@ Jhonel Rodriguez Robles/Andina

Coronavirus in Peru: Richtige Massnahmen, zu wenig Wissenschaft

Prof. Edward Malaga-Trillo (50) ist Doktor der Mikrobiologie und Immunologie mit Habilitation in Genetik und Entwicklungsneurobiologie. In seinem Labor an der Universität Cayetano Heredia in Lima forscht er zur molekularen Enstehung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer. Zuvor hat er 21 Jahre in Deutschland gelebt, davon 4 Jahre am Max -Planck-Institut in Tübingen und 17 Jahre an der Universität Konstanz geforscht.

Hildegard Willer hat ihn zu seiner Einschätzung der Corona-Virus-Krise in Peru befragt.

 

Prof. Edward Malaga-Trillo

Die peruanische Regierung hat drastische Massnahmen verordnet zur Eindämmung der Corona-Virus-Pandemie. Finden  Sie diese Massnahmen richtig ?

 

Die Strategie der peruanischen Regierung ist absolut richtig. Wir wussten nicht, wie gefährlich die Krankheit ist und wie effizient sie sich verbreitet. Vor allem die Infektion durch Personen, die gar keine Symptome zeigen, birgt ein grosses Risiko.

Die Strategie der „Suppression“, wie Peru sie anwendet, schneidet in einer Modellierung des Imperial College London dabei wesentlich besser ab als die der „Mitigation – Eindämmung“, wie sie z.Bsp. Deutschland lange Zeit befürwortet hat.

Aber 15 Tage sind zu kurz, wie lange kann Peru eine solche Total-Quarantäne durchhalten ? Wir können nicht 3 Monate lang die Wirtschaft lahmlegen. Ich rechne damit, dass die jetzige Ausgangssperre verlängert wird, und es danach immer wieder zu periodischen Ausgangssperren kommen könnte, bis eine wirksame Impfung verfügbar wird.

 

Bisher sind vor Menschen in Lima infiziert. Sind die Indigenen Völker in den Anden und Amazoniens besser geschützt ?

 

Das Virus ist inzwischen in Peru in der Stufe 3 angekommen. Das heisst, die Infizierung geschieht innerhalb Perus. Deswegen ist es wahrscheinlich zu spät, um z.Bsp. indigene Völker zu isolieren. Die Verbindungen durch Tourismus, Wirtschaft sind so gross, dass es auch die indigenen Völker schnell treffen kann.  Genau deswegen sind die drastischen Massnahmen der Regierung so wichtig.

 

Das Corona-Virus ist nicht die einzige Infektionskrankheit, mit der Peru zu kämpfen hat. Gerade in diesen Wochen erkranken Tausende von Peruanern im Amazonasgebiet am Dengue-Fieber, einige sterben daran (1). Ist das Corona-Virus wirklich so etwas anderes ?

 

Das Corona-Virus ist eine Pandemie. Dengue und Zika sind sicherlich ernste Krankheiten, aber sie verbreiten sich nicht so schnell auf der ganzen Welt und legen die Wirtschaft lahm. Das Corona-Virus ist neu, wir wissen noch nicht genau, womit wir es zu tun haben.

 

Auch Ihr Labor ist momentan geschlossen. Auf Twitter fordern Sie den Präsidenten immer wieder dazu auf, Universitäten und ihre molekularbiologischen Labors in die Seuchenbekämpfung mit einzubeziehen. Warum geschieht das nicht ?  

 

Ja, in vielen Labors könnten wir, mit einigen technischen Anpassungen, Tests durchführen. Und es wird in Peru zuwenig getestet.  Bisher steht dem aber die Bürokratie vor. Nur das staatliche Gesundheitsinstitut darf bisher  auf COVID-19 testen, hat aber zuwenig Kapazitäten. Eine Test-Zulassung von dieser Behörde erteilt zu bekommen, kann Wochen dauern.

Dann sollte auch ein Wissenschaftler-Gremium die Regierung beraten, wie dies in Deutschland z.Bsp. der Fall ist. Denn wir brauchen verlässliche Zahlen und Daten, basierend auf eigener experimenteller Forschung, damit die Politik die richtigen Massnahmen ergreifen kann.  Bisher sind wir Wissenschaftler nicht aufgerufen worden, aktiv zu werden.

 

 Was ist Ihre grösste Befürchtung angesichts der Corona-Virus-Pandemie in Peru ?

 Ich befürchte, dass Peru zu wenig Kapazitäten hat, um Patienten zu behandeln, und dass die Krise länger dauern könnte, als die Wirtschaft und die Bevölkerung es aushalten würden.

 

Und Ihre grösste Hoffnung ?

Wir können von Asien und Europa lernen, deren Fehler vermeiden und das machen, was dort erfolgreich war.

 

(1) In einer vorherigen Version wurde nahegelegt, dass Tausenden am Dengue-Fieber gestorben seien. Das stimmt nicht. Bis 7. Maerz 2020 gab es ueber 12 000 Kranke, und 21 Todesfaelle am Dengue-Fieber. https://larepublica.pe/sociedad/2020/03/08/dengue-21-personas-han-fallecido-y-12-288-estan-infectados-en-el-peru/