…..zumindest auf dem Papier.
Im letzten InfoPeru haben wir im Beitrag von Milagros Portocarrero das Thema der deutschen Staatsbürgerschaft für Peruaner*innen angeschnitten. Der Artikel hat viele Leser*innen interessiert, so dass wir heute mit einem Interview mit der peruanischen Rechtsanwältin Ana Melva Perez de Preitschopf das Thema erneut aufgreifen.
Das Gespräch mit Ana Melva Perez führte Heinz Schulze in München.
Wir beginnen dieses Interview mit einigen Fragen zu Deiner Person. Stell Dich bitte einmal unseren Leser*Innen vor:
Mein Name ist Ana Melva Pérez de Preitschopf. Ich bin in Lima, Peru geboren und studierte dort Jura und Psychologkie. Ich lebe jetzt in der Nähe von München mit meinem deutschen Mann und unserem Sohn.
Was waren Deine Tätigkeiten oder Aktivitäten in Peru?
Ich war unter anderem Stadträtin in der Gemeinde San Juan de Lurigancho (Lima), dann wissenschaftliche Beraterin bei Abgeordneten im peruanischen Parlament, war im Büro des Frauenministeriums tätig, war auch Beraterin für Stadtverwaltungen in den Gemeinden Puiente Piedra oder Chaclacayo, San Luis und war bei UNICEF Peru engagiert.
Dann bist Du nach Deutschland gekommen, warum?
Das war für ein Aufbaustudium an der Universität München für deutsches und europäisches Recht. Ich habe das mit dem Titel Magister Legum /LLM) abgeschlossen. Das war ein schwerer Weg. Ich bin jetzt das erste Mitglied für peruanisches Recht der Rechtsanwaltskammer München und bin auch Mitglied der Rechtsanwaltskammer in Lima, in München und im deutschen Anwaltsverein.
In Deutschland wurde mein Psychologiediplom aus Peru durch den Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen in Berlin anerkannt. Ich berate vor allem Frauen mit Migrationshintergrund (spanisch-portugiesisch) bei der Nichtregierungsorganisation Donna Mobile (München), besonders in rechtlichen Angelegenheiten.
Als peruanische Rechtsanwältin mit einem deutschen juristischen Postgraduierten-Abschluss bin ich in der international tätigen Anwaltskanzlei Dr. Hofmann und Pérez in München tätig und arbeite dort mit einer peruanischen Kanzlei in Lima zusammen. Die Kanzlei hat hauptsächlich Mandantinnen und Mandanten aus Deutschland, Spanien und Lateinamerika mit Schwerpunkt Familien-, Erb- und Internationalem Privatrecht.

Neben Deiner beruflichen Tätigkeit engagierst Du Dich in der Frage der doppelten Staatsbürgerschaft von Peruaner*Innen – und Personen aus anderen Ländern Lateinamerikas. Ich kenne Personen aus Lateinamerika, die hier leben und zwei Pässe haben. Was bedeutet das ?
Menschen aus Ländern wie zum Beispiel Mexiko, Argentinien, Brasilien, Kuba, Venezuela, Ekuador oder Chile haben es leichter die doppelte Staatsbürgerschaft zu erlangen Denn in den Verfassungen dieser Länder steht sinngemäß: Die eigene Staatsbürgerschaft ist ausdrücklich oder unausgesprochen. Es kann nicht darauf verzichtet werden.
Der Vorteil dieser Regelung ist, dass zum Beispiel mexikanische oder brasilianische Staatsbürger bei Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft automatisch in den Genuss einer doppelten Staatsbürgerschaft kommen. Für Länder wie Peru, Kolumbien, Panama und Paraguay gibt es diese Reglung nicht
Wenn wir Peruanerinnen und Peruaner die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen, verlieren wir automatisch die peruanische. Das darf nicht sein.
Die doppelte Staatsbürgerschaft ist ja besonders interessant für Eheleute, bei denen ein Partner zum Beispiel aus Peru kommt. Nehmen die hier lebenden PeruanerInnen das Problem denn einfach so hin?
Also zumindest wir vom Komitee Gestor Internacional akzeptieren es nicht, denn es ist ja ein Fall einer gravierenden Diskriminierung gegenüber Personen aus anderen Ländern Lateinamerikas. Das Komitee Gestor Internacional ist ein kleines Netzwerk von JuristInnen, Psychologen etc. in verschiedenen Ländern Europas. Wir engagieren uns bereits seit 2008, um das Problem hier und in Peru bekannt zu machen und Lösungen vorzuschlagen. Ich bin Mitgründerin dieses Komitees.
Und worin besteht nun dieses Engagement?
Wir setzen uns seit 2013 für die Änderung des Artikels 8 des peruanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes Nr. 26574 ein.
Wir engagieren uns nicht so sehr für eine Änderung der peruanischen Verfassung. Die ist bei der politischen Zusammensetzung im Parlament derzeit kaum durchsetzbar. Aber das Staatsangehörigkeitsgesetz ist leichter veränderbar. Das ist schwer zu erklären, aber es würde so gehen: Dieses peruanische Gesetz regelt die Wiedererlangung der peruanischen Staatsangehörigkeit. Dieser entsprechende Artikel 8 wurde auch am 21.7.2021 vom peruanischen Parlament mehrheitlich verabschiedet. Das würde den Prozess einer doppelten Staatsangehörigkeit wesentlich vereinfachen. Leider steht die Ausführungsbestimmung zu diesem Gesetz noch aus, damit das in Kraft treten kann. Die neue Änderung dieses Gesetzes gilt nur für Länder, die die doppelte Staatsbürgerschaft akzeptieren würden. Für Länder wie Deutschland oder Österreich nicht. Damit sich das ändert, setzen wir uns in Peru mit Presse-und Fernsehinterviews und Anfragen an die aktuellen Abgeordneten ein.
Ich habe gehört, dass es Berater*innen gibt, die sagen, es gibt das Gesetz, also kann man jetzt den Weg gehen und hat ein Anrecht auf die doppelte Staatsbürgerschaft. Ist das nun so?
Nein, das ist nicht so
Nochmals: Der peruanische Staat würde eine doppelte Staatsbürgerschaft akzeptieren. Aber der deutsche Staat macht das nicht, weil ja die entsprechende Regelung nicht in der peruanischen Verfassung steht, dass die eigene Staatsbürgerschaft unverzichtbar ist. Eine solche Rechtsbelehrung ist unverantwortlich.
Aber es gibt – wie wohl immer – auch Ausnahmeregelungen?
Ja, die gibt es im deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), aber das ist sehr kompliziert. Ausnahmeregelungen gibt es bei gravierenden Gründen. Ein Beispiel kann sein wenn die Person, die jetzt deutscher Staatsbürger oder deutsche Staatsbürgerin ist, in Peru eine große Erbschaft macht,oder wenn sie ein sehr großes Geschäft in Peru machen will und, und…
Aha, dann ist das eine Regelung für bekannte peruanische Fußballspieler in Deutschland oder für den Schriftsteller Vargas Llosa ?
Für Vargas Llosa gilt das nicht, weil er ja in Spanien lebt. Spanien lässt ja die doppelte Staatsbürgerschaft zu.
Welche konkreten Nachteile haben Menschen aus Peru, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen?
Wir verlieren unsere zivilen und politischen Rechte, wir sind offiziell Ausländer in unserer Heimat Peru. Wir bekommen bei der Einreise ein Visum als Tourist für 3 Monate und müssen für jeden weiteren Tag einen Euro zahlen. Für uns gilt dann das peruanische Ausländergesetz, wir dürfen nicht wählen und nicht gewählt werden. Die Vertragsfreiheit ist eingeschränkt, da wir eine Genehmigung der peruanischen Behörden brauchen, um Verträge abzuschließen. Peruaner*innen mit deutschem Pass können kein Konto in Peru eröffnen und werden beim peruanischen Geburtenregister RENIEC als „hat auf die Staatsbürgerschaft verzichtet” verzeichnet.
Nochmals, wenn die entsprechende Regelung in der peruanischen Verfassung erstmals so nicht geändert wird, gibt es dann keine anderen Möglichkeiten?
Doch die gibt es. Hier in Deutschland müsste das Staatsangehörigkeitsgesetz geändert werden, das noch von 1913 stammt. Es müsste geändert werden, in dem Sinne, dass die doppelte Staatsangehörigkeit erlaubt wird. Deshalb haben wir uns als Komitee Gestor Internacional jetzt auch mit unserer Forderung an die Verhandlungsführer*innen der Ampel-Koalition gewandt. Eine entsprechende Änderung des hiesigen Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)ist die Umsetzung unseres Rechts.
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann setzt Ihr euch einmal ein für PeruanerInnen, die nicht auf ihre eigene Staatsangehörigkeit verzichten und die deutsche annehmen wollen. Dazu, so Eurer Ziel ist, dass der Artikel 53 der peruanischen Verfassung entsprechend, wie wir gehört haben, geändert wird, dass die ursprüngliche peruanische Staatsbürgerschaft beibehalten werden kann.Und Ihr setzt euch ein für Peruanerinnen und Peruaner, die auf ihre peruanische Staatsangehörigkeit bereits verzichtet haben, und die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben, dass sie im Sinne des § 8 des peruanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes zur Wiedererlangung der peruanischen Staatsangehörigkeit geändert wird.
Damit das geschehen kann, muss noch die Ausführungsverordnung dieses neuen Gesetzes erlassen werden, um in Kraft zu treten. Das ist dann eine Aufgabe der aktuellen Regierung. Das würde aber nur bisher gelten für Personen, die in Holland, Schweden oder Norwegen eingebürgert werden. In Deutschland würde das nicht möglich sein, weil das aktuelle Staatsbürgerschaftsgesetz von 1913 noch gilt. Also muss hier vorrangig angesetzt werden.
Nachtrag: Im neuen Koalitionsvertrag von SPD- Grüne und FDP steht, dass das Staatsangehörigkeitsgesetz modernisiert werden soll. Das eröffnet wohl neue Möglichkeiten?
Das ist natürlich eine tolle Sache. Dafür kämpfen wir ja als Komitee seit 2013 und sehen, dass wir ganz aktuell sind. Wir hoffen, dass die neue deutsche Regierung über das Thema Migration, Teilhabe und Staatsangehörigkeitsrecht das aktuelle Staatsangehörigkeitsgesetz so ändert und modernisiert, dass eine doppelte Staatsbürgerschaft für die betroffenen Menschen und ihre Nachkommen ermöglicht wird.
Das Gespräch führte Heinz Schulze, Informationsstelle Peru e.V., 27.11.2021.
–
11 Gedanken zu “Warum man (bisher) nicht Peruaner und Deutscher zugleich sein kann”
Estimada Dra. Pérez,
gracias por relatar en éste artículo un problema de interés nacional. Es frustrante no obtener la nacionalidad alemana sin perder la nuestra. Radicamos en éste lindo país, que nos abrió las puertas para una mejor calidad de vida, nosotros deseamos nacionalizarnos mas no olvidar nuestros orígenes. Es por eso que estamos a favor de la doble nacionalización y considero que Ud. es una representante de admirar.
Gran desempeño de la dra. Pérez en estos temas, proyectos de interés nacional. Arriba Perú
Dra. Ana Melva Pérez, le felicito por su lucha constante para seguir conservando la doble nacionalidad, ya es tiempo de que se actualize las leyes para el beneficio para los latinoamericanos, soy Ecuatoriano y quisiera que me pueda asesorar legalmente con mi proceso de divorcio, es usted una excelente profesional, quedó atento a su respuesta.
Felicito por realizar esta entrevista a la abogada Ana Melva Pérez, es una persona comprometida con los derechos de todos.
Apoyo a su trabajo y me solidarizo con los derechos de los peruanos.
La nacionalidad es un tema muy sensible, en mi caso como ecuatoriana nos protege la constitución , saludo la Iniciativa de la abogada Ana Maria Pérez , apoyo su lucha y que siga adelante.
Muy buen trabajo el que viene realizando Doc.Ana Melva Pérez, siempre apoyando y solidarizándose con nuestros derechos como Peruanos, digna respresentante Peruana, ejemplo de profesional que realmente lucha porque podamos conservar la nacionalidad de orígen, además constantemente sigo su trabajo muy de cerca, ya que no es el único tema que ve, felicitarla y decirle que los peruanos realmente estamos agradecidos, recuerde Doctora Ana Melva, nunca van a faltar los detractores, pero somos la mayoría que siempre estamos apoyándola en esta gran lucha, bendiciones siga adelante.
Muchas gracias por sus nobles comentarios Srta/a Marjorie Jessica Eugencia, somos un equipo de compatriotas comprometidas/os con los derechos e intereses de otros compatriotas en las diversas comunidades de peruanas y peruanos en el exterior. El tema de la nacionalidad peruana es sólo un aspecto de la diversidad de problemas que hay en el exterior, desde el 2,013 oficialmente venimos trabajando y sólo queremos dar una solución a través de la modificación de las leyes peruanas y dado el caso también de las leyes alemanas. Nuestro aporte es de solidaridad con el migrante peruano porque vemos en el día a día las dificultades e inconvenientes que tienen al perder su nacionalidad de nacimiento y de origen en comparación a otras/os ciudadanos latinos que si pueden tener doble nacionalidad.
El tema siempre fué tabú inicialmente pero gracias a nuestros esfuerzos y dedicación de diversas personas naturales, jurídicas, autoridades, Congresistas, periodistas y la sociedad civil en pleno, hemos conseguido la promulgación de la Ley 31295, la misma que aún no tiene el Reglamento respectivo para que pueda ser debidamente aplicada. En fin aún hay temas pendientes y las seguirán habiendo si no comulgamos los mismos intereses y sobre todo si no somos activos para conseguir objetivos comunes. Siganos por favor en nuestra página en Facebook nacionalidadperuanaproyectodeley y reenvielo a sus contactos. Muchos saludos desde Münich!! Ana Melva Pérez de Preitschopf LL.M.
Sehr geehrte Frau Perez,
ich bewundere Ihre Initiative und wünsche Ihnen damit viel Erfolg.
Ich habe gehört, dass es für in Deutschland eingebürgerte Perunaner die Möglichkeit gibt, die peruanische Staatsbürgerschaft wieder zu erlangen und dabei durch eine sogenannte Beibehaltungsgenehmigung die deutsche Staatsbürgerschaft zu behalten. Was halten Sie von diesem Weg?
Als juristischer Laie bin ich in rechtlichen Angelegenheiten immer wieder auf juristische Beratung angewiesen. Von daher würde mich noch interessieren, welche weiteren Rechtsgebiete Sie mit Ihrer Kanzelei vertreten.
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Alles Gute und viele Grüße,
Thomas Rechenbach
Ist da nicht ein kleines Fehler?
Auf die peruanische Staatsbürgerschaft kann nur schriftlich verzichtet werden.
Weiterhin fordert der deutsche Staat die schriftliche Verzichtserklärung.
Also man kann sie nicht automatisch verlieren, wie die Werte Frau Anwältin ausführt.
Vielen Dank für Ihr Kommentar Herr Carlos Silva,
ja, man kann nur auf die peruanische Staatsbürgerschaft schriftlich verzichten, aber in dem Artikel wird erwähnt, dass in den Verfassungen anderer Länder festgelegt ist, dass die Staatsangehörigkeit ausdrücklich oder unausgesprochen unverzichtbar ist.
Übrigens bin ich eine peruanische Rechtsanwältin (abogada)
Viele Grüße .
Ana Melva Pérez de Preitschopf,
Ich finde diese Info sehr wertvoll für alle peruanische Familien in Deutschland!
Vielen Dank für Ihren Kommentar Frau Luz Leon de Gottstein!. Wir glauben, dass das Thema auch für Deutsche und ihre Familien in Peru interessant ist. Das Thema betrifft die beiden Länder. Viele Grüße Ana Melva Pérez