beschränkten die Verhandlungen so weiter. Das Enddokument stimmt dem „anfänglichen Arbeitsplan von zwei Jahren, wie der Bildung eines Direktoriums“ zu. Laut Ramiro Escobar, Journalist und spezialisiert in internationalen Themen und Beobachter der Verhandlungen, ist die Forderung weiterhin angebracht, weil das Dokument in diesem Fall nicht explizit wird. „Sie haben den Umfang dieser Problematik verringert. Erst war es ein eigenes Kapitel, dann wurde entschieden, es in das Kapitel zur Anpassung zu integrieren , und jetzt hat man sich mit der Gründung einer Arbeitsgruppe  abgefunden.“
„Die Menschen, die am wenigsten zum Klimawandel beitrag,  sollten eine Entschädigung für ihre Verluste und Schäden bekommen. Mit der Thematik Verluste und Schäden hat es keine andere politische Anerkennung gegeben, Lima schlägt für Paris ein Abkommen vor, das schnell ist, und die Rechte und Bedürfnisse der Armen der Welt vergisst“, meint Harjeet Singh, Leiterin der gemeinnützigen Organisation ActionAid International, die sich für Gemeinschaften im Kampf gegen Ungerechtigkeit und Armut einsetzt.
Abbau von Emissionen
Eines der großen Dilemmata ist die Messung der Verringerung der Treibhausgase. Um zu wissen, wieviel jemand abbaut, muss eine Grunderhebung gemacht werden,  und dazu braucht man Infrastruktur und Technologie, welche unterentwickelte Länder nicht besitzen.  Das heißt,  sie haben nicht die Möglichkeit diese Emissionen zu messen. Außerdem hatte man versucht, Standardkriterien zur Messung festzulegen. Ohne Erfolg, die Versprechen sind auf freiwilliger Basis. Erst im März nächsten Jahres präsentiert jedes Land seine Angebote für die Reduzierung des CO2-Ausstosses. Deshalb haben 40 internationale zivilgesellschaftliche Organisationen eine Mitteilung unter dem Namen International and Regional Networks and Organisations unterschreiben, erklärend, dass „das was in Lima entschieden worden ist, den Ländern die Möglichkeit gibt,  selbst ihre Aktionen zum Klima der Zukunft zu entscheiden, ohne Bezug zu dem, was die Wissenschaft, die Menschheit oder der Ruf nach Justiz fordern”.
Grüner Klimafond

Dieser internationale Fond soll der Finanzierung von Klima-Anpassungen und Abschwächungen des CO2-Ausstosses dienen, die in Bezug auf den Klimawandel gemacht werden müssen. Ende 2011 wurde bis 2020 eine Basis von 120 Millionen Dollar vereinbart. Der Beitrag ist freiwillig, und an dieser COP 20  verständigte man sich auf einen Beitrag von 10.200 Millionen Dollar. Trotzdem ist nicht klar, wie die 120 Millionen Grenze erreicht werden soll. Für Nathan Thanki, Aktivist von Earth in Brackets, und Beobachter der letzten drei Weltklimakonferenzen, gibt es keine klare Abgrenzung; „es gibt keine Ziele und keinen Kalender. Vor allem gibt es in der Essenz keinen Plan, und es ist deshalb nicht klar ob wir eines Tages die Finanzierung bekommen, die wir brauchen“, betont er.
Die Rolle Perus
Die Organisation der Konferenz wurde von den Teilnehmern sehr gelobt. Peru als Vermittler hat die Bedürfnisse der Gruppen zu verstehen gewusst und außerdem die Verhandlungen einvernehmlich vorangebracht. Der Umweltminister Pulgar Vidal sagte, als er das Dokument präsentierte: „Ich habe allen Gruppen zugehört und bin mir absolut sicher, dass wir heute alle gewinnen“. Trotzdem sagt der Journalist Ramiro Escobar: „obwohl das Dokument die COP20 davor gerettet hat, wie die Konferenz in Kopenhagen zu enden, ist es angesichts des Risikos und der Schwere des diskutierten Themas, ein schwaches und unpräzises Dokument“. Für Nathan Thanki ist der Gewinner der COP20 Peru, da das Land in den Medien gelobt wird, nicht in den Klimaverhandlungen gescheitert ist, indem sich das Abkommen der Europäischen Union und den USA angepasst hat; während die Verlierer „alle Personen, die der Klimakrise begegnen wollen“ sind.
Einschätzungen
Der World Wide Fund for Nature (WWF) kritisierte die armselige Ausführung der Regierungen, da es bisher noch keine klaren Pläne zur Reduzierung der Emissionen bis 2020 gibt, wenn das neue Klimaabkommen in Kraft tritt. „Die Wissenschaft ist klar: Wenn Handlungen bis 2020 hinausgezögert werden, wird es fast unmöglich werden,  die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern: allerdings hat die politische Zweckmäßigkeit über die wissenschaftliche Dringlichkeit gewonnen. Anstelle von Führung, haben sie einen unscheinbaren Plan eingereicht, der nur sehr wenig wissenschaftliche Relevanz besitzt“, bemerken sie.
Asad Rehman, Organisator von Friends of the Earth (EWNI), beteuert „Der Planet und die Ärmsten der Welt benötigen mehr als einige leere Erklärungen, die voller richtig klingender Wörter sind, aber nicht viele reale und konkrete Zusagen beinhalten. Das sollte als einziges Maß darüber entscheiden ob die Verhandlungen erfolgreich waren“. Diese Verhandlungen haben auch die Ungleichheiten, in denen wir leben, gezeigt. Ramiro Escobar bestätigt „je mehr man sich in die Klimadiskussionen vertiefte, verstand man, dass das Grundproblem die weltweite Ungleichheit ist“.
„Lima lässt die Völker der Welt im Stich, Paris darf die Dringlichkeit der Krise nicht ignorieren, sonst wird sein Abkommen nicht einmal das Papier wert sein auf dem es geschrieben ist“, sagt Lidy Nacpil von Jubileo Sur Américas ( Jubiläum Südamerika), einer Bewegung, die seit 2000 aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppen besteht.

Text: Hernán Padilla

Übersetzung: Marie Ludewig