© Andina/Difusion

Finanzplatz Deutschland begünstigt Steuerhinterziehung in Peru

Der Telekommunikationsriese Telefonica soll in Peru Steuern mit Hilfe deutscher und holländischer Firmen zu hinterzogen haben.

Telefónica ist eine spanische Telekommunikationsfirma, eines der größten Telekommunikationsunternehmen der Welt. Sie ist –neben Spanien- auch in Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und in vielen Ländern Lateinamerikas tätig – auch in Peru, wo Telefónica jahrelang ein Monopol hatte und bis heute eine der Hauptanbieterinnen für Telekommunikation ist.  Dort ist Telefónica nun angeklagt, Zahlungen an die deutsche Firma Telefónica Global Services GmbH geleitet und dadurch in Peru Steuern „gespart“ zu haben. Die Klage wurde von einem ehemaligen Lieferanten  von Telefónica angestrengt. In Peru, Deutschland und Spanien werden in diesem Zusammenhang Untersuchungen durchgeführt. Dies und die folgenden Informationen wurden von Ernesto Cabral (Ojo Público) unter Mitarbeit der Journalisten Henk Willem Smits aus den Niederlanden und Antonius Kempmann aus Deutschland recherchiert.

Ein Lieferant klagt an

 Der Staatsanwaltschaft für Steuerdelikte und der nationalen Leitung der Steuerverwaltung SUNAT liegt eine Anklage gegen Telefónica vor. Die Anklage wurde von einem ehemaligen Auftragnehmer der Telefónica vorgebracht, Carlos Paz Salinas, dessen Unternehmen in Peru u.a. die öffentlichen Telefonzellen managt. Der Vorwurf lautet, Telefónica del Perú habe ein Regelwerk geschaffen, das seine Lieferanten  verpflichtet hat, einen Prozentsatz des Vertragswertes an die Telefónica Global Services GmbH (TGS)  in Deutschland (und nicht an die Telefónica del Perú) zu überweisen. Der Prozentsatz hängt von der Marge (Differenz zwischen Erlös und Aufwand) des Lieferanten ab, üblicherweise sind es vier Prozent. Die TGS schickt dem Lieferanten eine Rechnung  über diesen Betrag. Einem Lieferanten, der nach Berechtigung dieser Forderung fragte, wurde mitgeteilt, er brauche sich nicht mehr um Telefónica-Aufträge zu bewerben, falls er nicht an TGS bezahlt. Diese Praxis der Forderung von Überweisungen an die TGS wurde von anderen (Ex-) Lieferanten  von Telefónica aus Peru und Panama bestätigt. Telefónica führt zur Rechtfertigung der Überweisung an, durch die Firma in Deutschland würden alle Offerten weltweit gebündelt.

Die Telefónica del Perú verliert also Geld, das in den Kassen der TGS landet, und muss für diesen Betrag keine Steuern bezahlen. Aktuell befindet sich die Telefónica del Perú im Rechtsstreit mit der SUNAT über eine Summe von mindestens 2,100 Milliarden Soles (440 Millionen Euro).

Steuerbetrug in Peru dank Firma in München-Ismaning

 Die TGS mit Geschäftssitz in Ismaning,  ist eine mittelbare Tochtergesellschaft der (spanischen) Telefónica S.A. Sie bietet angeblich Dienstleistungen für Lieferanten der Telefónica an, die die gegen Telefónica klagende Firma und andere ehemalige Lieferanten nach eigener Auskunft nie bekommen haben.  Sie gehört der Briefkastenfirma 3G UMTS Holding (ebenfalls mit Sitz in Ismaning), die offiziell nur zwei Angestellte hat. Diese gehört wiederum der Telefónica Global Activities Holdings B.V, die Teil des  Telefónica-Firmen-Konglomerats in den Niederlanden ist.

Die TGS hatte 2019 Einnahmen in Höhe von 498 Millionen Euros, vor allem aus Großbritannien, Brasilien, Deutschland, Spanien und anderen Ländern Lateinamerikas.

Maarten Hietland von SOMO (Centre for Research on Multinational Corporations, Amsterdam) stellt fest, dass es keine wirtschaftliche Rechtfertigung für den Transfer von Gewinnen aus Peru nach Deutschland und in die Niederlande gibt. Kleinere Anbieter sind aufgrund der marktbeherrschenden Stellung von Telefónica gezwungen, sich an dieser Steuerhinterziehung in Peru zu beteiligen. Dadurch werden Peru dringend benötigte Einnahmen entzogen.

Die TGS muss nach den Recherchen für diese Einnahmen aus Peru  auch in Deutschland keine Steuern bezahlen, weil sie aufgrund verschiedener Investitionen in den letzten Jahren einen “ausgleichsfähigen Verlust” von 8,5 Milliarden Euro gemacht hat und diesen mit der Körperschaftssteuer verrechnen kann.

Die Niederlande sind nach Einschätzung des Tax Justice Networks TJN eines der wichtigsten Steuerparadiese, solche Offshore-Finanzplätze zeichnen sich durch niedrige Steuern, ein hohes Maß an Geheimhaltung und minimale Finanzmarktaufsicht aus. Von einer der holländischen Telefónica-Firmen wurden 2020 177 Millionen Euro an die spanische Muttergesellschaft überwiesen, sie ist die „finale“ Nutznießerin des ganzen Firmengeflechts.

Auch die spanischen und deutschen Behörden forschen nach, ob dieses Regelwerk von der Firma zur Steuerhinterziehung benutzt wurde. Die Guardia Civil von Zaragoza  begann im letzten Mai mit ihren Untersuchungen. Ein Gericht in München untersucht die Art der Dienstleistungen der TGS für die Lieferanten der Telefónica.

Verdächtiges Geflecht von Tochterfirmen

Die Kombination verschiedener Tochterfirmen in Deutschland und den Niederlanden legt es nach Auffassung von Alex Cobham, Präsident des TJN, eine der weltweit wichtigsten Organisationen im Kampf gegen Steuerflucht, nahe, dass sich die Steuerbehörden weltweit mit den Operationen von Telefónica in ihren Ländern näher beschäftigen.

Auch Deutschland erweist sich als großzügig gegenüber der Firma 3G UMTS Holding: die Operationen der Firma erlaubten ihr im vergangenen Jahr die Abschreibung von Mehrwertsteuern in Höhe von 24 Millionen Euros, die ihr Deutschland gewährt hat.

Laut des Steuerparadies-Rankings von TJN liegt Deutschland auf Platz 14 – das sieht nach Hausaufgaben für die nächste Bundesregierung aus (https://fsi.taxjustice.net/en/introduction/fsi-results).


Jimi Merk


Quellen: