Die Energiewende braucht sehr viele Mineralien

…… auch aus Peru.

In den letzten Jahren haben sich die wichtigsten Volkswirtschaften der Welt dazu verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir die Energieerzeugung weltweit radikal umstellen: weg von der Verbrennung von Kohle und fossilen Brennstoffen hin zu  emissionsarmen Energiequellen. Solar- und Windenergie, Elektrofahrzeuge und elektrifizierte Transportsysteme sind dafür unerlässlich. Diese Technologien brauchen große Mengen an Mineralien, viel mehr als wir heute fördern. Den Industrieländern und Investoren ist das längst bewusst.

Peru ist reich an Mineralien und wird von diesen Veränderungen stark betroffen sein. Wie extrem die Nachfrage steigen wird und was dies für Peru bedeuten kann, beleuchtet der folgende Beitrag.

Vom brennstoffintensivem zu mineralstoffintensivem Energieverbrauch

Um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen, werden sich unsere Energiesysteme von “brennstoffintensiv zu mineralienintensiv” wandeln, sagt Tim Gould, Leiter der Abteilung Energieversorgung und Investitionen der Internationalen Energieagentur (IEA).

„Saubere“ Energietechnologien brauchen aufgrund der Art und Weise, wie sie Energie erzeugen und speichern, wesentlich mehr Mineralien als unsere derzeitigen, auf fossilen Brennstoffen basierenden Energiesysteme. Diese Technologien wachsen weltweit rasant, so dass auch ihr Anteil am globalen Mineralienbedarf steigt. Mit der Energiewende wird der Energiesektor zu einem der wichtigsten Sektoren der Mineraliennachfrage. In einem „idealen“ Szenario, in dem die großen Volkswirtschaften der Welt ihre Klimaverpflichtungen einhalten und auf saubere Energiesysteme umsteigen, wäre dieser Trend noch sehr viel ausgeprägter – mit erheblichen Folgen für den weltweiten Mineralienbedarf.

In ihrem jüngsten Bericht über Mineralien und die Energiewende berechnet die Internationale Energieagentur die zukünftige Nachfrage nach Mineralien anhand von zwei projizierten Szenarien: eines, in dem die Länder ihre Klimaverpflichtungen erfüllen und rechtzeitig bis 2050 kohlenstoffneutral werden, genannt „Nachhaltiges Entwicklungsszenario“ (Sustainable Development Scenario, SDS); und ein anderes mit den derzeit beschlossenen Maßnahmen und Plänen für den Energiesektor, das weit davon entfernt ist, die Pariser Klimaziele zu erreichen, genannt „Stated Policy Szenario“ (STEPS).

Bei beiden Szenarien steigt der Gesamtbedarf an Mineralien für die Entwicklung sauberer Energie bis zum Jahr 2040 erheblich an. Er verdoppelt sich im STEPS-Szenario und vervierfacht sich sogar im Szenario, in dem wir die Pariser Ziele erreichen (SDS).

In beiden Szenarien sind Elektrofahrzeuge und Batterien für fast die Hälfte der zusätzlichen  Mineralien verantwortlich: Ihr Bedarf wächst bis 2040 auf das Zehnfache (STEPS) bzw. Dreißigfache (SDS). Besonders stark wächst die Nachfrage nach Mineralien, die für Batterien und Energiespeicherung gebraucht werden (wie Lithium, Kobalt, Nickel, Mangan). Aber auch der Bedarf an Mineralien für Solar- und Windenergie und Verbindungsnetze nimmt zu (wie Kupfer oder Molybdän). Kupfer ist wegen seiner außergewöhnlichen Wärme- und Stromleitfähigkeit unverzichtbar für den Ausbau der Stromnetze. Der Kupferbedarf für saubere Energie steigt von derzeit 24 Prozent auf 30 Prozent im Jahr 2040 (STEPS) bzw. 45 Prozent (SDS). Die Nachfrage nach Lithium, das für die Batterieherstellung gebraucht wird, steigt im SDS-Szenario auf mehr als 90 Prozent des gesamten Lithiumbedarfs.

Große Veränderungen, große Herausforderungen

Der Übergang zu sauberen Energiesystemen in den nächsten zehn Jahren ist dringend und unerlässlich. Die Konsequenz wird ohne Zweifel eine verstärkte Förderung und Verarbeitung von Mineralien sein. Die bewerteten Szenarien sind mit vielen Unsicherheiten behaftet, da sie von so unvorhersehbaren Faktoren abhängen wie politischen Entwicklungen, Investitionsentscheidungen, neuen technologischen Entwicklungen usw. Der Trend ist jedoch klar: Das Erreichen der Ziele des Pariser Abkommens wird einen entscheidenden Einfluss auf die weltweite Nachfrage nach Mineralien haben. Dies erhöht den Druck auf die Gebiete in den Förderländern, die jetzt schon unter Druck sind: Der Abbau der Mineralien hat schwerwiegende ökologische und soziale Auswirkungen, auch in den peruanischen Anden – weltweit an zweiter Stelle bei der Herstellung von Kupferkonzentrat. Bis heute arbeiten 70 Prozent der Bergbauprojekte der sechs größten Bergbauunternehmen der Welt in wasserbelasteten Regionen. Viele Bergbauprojekte sind auf indigenen Territorien mit großer Biodiversität angesiedelt und gefährden die für das Leben der lokalen Bevölkerung wichtigen Ökosysteme.

Wie kann man diese Herausforderungen meistern? Der Bergbau (und mit ihm die dahinter stehenden Unternehmen und Staaten) muss jetzt umdenken. Die Auswirkungen der Bergbauaktivitäten sind offensichtlich. Strategien, die allein auf Corporate Social Responsibility, freiwillige Selbstverpflichtungen und Unternehmensmarketing setzen, sind unzureichend. Höhere und verbindliche Standards, die Wasser, Luft, Böden, indigene Territorien und ihre Bewohner*innen schützen, sind unabdingbar, ebenso wie Mechanismen, die die Einhaltung sicherstellen.

Gleichzeitig können die ökologischen Herausforderungen nicht allein durch technologische Entwicklung bewältigt werden. Wir müssen sie auch unter dem Suffizienz-Aspekt betrachten und uns fragen, bis wohin die Energieerzeugung noch weiter wachsen soll und kann, ohne neue Schäden in den Ökosystemen zu verursachen. Wie bereits von vielen gesagt, kann in einer Welt mit endlichen Ressourcen nichts unendlich wachsen.

Staaten, Unternehmen und vor allem lokale Territorien müssen sich durch eine neue Ordnungspolitik auf die Veränderungen vorbereiten. Die Versorgung mit Mineralien, die Energiewende und letztlich die Zukunft unserer Ökosysteme und des Lebens, wie wir es kennen, hängen davon ab.


Vanessa Schaeffer
Übersetzung Annette Brox

Dieser Artikel wurde auf Spanisch bei CooperAcción veröffentlicht: https://cooperaccion.org.pe/transicion-energetica-de-un-uso-intensivo-de-combustible-a-un-uso-intensivo-de-minerales/#_edn1


Quellen:

  • Hund K, La Porta D, Fabregas T, Laing T, Drexhage J. Minerals for Climate Action: The Mineral Intensity of the Clean Energy Transition. Weltbank. 2020. pg.11.
  • Tim Gould, Leiter der Abteilung Versorgung, World Energy Outlook – Internationale Energieagentur. Juni 2021. Präsentation des Berichts The Role of Critical Minerals in Clean Energy Transitions. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=FfpuT1cvYiM&t=1124s
  • Weltbank 2020.pg.11.
  • Die Rolle von kritischen Mineralien beim Übergang zu sauberer Energie. World Energy Outlook Special Report. Internationale Energieagentur IEA. 2021.