Hafen von Callao (© Andina)

Kurz gemeldet: August 2020

Bemerkenswertes und Kurioses aus Peru

 

Trotz Corona: Exporte gestiegen

Das peruanische Außenhandelsministerium meldet, dass die Exporte aus sechs Regionen des Landes trotz der Corona-Krise in den ersten vier Monaten des Jahres gestiegen sind.  Exporte  aus der Amazonasregion Loreto haben um 262% zugenommen, vor allem dank des Anstiegs der Erdöl- und Holzexporte.  Aus der Region San Martín wurden  42% mehr Lebensmittel exportiert: Reis, Kaffee und Palmöl wurden vor allem nach Kolumbien geliefert. Auch der Bergbausektor trägt zur Exportsteigerung bei: Das Exportvolumen von Kupfer aus der Region Apurímac stieg – trotz fallender Preise – um 36% auf 475 Mio. US Dollar. Das Kupfer kommt vor allem aus der Mine Las Bambas, um die es starke soziale Konflikte gibt, und wird hauptsächlich nach China exportiert.   Auch die Kupfer- bzw. Goldexporte aus den Regionen Pasco, Puno und Junín sind gestiegen. Und Puno hat im Vergleich zum Vorjahr fast dreimal mehr Ingwer in die USA und die EU exportiert.

(Pressemitteilung des Außenhandel- und Tourismusministeriums vom 24.6.2020)

 

Verfassungsgericht erkennt Grundrecht auf Proteste an

Am 6. Juli hat das Verfassungsgericht ein historisches Urteil für die Menschenrechtsbewegung in Peru gefällt. In einem Prozess um Artikel 200 des Strafgesetzbuches, in dem der Straftatbestand der Nötigung geregelt ist, hat das Gericht zum ersten Mal das Grundrecht auf sozialen Protest als Recht mit Verfassungsrang anerkannt und verbindlich festgeschrieben. Damit stellt es eine im peruanischen Staat tief verankerte Haltung in Frage, die soziale Proteste in aller Regel mit Chaos und Angriff auf die öffentliche Ordnung und die politische Stabilität verbindet. Die Klarstellung, dass sozialer Protest ein Grundrecht und keine rechtsverletzende Provokation von Chaos und Unordnung ist, sei das wichtigste Signal an diesem Urteil, meint die Menschenrechtsorganisation Instituto de Defensa Legal (IDL). Mit der Anerkennung als Grundrecht mit Verfassungsrang kann das Recht auf sozialen Protest zukünftig von keiner staatlichen Instanz in Frage gestellt, modifiziert oder verletzt werden.

Das Verfahren war von der Anwaltskammer Puno angestrengt worden, unterstützt von IDL und anderen Menschenrechtsorganisationen.

( https://idl.org.pe/tribunal-constitucional-reconoce-por-primera-vez-el-derecho-fundamental-a-la-protesta/)

 

Das Volk der Awajún in Gefahr

Die schnelle Ausbreitung von COVID-19 bedroht die Existenz der Awajún. Die Berichte des Gesundheitsministeriums über die Infektionszahlen enthalten keine Zahlen über die indigenen Völker. Das macht die Umsetzung von Schutzmaßnahmen schwieriger. Nur die regionalen Gesundheitsämter von Loreto, Ucayali und Amazonas beziehen in ihre Berichte auch Zahlen über die betroffenen Indigenen ein. Mindestens 2800 der in den drei Regionen bestätigten Fälle sind Indigene. Eine vor zwei Monaten gegründete bereichsübergreifende Kommission soll Strategien zum Schutz und zur Behandlung der indigenen Völker entwickeln. Bisher sind keine konkreten Aktionen der Kommission bekannt geworden.

(https://www.servindi.org/actualidad-noticias-producciones-audios-ronda-informativa-indigena-radioteca-audios/24/07/2020)

 

 

 

Warum fürchtet sich Peru vor Escazú?

Nein, hier handelt es sich nicht um ein neues Virus. Das Abkommen von Escazú heißt vollständig: Regionales Abkommen über den Zugang zu Informationen, öffentlicher Teilhabe und zur Justiz bei Umweltfragen in Lateinamerika und der Karibik. Es geht auf die UN-Konferenz zur Nachhaltigen Entwicklung in Rio, 20 Jahre nach der Erklärung über Umwelt und Entwicklung (Agenda 21, Rio, 1992) zurück. Ein wichtiger Aspekt in diesem Abkommen ist auch der Schutz von Umweltschützer*innen.

Neu ist dieses Abkommen für Peru nicht. Bereits am 27.9.2018 unterschrieb es die damalige Umweltministerin Fabiola Muñoz, sie fuhr dazu extra in die UN-Zentrale nach New York. Damit es aber in Kraft tritt, müssen es von den 22 Unterzeichnerstaaten insgesamt elf ratifizieren. Peru fehlt noch mit der Ratifizierung, also der Einbindung in nationales Recht. Die Regierung schreckt jetzt zurück. Sie will nicht wirklich ein Mehr an Mitsprache und juristischen Möglichkeiten der Bevölkerung, wenn es um Umweltfragen geht.

Die Befürworter*innen (indigene und Bauernorganisationen, Umweltverbände, Teile der Wirtschaft und auch internationale Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit) zeigen auf, was alles eventuell mit einer Umsetzung dieses Abkommens hätte verhindert werden können: Großprojekte mit Regenwaldzerstörung durch die Firma Odebrecht, die Palmölplantagen, die Erdölaustritte im Regenwald, die Ermordungen von indigenen Umweltschützer*innen etc. Die Gegner*innen des Abkommens argumentieren mit Falschinformationen, etwa dass Peru mit der Ratifizierung die nationale Souveranität aufgibt. Sie sprechen sich durchaus für das Prinzip einer nachhaltigen Entwicklung aus, aber alles müsse gründlich abgewogen werden(20 Jahre nach Unterzeichnung), damit der Wirtschaft und der Rohstoffausbeutung keine weiteren Probleme entstehen.

Natürlich darf ein solches Abkommen nicht, wie viele andere vorher, nur auf dem Papier bestehen, sondern muss mit Leben gefüllt werden.

Die Entscheidung liegt jetzt beim – wieder vollkommen zerstrittenen und nicht effektiv arbeitendem Parlament, wo viele der Parteien schon bei taktischen Spielen wegen der nächsten Parlamentswahlen im Jahre 2021 sind.

Das Europäische Solidaritätsnetzwerk Plataforma Europa Perú (PEP), in dem die Infostelle Peru Mitglied ist, hat zusammen mit der Nationalen Menschenrechtsorganisation und anderen einen Brief an die Europäische Kommission geschrieben mit der Bitte, sich beim peruanischen Parlament für die Ratifizierung des Abkommens von Escazú einzusetzen.

(El Comercio, 21.7.20, DAR 22.7.20, Aidesep 23.7.20, La Mula 21.7.20)

 

Die unrühmliche Rolle des Unternehmerverbands Confiep in Corona-Zeiten

Der Unternehmerverband Confiep (Confederación Nacional de Instituciones Empresariales Privadas) hat während der Corona-Pandemie mit drei Aktionen für Diskussionen und Proteste gesorgt:

Einen Monat nach Erklärung des Ausnahmezustands schlug Confiep dem Arbeitsministerium ein Maßnahmenpaket vor, das u.a. den Unternehmen massive Entlassungen ohne besondere Begründung erlauben sollte. „Wir schlagen vor, dass Unternehmen kollektive Entlassungen automatisch und ohne vorherige Genehmigung vornehmen dürfen“, hieß es in einer Mitteilung vom 6. April. Trotz starker Kritik verabschiedete die Regierung den „Vorschlag“ von Confiep und ermöglicht den Firmen die suspensión perfecta, mit der Arbeitnehmer*innen in den unbezahlten Urlaub geschickt werden können. Bis Anfang Mai waren mindestens 200.000 Arbeitnehmer*innen davon betroffen.

Im Juni erhielten die privaten Kliniken, die für die Behandlung von COVID-19-Patient*innen horrende Preise zwischen 100.000 und 700.000 Soles (24.000 bis 170.000 Euro) verlangten, Schützenhilfe durch Confiep. Präsident Vizcarra hatte eine staatliche Zwangsverwaltung der Kliniken angedroht, wenn diese nicht zu Verhandlungen mit der Regierung über ihre Preispolitik bereit wären. Confiep appellierte nicht an die Solidarität der Privatkliniken in diesen Krisenzeiten, sondern zeigte sich im Gegenteil „überrascht und sehr besorgt“. Die Botschaft des Präsidenten verunsichere nationale und internationale Investoren und zerstöre das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmen und Staat. Trotz der Intervention der Confiep gelang eine Einigung: Der Staat zahlt den Kliniken für eine Behandlung auf der Intensivstation 55.000 Soles (13.000 Euro).

Und zuletzt hat sich Confiep zum Abkommen von Escazú geäußert: Dieses internationale Abkommen, das Prinzipien des Rechts auf Information, der öffentlichen Bürgerbeteiligung und der Einhaltung von Umweltstandards sichern soll, soll der peruanische Kongress, wenn es nach der Confiep geht, nicht ratifizieren. Das Abkommen sei eine Absage an die Souveränität der privaten Unternehmen (siehe auch obenstehende Meldung „Warum fürchtet sich Peru vor Escazú?“).

(https://www.servindi.org/actualidad-noticias/24/07/2020/edit-que-es-la-confiep-y-como-ha-actuado-en-la-pandemia)

 

Peru verliert die Hälfte seiner Gletscher

Nach einem Bericht der Nationalen Wasserbehörde ANA hat Peru in den letzten 50 Jahren 51% seiner Gletscherflächen verloren. Grund dafür ist die Klimaerwärmung. Der 5200 Meter hohe Pastoruri, eines der touristischen Highlights im Nationalpark Huascarán, ist der am meisten betroffene Berg. Er hat mehr als 50% seiner Schneeoberfläche verloren. Zwischen 1980 und 2019 ist er um mehr als 650m zurückgegangen. Das Schmelzwasser hat einen neuen See geformt, der immer weiter wächst. Aufgrund der Gletscherschmelze bilden sich immer mehr Seen. In den 18 schneebedeckten Gebirgszügen Perus gibt es inzwischen mehr als 8000 Seen.

(https://www.elcomercio.com/tendencias/glaciares-peru-retroceden-cambio-climatico.html am 5.7.20)

 

Umweltverträglichkeitsstudie zum Hafenausbau in Paracas abgelehnt

Am 25. Mai wurden mit Genehmigung der Regierung die Arbeiten für den Ausbau des Hafenterminals General San Martín in Paracas wiederaufgenommen. 400.000 Tonnen Mineralien und Konzentrate sollen dort gelagert und exportiert werden. 5000m² Meeresgrund soll auf eine Tiefe von 14 Meter ausgebaggert werden.

Nun hat die Nationale Umweltzertifizierungsbehörde für nachhaltige Investitionen (Senace) die Änderung der Umweltverträglichkeitsstudie, die die Hafengesellschaft im April 2018 für den Hafenausbau beantragt hatte, abgelehnt.

(https://lamula.pe/2020/07/27/reserva-nacional-paracas-mineria-senace-terminal-portuario-resolucion-desaprueba/jorgepaucar/)

 

 

Zusammengestellt von Annette Brox und Heinz Schulze

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