Zwangssterilisierungen an peruanischen Frauen müssen aufgearbeitet werden

Zwischen 1995 und 1998 wurden bis zu 300 000 peruanische, indigene, Frauen und ca. 13 000 Männer zwangssterilisiert. Bis heute sind die Verbrechen nicht aufgearbeitet.
Die aktuell aussichtsreichen KandidatInnen wie Ex-Präsident Alan Garcia und die Tochter Fujimoris, Keiko Fujimori, der für diesen Genozid verantwortlich ist, werden dafür keinen Finger rühren. Der aktuelle Präsident Humala hat sich 2012 öffentlich stark gemacht. „Wir wollen und können diese schlimme Form der Vergewaltigung von Frauen nicht akzeptieren“. Deshalb ist es notwendig, während seiner Regierungszeit intensiv das Thema aus dem Verschweigen zu holen.

Worum geht es?

Die Zwangssterilisierungen fanden in den Jahren 1995 bis 1998 statt, in der Zeit des Präsidenten Fujimori. Eingebettet waren diese in das Programm: Reproduktion – Gesundheit und Familienplanung zur Bekämpfung der Armut! Finanziert wurde dieser Genozid durch den Internationalen Währungsfond, die Weltbank und die offizielle US-AID, offiziell im Rahmen eines Programms zur freiwilligen Sterilisierung. Es wurden 300.000 arme Frauen aus den Anden und im Regenwald, sowie ca. 13.000 Männer sterilisiert. Betroffen waren speziell Frauen zwischen 20 und 30 Jahre, die 2-4 Kinder hatten. Später wurde deutlich, dass dieses „Programm“ vor allen Dingen in Regionen stattfand, wo die bewaffneten Konflikte mit dem Leuchtenden Pfad stattfanden und in Regionen (auch im Regenwald), wo große Unternehmen die Ausbeutung von Erdöl-Erdgas und wertvolle Hölzer vorantreiben wollten.
Der vor zwei Jahren verstorbenen peruanischen Rechtsanwältin Guilia Tamayo ist es besonders zu verdanken, dass diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit dokumentiert wurden. Giulia Tamayo erhielt vom peruanischen Geheimdienst Todesdrohungen. In ihre Wohnung wurde eingebrochen und alle Unterlagen mitgenommen. Sie hat die Daten aber an anderer Stelle gesichert hinterlegt. Sie musste nach Spanien ins Exil fliehen.Die Zwangssterilisierungen fanden in staatlichen Gesundheitszentren oder Krankenhäusern statt. Die Eingriffe fanden unter Zwang statt oder durch betrügerische „Beratungen“, so bei Schwangerschafts-Untersuchungen oder durch falsche „Diagnosen“ wie Gebärmutterkrebs. Pro Sterilisierung gab es eine Belohnung zwischen 4 und 10 Dollar für das Gesundheitspersonal. Um die Kosten niedrig zu halten, wurden Narkosemittel aus der Tiermedizin eingesetzt, die in den USA bereits ausgesondert waren. Oftmals haben Krankenschwestern oder Studierende der Medizin diese Eingriffe gemacht.

Die aktuelle Kampagne

Aktuell strebt der Verband von Zwangssterilisierungen betroffen Frauen (Asociación de Mujeres Afectadas por las Esterilzaciones Forzadas – CAMET ) als Vertretung von 2.074 Opfern seit Jahren eine Klage gegen Ex-Präsident Fujimori und seine damaligen Gesundheitsminister an, mit dem Vorwurf: Genozid. Diese hat der zuständige Staatsanwalt Marco Guzman Baca wegen „fehlender Beweise“ auch 2015 wieder abgelehnt. Dagegen hat die UN-Kommission gegen Frauendiskriminierung (UN Commitee on the Elimination of Discrimiation against Women (CEDAW) die vorgelegten Beweise von Zwangssterilisierten anerkannt und als „schwere Verletzung der reproduktiven Rechte von Frauen“ erklärt und diese als „Methode der medizinischen Kontrolle der Fruchtbarkeit der Frau ohne ihre Zustimmung sowie als Körperverletzung, Folter und Misshandlungen“ verurteilt.
Im November 2015 schliesslich – vielleicht auch auf Drängen internationaler Kampagnen wie der von amnesty international – erliess Präsident Humala endlich ein Dekret zur Registrierung der betroffenen Frauen. Diese Registrierung ist allerdings nur ein erster Schritt, damit die betroffenen Frauen entschädigt und die Schuldigen bestraft werden.

In nachfolgendem Interview mit Gaby Küppers von der ila erklären Raquel Reyonoso und Jesenia Casani von der peruanischen Kampagne „Wir sind 2074 und viele mehr“, was jetzt geschehen muss.

Das Interview mit Raquel Reynoso und Jesenia Casani erschien in der ila 392 und kann unter diesem Link gelesen werden
https://www.ila-web.de/ausgaben/392/unerh%C3%B6rt-und-unentsch%C3%A4digt

Abgeordnete des Europäischen Parlamentes haben in nachfolgendem Brief den Präsidenten Ollanta Humala aufgefordert, alles zu unternehmen, damit die Fälle der zwangssterilisierten Frauen vor Gericht kommen

Brief EU-Abgeordnete an Ollanta Humala Zwangssterilisierungen