Editorial InfoPeru Nr. 15

19.Oktober 2012

Liebe Leserin, lieber Leser des InfoPeru,

Vor neun Jahren wurde der peruanischen Öffentlichkeit der Bericht zur Arbeit der Wahrheits- und Versöhnungskommission vorgelegt, und nun melden sich Kritiker zu Wort, die aus den Reihen des Fujimorismus, von Polizei und  Militär, der katholischen Kirche (Opus Dei), Teilen der Presse sowie dem neu erstarkten Kreis um Sendero Luminoso ( MOVADEF) stammen.

Wir stimmen mit denen überein, die trotz der auch von Salomon Lerner immer wieder klargestellten  Wahrscheinlichkeit von Detailfehlern  in diesem ca. 8.000 Seiten umfassenden beeindruckenden  Bericht, die Wichtigkeit des Dokuments anerkennen. Es liegt auf der Hand, dass diejenigen, die jetzt die Revision des Berichtes fordern, ihr eigene politische und legale Verantwortung als Akteure in diesem blutigen Konflikt negieren oder manipulieren wollen. Wir empfehlen unserem deutschsprachigen  Lesepublikum, die von MISEREOR und unserer Informationsstelle Peru gemeinsam herausgegebene Zusammenfassung des Berichts der CVR wieder in die Hand zu nehmen und vor allem die Schlussfolgerungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überdenken. (Das Buch ist im Buchhandel erhältlich unter dem Titel „Wider das Vergessen-Yuyanapaq“ – Grünewald-Verlag, ISBN 78-3-7867-2720-0 ).

Ex-Präsident Fujimori begnadigen? Es ist noch nicht lange her, dass die internationale Presse mit Genugtuung von seiner Verurteilung zu 25 Jahren Haftstrafe berichtete. Er war wegen seiner nachgewiesenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit  durch ein peruanisches Gericht zu dieser langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Diktatoren wurden bisher nur sehr selten in ihrem eigenen Land vor Gericht gestellt und auch verurteilt, Peru gab somit der Welt ein positives Beispiel. Und nun? Die internationale NGO Human Rights Watch fordert klar: Keine Begnadigung für Fujimori, die angeführten   Humanitären Gründe für seine Haftentlassung sind nicht von unabhängigen externen Ärzten belegt! Der Gedanke an die politische Opportunität einer Begnadigung durch  Präsident Humala empört viele Menschen. Am 12. Oktober führten die NGO CEPRODEH und andere Menschenrechtsorganisationen im Hof der Kathedrale von Arequipa eine Mahnwache gegen die Begnadigung Fujimoris durch. Auf Plakaten und in Sprechchören brachten die Menschen ihre Empörung  zum Ausdruck: Die Strafe für Menschenrechtsverletzungen wie Folter, außergerichtliche Hinrichtungen und Verschwindenlassen darf nicht aus pragmatischen Gründen zur Disposition gestellt werden.

Eine positive Nachricht kommt aus Cajamarca: Dort soll nun der Prozess zur Erstellung eines Regionalentwicklungsplanes beginnen, der die 13 Provinzen der Region einbezieht und Fragen zu Umwelt-  und Wirtschaftsentwicklung gleichermaßen und integriert erfassen will. Das Umweltministerium muss somit stärker in der Region  Präsenz zeigen und mit der Regierung des Departamentos zusammenarbeiten. Auch NGOs wie SER sehen darin  einen positiven ersten Schritt, der auch die Patt-Situation zur Frage der umstrittenen und konfliktiven Erweiterung des Abbaugebietes der Yanacocha-Mine angehen muss.

Inzwischen fand hier in Berlin  das erste Treffen der „Plataforma Europa-Peru – PEP“, zu der auch unsere Informationsstelle gehört, außerhalb Brüssels statt. Die Debatte  zu  „Peru und die EU” mit unseren europäischen und peruanischen Gästen war spannend und anregend, und ein Auftrag zugleich: Die europäische Zivilgesellschaft  muss verstärkt zusammenarbeiten und Einfluss auf das Europaparlament gewinnen, und das vor allem in den kritischen Fragen zur Rohstoffnutzung und den Handelsbeziehungen zu Peru.

Noch ein Hinweis zum Lesen: Wer das InfoPeru gerne als pdf-Dokument herunterladen und ausdrucken will, kann das hier tun:

InfoPeru Nr. 15

Viel Spaß beim Lesen des neuen InfoPeru!


Mechthild Ebeling (Vorstandsmitglied  der Informationsstelle Peru e.V.)