Teddy Cairuna aus Nueva Saposoa beim Waldschutz mit Drohne (© Hildegard Willer)

Wie man den peruanischen Regenwald besser schützen kann

Ein Wissenschaftlerteam der Universität Bonn hat das peruanische Waldschutzprogramm evaluiert. Einiges koenne man besser machen, meinen sie.

Das im Jahr 2011 vom peruanischen Umweltministerium initiierte National Forest Conservation Program (NFCP) ist ein peruanischer Ansatz zur Bewahrung der nativen Wälder des Landes. Zusätzlich soll es den indigenen Gemeinschaften, welche an dem Programm teilnehmen, eine Möglichkeit der ökonomischen Absicherung bieten. Wir haben uns mit dem peruanischen Biologen Renzo Giudice getroffen, der am Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn gemeinsam mit einem Forschungsteam dieses Programm untersucht und im Zuge dessen Handlungsempfehlungen formuliert hat.

Herr Giudice, was genau ist das National Forest Conservation Programm NFCP?

Das NFCP wurde im Jahr 2010 im Rahmen eines nationalen Aktionsplans zur Senkung des Klimawandels initiiert und im Jahr 2011 in Zusammenarbeit mit verschiedenen internationalen Akteuren gestartet, darunter die deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Mittels einer Kompensationszahlung an die teilnehmenden indigenen Gemeinden von umgerechnet etwa drei US-Dollar pro Hektar Wald, den die Indigenen auf ihrem Territorium schützen, soll versucht werden, gleichermaßen die Entwaldung zu senken und die indigenen Gemeinschaften langfristig ökonomisch zu sichern. Das Programm ist ausgelegt auf einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren, dann laufen die Abkommen aus. Ziel ist es, dass nach diesen fünf Jahren eine Waldwirtschaft entsteht, sodass die indigenen Gemeinschaften keine weiteren Urwälder roden müssen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Renzo Giudice, Universität Bonn. (© Leon Meyer zu Ermgassen)
Welche Rolle spielt die GIZ in dem Programm?

Vor allem in der Anfangsphase hat die GIZ bei dem Design des Programms unterstützt. Im Zeitraum zwischen 2011 und 2016 konnte sie vor allem technisch helfen, etwa durch Satellitenfotos in Hochauflösung, und bei der Evaluierung und der Optimierung der Auswahlprozesse der indigenen Gemeinschaften.

Angenommen, eine indigene Gemeinschaft ist am NFCP interessiert – wie kann sie teilnehmen?

Anfangs hat die Regierung damit begonnen, indigene Repräsentanten in Workshops über das Programm zu informieren. Interessierte haben die Möglichkeit, eine Interessensbekundung zu senden. Im Anschluss werden geeignete Gemeinden anhand der ausgearbeiteten Kriterien ausgewählt. Gemeinsam mit Experten wird ein Investitionsplan aufgestellt, der neben dem Waldschutz auch soziale Projekte enthält, wie etwa den Bau und die Ausrüstung einer Krankenstation oder einer Schule, sowie ein Projekt, das der Gemeinde eine nachhaltige Produktionsmöglichkeit bietet. Sobald der Vertrag geschlossen wurde, ist er für die nächsten fünf Jahre gültig. In diesen darf innerhalb des deklarierten Gebietes nicht gerodet werden und die für Projekte angesetzten Gelder müssen bestimmungsgemäß verwendet werden. Ein Verstoß kann von Sanktionen bis hin zur kompletten Einstellung der Förderungen führen.

Was haben Ihre Forschungsstudien über die NFCPs ergeben?

Im Prinzip haben wir drei defizitäre Punkte des NFCP herausarbeiten können. Erstens werden oft Gebiete angemeldet, die ohnehin nicht sehr bedroht von Entwaldung sind. Unsere Forschungen haben ergeben, dass der Effekt des Waldschutzes im Vergleich zu Gemeinden, die nicht in dem Programm sind, dann spürbar ist, wenn das Programm in Zonen mit einer hohen Gefährdung der Rodung angewandt wird. Ursprünglich war das sogar der Grundgedanke des NFCP, doch durch falsch angesetzte Kriterien haben auch viele Gebiete Gelder erhalten, die nicht von Entwaldung bedroht sind. Dadurch wird teilweise verhindert, dass die am stärksten bedrohten Gebiete die Förderung erhalten. Außerdem melden viele indigene Gemeinden das Gebiet innerhalb ihres Territoriums an, welches sie sowieso nicht für die Landwirtschaft nutzen. Würden diese ihr gesamtes Territorium anmelden müssen, gäbe es einen Anreiz, weniger Fläche zu roden.

Zuletzt gibt es ein strukturelles Problem in Bezug auf Verstöße gegen die Verträge. Da das Programm ebenfalls einen sozialen Aspekt hat, wird trotz Verstößen bei den Auszahlungen der Gelder oft ein Auge zugedrückt, was sich negativ auf den Waldschutz auswirkt.

Unser Vorschlag zur Modifizierung des Programms ist also, dass die indigenen Gemeinschaften ihr gesamtes Territorium in dem Programm registrieren müssen. Verstöße sollten nicht zum Ausschluss aus dem Programm führen, sondern lediglich zu einer Reduzierung der Zahlungen entsprechend der gerodeten Fläche.

Vielen Dank, Herr Giudice, für das Interview.

Das NFCP als peruanischer Ansatz zum Regenwaldschutz wird noch bis zum Jahr 2021 fortgesetzt. Dann sollen die Erfolge des Programms zum 200. Jahrestag der peruanischen Unabhängigkeit präsentiert werden. Es ist abzuwarten, ob das Nationale Waldschutz-Programm die gewünschte Reduzierung der Entwaldung und eine Verbesserung der Lebensbedingungen der teilnehmenden indigenen Gemeinschaften erreichen wird. „Wichtig“, so betonte Renzo Giudice in dem Interview, „ist die anschließende Evaluation des Programms für kommende Projekte, denn zur Zeit gibt es viel zu wenig Studien über die zahlreichen Umweltprojekte, die gemacht werden.“ Ein weiterer Schwachpunkt des NFCP ist, dass lediglich indigene Gemeinschaften mit einem offiziell titulierten, also rechtlich anerkannten Territorium, die Förderung erhalten können. Am stärksten ist die Gefährdung vor Entwaldung oft jedoch gerade in Gebieten, in denen die indigenen Gemeinschaften bislang auf eine Titulierung warten.


Leon Meyer zu Ermgassen