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Me too – Sexuelle Übergriffe auf (indigene) Kinder

Die weltweite Me-too-Debatte hat die Aufmerksamkeit auf sexuelle Übergriffe gegen Frauen gelenkt. Noch relativ unbemerkt sind Übergriffe, die indigene Kinder vor allem von Seiten ihrer Lehrer erfahren.

Schon lange gab es Hinweise auf sexuelle Übergriffe auf Schulmädchen in Dörfern der Awajun in der Regenwaldregion Amazonas. Diese wurden nicht ernst genommen bzw. unter den Tisch gekehrt. Dabei sind das keine Einzelfälle. Allein im Distrikt Condorcanqui (Region Amazonas) gab es zwischen 2012 und 2017 über 100 Anzeigen (die Schulbehörde spricht von 60) wegen Vergewaltigungen an Mädchen unter 15 Jahren. Die meisten dieser Anzeigen richteten sich gegen Lehrer oder andere schulischen Mitarbeiter. Dennoch wurden nur zehn Lehrer entlassen. Andere beschuldigte Lehrer wurden an andere Grundschulen versetzt. Bei der Polizei bezeichneten sich die Lehrer auch als „Opfer” angeblich „frühreifer, aufreizender und unmoralischer Wesen, die sie verführt hätten.

Ein Beispiel: Der Lehrer Luis Eksam Uugkim C. hat eine 15-jährige Schülerin geschlagen, vergewaltigt und sie dann zu einer Abtreibung gezwungen. Nachdem eine couragierte Lehrerin den Fall in der Regionalpresse publik machte, hat sich das Erziehungsministerium eingeschaltet und einen Rechtsanwalt in die Region der Awajun geschickt, um den Opfern juristischen Beistand zu leisten.

Der Verband der Awajun-Gemeinschaften, der Verband der zweisprachigen LehrerInnen und die Lehrergewerkschaft Sutep sind gefordert, sich aktiv für die Kinder einzusetzen.

6.593 Fälle von sexueller Gewalt an Mädchen

Täglich werden Mädchen zwischen 9 und 13 Jahren Mütter in Peru. Die Väter sind meist über 18 Jahre alte Männer. Hauptursache für diese Schwangerschaften ist sexuelle Gewalt. Die staatlichen Frauenschutzzentren mussten im Jahre 2017 6.593 Fälle von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen behandeln.

Zwar kann die Kampagne gegen Gendergerechtigkeit, die die konservative katholische Kirche zusammen mit rechten evangelikalen Religionsgemeinschaften führt, nicht direkt mit diesen sexuellen Übergriffen in Verbindung gebracht werden. Aber das hinter dieser Kampagne stehende Frauenbild hilft mit, auch Mädchen als sexuelles Freiwild zu sehen. Das wird sich auch nicht durch die neuen Schulbücher ändern, die weiterhin die „typischen” Rollenaufteilungen von Mann und Frau betonen.

Die peruanische Erziehungsministerin sagte zu, eine Strategie zum Schutz der indigenen Kinder zu erarbeiten. Das soll aus den Schulen heraus geschehen und mit einem interkulturellen Schwerpunkt. Wie aber will das Erziehungsministerium indigene Kinder wirksam gegen Übergriffe schützen, wenn sie es nicht mal schaffen, moderne Geschlechterbilder in den Schulbüchern zu verankern?

(Quellen: La República.pe, Mineducomunicaciones 762, Servindi vom 04.04. und 27.05.2018, Seguro Integral de Salud, Bericht 2017, La Republica 23.06.2018. )

Heinz Schulze