Liebe Leserin, lieber Leser des Infoperu,
In jedem Jahr wird am 10. Dezember der von der UN deklarierte Internationale Tag der Menschenrechte begangen. Aber, wie Rocio Silva – Santisteban von der CNDDH betont, war das Jahr 2012 kein gutes Jahr für die Menschenrechte in Peru. Vor allem die Kriminalisierung von sozialen Protesten ist in diesem zweiten Jahr der Regierung Humala konkreter geworden: Armeesoldaten sind inzwischen berechtigt, in sozialen Konflikten einzugreifen, Polizisten sind nun z.B. berechtigt, Tote nach gewaltsamen Konflikten zu entfernen ohne Einschaltung der Staatsanwaltschaft, und sie dürfen mit tödlichen Waffen eingreifen, wenn „Freiheit“ beeinträchtigt sei (z.B. bei Straßensperrungen). Unzählige AnführerInnen der sozialen Bewegungen wurden mit juristischen Anklagen überschüttet und somit drastisch in ihrem bürgerlichen Leben beeinträchtigt. Persönlichkeiten wie der immer dialogbereite Bürgermeister von Espinar, Oscar Mollohuanca, wurde willkürlich festgenommen, in Cajamarca wurde der für den Widerstand gegen das Bergbauprojekt Conga einstehende Marco Arana brutal von der Polizei physisch angegriffen. Und Rocio Silva Santisteban fordert uns auf, auch der Opfer zu gedenken, die im Laufe diesen Jahres starben , weil sie das verteidigten, was sie als Gerechtigkeit verstanden: Es waren dies Carlos Lanci Yumbato, Julio César Ticona Medina, Francisco Areque Jipa, Felipe Guevara García, Cristian Alvarado Frías, Carlos Alberto Ramos Carmen, Robert Castillo Páucar, Rudecindo Manuelo Puma, Walter Sencia Ancca, Paulino García Rojas, José Faustino Silva Sánchez, César Medina Aguilar, Joselito Vásquez Jambo und Antonio Joselito Sánchez Huamán. Wegen ihnen und aus vielen anderen Gründen war das scheidende Jahr schrecklich für die Menschenrechte in Peru.
Wir in von der ISP-Gruppe in Berlin veranstalten jedes Jahr auch eine kleine öffentliche Gedenkveranstaltung für Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Peru. Mit Kerzen, peruanischer Gitarrenmusik und Verlesen von Gedenktexten haben wir auch in diesem Jahr zum Ausdruck bringen wollen: Soziale Konflikte dürfen nicht mit Gewalt ausgetragen werden, sondern es muss eine Kultur des Dialogs und der politischen Debatte gefördert werden, die auf Toleranz und der Garantie des Rechts setzt!-
Eine lateinamerikanische Studie, die von USAID mitfinanziert wurde, macht bezüglich der politischen Kultur Perus erschreckende Zahlen deutlich: In einer Skala von 1 bis 100 steht Peru mit 46,7 Punkten an höchster Stelle am Anteil der Bevölkerung, die einen Militärputsch begrüßen würde. Vor allem junge Leute haben kein positives Bild vom demokratischen System. Auch in der Skala der politischen Toleranz ist Peru seit 2006 weit gesunken und liegt heute bei 43,8 . – Allerdings werden in der Studie auch etwas positivere Werte vermeldet: Die soziale Ungleichheit und die Armutsrate ist leicht gesunken, und das Vertrauen zwischen den BürgerInnen hat zugenommen.
Freihandelsabkommen EU – Peru und Kolumbien
Das Europaparlament in Straßburg hat nun erwartungsgemäß dem umstrittenen EU-Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru zugestimmt. Eine Mehrheit aus Christ- und Sozialdemokraten sowie Liberalen gab am 11. Dezember grünes Licht für den Vertrag.
Nicht nur Gewerkschafter und Menschenrechtler hatten die Pläne scharf kritisiert. Das Abkommen sieht einen weitreichenden Abbau von Zollschranken und die Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte vor: Europäische Firmen können sich auch häufiger um lukrative Regierungsaufträge bewerben. Die lateinamerikanischen Länder dürfen zwar künftig verstärkt Produkte wie Obst, Krabben und Kaffee nach Europa exportieren, den Europäern eröffnen sich neue Geschäftsmöglichkeiten im Bereich Industriegüter, Telekommunikation und Verkehrswesen.
.Auch eine erst kürzlich vorgelegte Studie der niederländischen NGO SOMO, wonach das Freihandelsabkommen der organisierten Kriminalität und der Geldwäsche durch Drogenkartelle Auftrieb geben könnte, konnte das Abstimmungsergebnis nicht ändern. Die Studie weist darauf hin, dass keinerlei Schutzmechanismen vorgesehen seien, um Steuerhinterziehung und Schwarzgeldströme zu überwachen. Generell schränke das Abkommen die Kontrollmöglichkeiten von Parlamenten und Aufsichtsbehörden über den Finanzsektor stark ein. – Insgesamt erhoffen sich europäische Exporteure aus dem Abkommen Zolleinsparungen von 270 Millionen Euro jährlich.
Der Vertrag tritt in Kraft, sobald ihn alle beteiligten Länder ratifiziert haben. – Die ISP hat sich mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen intensiv dafür eingesetzt, die Annahme des Abkommens abzulehnen. Jetzt bleibt nur noch die Überzeugungsarbeit gegenüber den nationalen Parlamenten!
Dies ist das letzte InfoPeru im Jahr 2012. Obwohl unsere Berichte nicht immer positive Neuigkeiten und Zustände darstellten, hoffen wir, dass Sie / Ihr uns als LeserInnen auch im kommenden Jahr treu bleiben und wir weiterhin solidarisch für eine gerechte und nachhaltige Zukunft in Peru und auch hier eintreten!
Mechthild Ebeling
(Vorstandsmitglied der Informationsstelle Peru e.V.)