Hinten hat es noch Platz – Rassismus und Klassengesellschaft in Peru

Weisse, Gringos, Cholos (Mischlinge), Indios, Schwarze und Chinesen sind auf ganz Peru verteilt , dem Land aller Rassen, wie es der Schriftsteller José Maria Arguedas nannte. In Peru hat jeder eine Geschichte zu erzählen, die von Rassismus und Ausschluss handelt.  Reiche, Arme und Mitglieder der Mittelschicht stossen täglich auf eine der vielfältigen Ausdrucksformen , die die Klassengesellschaft in diesem so vielfältigen Land annimmt. Wo man zwar vom Zusammenleben, aber nicht immer von Toleranz reden kann.

Die Ausbeutung der Hausangestellten, das Eintrittsverbot für  Personen dunkler Hautfarbe in gewissen Diskotheken der Hauptstadt, das Vorurteil, dass jemand mit dunkler Hautfarbe kriminell ist, oder die Privilegien, die einige nur deshalb haben, weil sie weiss sind.  Das Bestreben „die eigene Rasse zu verbessern“, um dem Schönheitsideal näher zu kommen, das dem eines europäischen Landes ähneln könnte: all diese Erfahrungen äusserten die Teilnehmenden am Treffen der Lima-Gruppe der Infostelle Peru am 9. April.

Mithilfe der  Methode des “World Café” bekamen die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre persönlichen Erlebnisse mit dem Thema zu erzählen. Danach bearbeiteten sie an zwei Tischen die rassistischen Vorurteile, die den Abwahlprozess der Bürgermeisterin Limas, Susana Villarán, begleitet haben. An einem dritten Tisch schauten sie sich Ausschnitte der erfolgreichen peruanischen TV-Serie „Al fondo hay sitio – hinten hat es noch Platz“ an. Diese Serie läuft seit 5 Jahren täglich im peruanischen Fernsehen und handelt von den uralten und wiederholten Konflikten zwischen zwei benachbarten Familien haben, die eine aus der Oberschicht, die andere aus der Unterschicht.

Die Bürgermeisterin Limas, Susana Villarán,führt einen Nachnamen, der auf eine Herkunft aus der Oberschicht schliessen lässt. Zugleich gehört sie einer linken Partei an.  Susana Villarán wurde deswegen zur  Zielscheibe klassistischer und rassistischer Poebeleien, die sie als „Caviar“ (im deutschen so ähnlich wie die Toscana-Fraktion der Sozialdemokraten) beschimpften, und ihre Äusserungen dahingehend uminterpretierten.  Auch als Frau in der Politik war Susana Villarán Diskrimination und Anfeindungen ausgesetzt.

Beim  Gang durch die peruanischen Medien wurde Kritik darüber laut, wie die Werbung die rassistischen Stereotypen zementiert, in dem sie den weisshäutigen Personen privilegierte Rollen zuspricht, und Indigenas, Schwarze und Mestizen oft als Dienstboten darstellt.  Die Medien wurden auch wegen ihrer Hauptstadt-Zentrierung kritisiert, sowie für ihre Vorliebe für Geschichtenerzähler und Pseudo-Journalisten, die oft wegen ihrer physischen Attraktivität und nicht wegen ihrer journalistischen Kompetenz ausgesucht wurden.  Die Serie „ Al fondo hay sitio“ wurde von den einen mit viel Gelächter kommentiert, weil sie sich in einigen Verhaltensweisen wieder erkannten – und von anderen mit Empörung gesehen, weil das ernste Problem der Klassengesellschaft und des Rassismus darin zu oberflächlich behandelt wuerde.  Fast das gesamte peruanische Medienangebot funktioniert auf diese Art und Weise, weil es sich als Privatfernsehen nur an den Zuschauerzahlen ausrichtet und bar jeden Bildungsauftrages ist.

Mariella Checa