Kommentar: Menschenrechte nicht gegen Exporterfolge ausspielen

Am gleichen Tag wurden zwei Artikel über die extraktive Industrie Perus veröffentlicht, die unterschiedlicher nicht sein können.
Richard Meier von den Wirtschaftsnachrichten  “Peru-Vision” schreibt: Bergbau zieht Perus Wirtschaft hoch. Meier  betont die positive Bedeutung des Kupferabbaus, der 20% Zuwachs aufweisen würde. Er zitiert als weiteres positives Beispiel die Exportsteigerung von Mais und Weintrauben, auch um 20%. Trotz globaler Krise: Alles bleibe gut, wenn, ja wenn neue Bergwerksprojekte anlaufen, wenn noch mehr Lebensmittel exportiert werden.
Antonio Pena Jumpa, Jura-Professor an der Katholischen Universität in Lima setzt bei seiner Rückschau andere Akzente. Er bilanziert die fortlaufenden sozialen Konflikte gegen die finanziellen Investitionen im Bereich der extraktiven Industrie als ein Problem. Er zitiert dazu die staatliche Ombudsbehörde “Defensoría el Pueblo”. Diese zählte im November 2015  215 soziale Konflikte, von großen Konflikten gegen Bergwerksunternehmen wie Tia Maria, Las Bambas, Conga , im sog. Lote 192 (Erdöl im Regenwald) oder kleinere in allen Regionen Perus. (Wir berichteten im InfoPeru mehrmals darüber).

Mehr Exporte für weniger Einnahmen ?
Der peruanische Bergwerksexperte Jose De Echave schreibt dazu:
Weder Politik noch Industriverbände sahen  die Auswirkungen der globalen Entwicklung durch Preisverfall und den damit verbundenen Einbruch von Investitionen durch internationale Großunternehmen. Seit 2012 wurde 46% weniger im Bergbausektor investiert (in den USA 56% und im Kongo 84% weniger). Ohne Investitionen gibt es keine Produktion. Mit den hohen Einnahmen in den vergangenen Jahren wurde nicht in wirklich nachhaltige Produktion investiert. Unklar ist, wie lange diese Niedrigpreis-Periode anhält. Große Unternehmen wie Glencore oder Barrick Gold verkaufen ihre Anteile, um ihre hohen Schulden zahlen zu können.
In Peru wurde zwar ca. 25% mehr Kupfergestein aus der Erde geholt. Die Einnahmen daraus sanken wegen der tiefen Preise aber dennoch um 25&.  Deutlich wirkt sich das auf die Höhe der Steuern aus, die in die Bergbauregionen fliessen. Gegenüber 2014 erhielten die Region Ancash im Jahre 2015 um 43% weniger, die Region Cajamarca 40% weniger Steuern als im Vorjahr.

Für  ganz Peru sieht es so aus: Der Bergbausektor trug zur Gesamtheit der Steuereinnahmen  im Jahre 2014 nur noch 9,2%, , im Jahre 2015 sogar nur noch 6% bei.
Die Hoffnungen der neoliberalen Politik und entsprechender Wirtschaftsverbände setzen auf die Ausbeutung der Projekte Las Bambas, Tia Maria, Conga. Auch deshalb setzen sie auf die fatalen Rettungsanker: Weniger Auflagen für Menschen und Umwelt, Steuerermäßigungen für Minenunternehmen etc. Und deshalb wird die Repression gegen diejenigen, die sich gegen die Vernichtung ihrer Lebensgrundlage (z.B. Landwirtschaft) wehren, immer heftiger.

Der Jurist Antonio Pena schreibt ausserdem über Korruption im Rohstoffbereich:
Ohne Korruption gehe nichts im Bereich der Rohstoffproduktion. Die Bevölkerung fühle sich im Stich gelassen, weil sie sieht, dass die staatlichen Funktionäre und Politiker nicht neutral sind, sondern auf Seiten der (meist) ausländischen Unternehmen stehen würden. Dabei stützten sie sich auf beschlossene Gesetze, die ihrerseits durch Korruption und Lobbyarbeit  der Unternehmen erlassen worden seien.

Befürworter des auf Export ausgerichteten Bergbaus verschanzen sich oft hinter „Gesetzen“: alles war, wenn es „nach den Gesetzen läuft“,  halt „rechtens“.  Die Umweltverträglichkeitsprüfung seien gemacht, alle geltenden Sozialstandards und – auch immer eingeschränkteren Umweltstandards – seien eingehalten worden. Wenn die Bevölkerung dagegen protestiert, so wird, lt. Prof. Pena geäußert, dass sie im besten Fall unwissend sei und die Vorteile dieser Rohstoffausbeutung nicht sehen würde. Wenn das nicht reicht, sind sie schnell „Antimineros“ oder gar Ökoterroristen.

Exporte ohne Rücksicht auf Mensch und Natur?
Die Geographin Nicola Jaeger hat für die NRO Powershift die Untersuchung: Alles für uns? erstellt.In der Frankfurter Rundschau wird daraus berichtet: “ Wir brauchen als größte Volkswirtschaft der Welt den ungehinderten Zugang zu Rohstoffen“ hatte der ehemalige EU-Handelskommissar van Guucht gefordert. Die Europäische Gemeinschaft hat das voll mit ihrer Raw Material Initiative – für einen diskriminierungsfreien Zugang zu Rohstoffen – umgesetzt und setzt voll auf den ungeschützten Freihandel. Michael Reckordt von powershift meint dazu: “Das schränkt das Regierungshandeln der rohstoffreichen Länder immer weiter ein… Die Entscheidung, ob und wie Rohstoffe genutzt werden, liegt nicht mehr bei den Rohstoff-Ländern und erst recht nicht mehr bei den betroffenen Gemeinden. Der Großteil der Wertschöpfung bleibt bei Firmen, ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen im Norden”

Wer etwas tun will: Hier kann man die Petitition zum verantwortlichen Rohstoffabbau auf EU-Ebene unterzeichnen: http://stop-mad-mining.org/

Heinz Schulze

Quellen:

 Richard Meier in PeruVision 1/2006http://www.peru-vision.com/de/newsletter-maerz-2016/item/konjunkturbericht-2015-bergbau-zieht-perus-bruttoinlandsprodukt-hoch.html?category_id=441

 Antonio Pena J. In: Conflictos sociales y corrupción en el Peru 2015, Servindi, 19.2.2016http://www.servindi.org/actualidad/146424

Jose De Echave: La minera en un agno electoral in: Cooperaccion, Peru, 1.3.2016http://cooperaccion.org.pe/main/opinion/485-la-mineria-en-un-ano-electoral-por-jose-de-echave

Powershift: Alles für uns ? http://power-shift.de/wordpress/wp-content/uploads/2016/02/Alles-f%C3%BCr-uns_webversion.pdf