Pandemie, Verzweiflung und Konflikt in Espinar: Teil II

Trotz Corona hält der Konflikt um das Bergbauprojekt Antapaccay in der Provinz Espinar (Cusco) an.

Nach monatelangen sozialen Protesten gegen die Weigerung des Bergbauunternehmens Antapaccay (im Besitz von Glencore, Schweiz) in der Provinz Espinar (Cusco) wurde der Streik am 7. September beendet. Das Bergbauunternehmen hatte am Ende dem Wunsch der Bevölkerung und der Auszahlung eines Betrags von bis zu 50 Millionen Soles zugestimmt. Das Geld soll zur Abfederung der Folgen der Wirtschaftskrise in den umliegenden Gemeinden verwendet werden.

Wie im letzten InfoPeru berichtet, begann die Bevölkerung von Espinar im Juli 2020 einen unbefristeten Streik. Die lokalen Führer*innen forderten eine Bonuszahlung von 1000 Soles für alle Wähler*innen in der Provinz, als einmalige Maßnahme zur Linderung der durch das Coronavirus verursachten Wirtschaftskrise. Die Auszahlung sollte insgesamt 50 Millionen Soles betragen und aus Mitteln des Sozialfonds des Bergbau-Rahmenabkommens finanziert werden. Die Auszahlung wurde im Mai vom Verwaltungsausschuss des Sozialfonds erörtert. Die Firma Antapaccay, die sich im Besitz von Glencore befindet, weigerte sich, das Geld auszuhändigen, was die Proteste auslöste.

Nach monatelanger Verweigerung, Protesten und einem komplizierten Dialogprozess – alles mitten in der Gesundheitskrise – stimmte das Unternehmen schließlich der Bitte der Bevölkerung zu und erklärte sich bereit, neben der Spende einer Sauerstoffanlage für die Provinz auch den geforderten Solidaritätsbonus zu zahlen.

Nun fragt man sich nach monatelangen Protesten und gewaltsamer Unterdrückung durch die Regierung (mit Misshandlungen, Schüssen und Verletzungen), ob Glencores Weigerung gerechtfertigt war. Oder ob sie im Gegenteil nur ein Beispiel für die Gleichgültigkeit und Willkür ist, mit der das Bergbauunternehmen in der Provinz Espinar agiert – ohne Rücksicht auf die Interessen der Bevölkerung und unter Verletzung ihres Grundrechts, über ihre Ziele und Territorien selbst zu entscheiden.  Die Infostelle ist der Ansicht, dass die Beschädigungen und die Gewalt gegen die lokale Bevölkerung in dieser schwierigen Situation der Unsicherheit und der globalen Cortona-Krise hätten vermieden werden können. Sie sind Ausdruck der Weigerung des Bergbauunternehmens, einen gleichberechtigten Dialog mit der Bevölkerung zu führen.

 

Die aktuelle Situation in Espinar

 

Derzeit ist in Espinar die Auszahlung des Bonus’ von 1000 Soles noch nicht möglich. Komplikationen bei der Auftragsvergabe an Unternehmen, die sich um die Logistik der Auszahlung unter Einhaltung der Hygieneregeln kümmern sollen, haben den Prozess verzögert. Voraussichtlich Mitte Oktober 2020 soll die Auszahlung nun beginnen. Die Situation ist jedoch nach wie vor unsicher. Unterdessen geht die Zahl der Infektionen in der Provinz nach oben. Laut den Anführer*innen der Proteste machen Vertreter des Minenunternehmens die sozialen Proteste für die Zunahme der Infektionen verantwortlich. Sie weisen dies zurück, denn “in anderen Provinzen, in denen es keine Proteste gegeben hat, ist die Zahl der Fälle höher. Darüber hinaus sind von den über 500 Infizierten mehr als die Hälfte Angestellte des Bergbauunternehmens Antapaccay, bei dem auch die ersten Fälle auftraten. Die Infektionen nahmen zu, da Hygiene- und Sicherheitsregeln für die Beschäftigten nicht eingehalten wurden.” (Red Muqui, September 2020).

Die Gewerkschaft der Arbeiter*innen von Antapaccay SINTRAMINA hat in diesem Zusammenhang ebenfalls die fehlenden Hygienemaßnahmen für die Beschäftigten kritisiert und willkürliche Entlassungen und Einschüchterungsversuche von gewerkschaftlich organisierten Arbeiter*innen, die ihre Rechte einfordern, angeprangert.

In dieser schwierigen Situation arbeitet das Unternehmen weiterhin mit voller Kapazität und hält an seinen Expansionsplänen fest. In den letzten Wochen hat es die kleinbäuerlichen Gemeinden im Umfeld von Coroccohuayco angeschrieben, wo ein neues Bergbauprojekt geplant ist. Das Bergbauunternehmen beabsichtigt, das Land von den Gemeinden Paco Pata, Huano Huano und Huini Coroccohuayco zu erwerben. Es wurde jedoch keine Vorabkonsultation nach den Bestimmungen des in Peru geltenden ILO-Übereinkommens 169 durchgeführt.

Zweifellos sind dies Zeiten der Krise und Unsicherheit für die Bevölkerung in der Provinz Espinar. Lokale Gemeinden und die Zivilgesellschaft fordern, dass der Bergbau-Riese Glencore bei all seinen Aktionen seiner Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte gerecht werden muss.

 

Vanessa Schaeffer

Übersetzung: Annette Brox