EU-Kommissarin ermahnt Peru wegen Umwelt- und Arbeitsgesetzgebung

Freihandelsvertrag der EU mit Kolumbien und Peru: EU-Kommission reagiert auf Kritik und schreibt an die peruanische Regierung.

Im Oktober 2017 präsentierten zivilgesellschaftliche Organisationen aus Europa, zusammengeschlossen in der Plataforma Europa-Perú (PEP), und 27 zivilgesellschaftliche Organisationen aus Peru der Europäischen Kommission in Brüssel eine Beschwerde über die Nichterfüllung von Verpflichtungen des Freihandelsvertrags im Bereich der Arbeits- und Umweltstandards durch Peru.

In dem Papier wurden Verpflichtungen aus dem Vertrag zitiert und durch verschiedene Beispiele belegt, dass Peru diese nicht erfüllt. Der peruanische Staat war und ist offenbar nicht in der Lage (und nicht willens?), die Beachtung seiner eigenen Gesetze und internationaler Arbeits- und Umwelt-Normen durchzusetzen.

Im März 2018 gab es im InfoPeru 55 einen längeren Artikel zu den einzelnen Punkten der Nichterfüllung: https://www.infostelle-peru.de/web/?s=freihandelsvertrag

Ende Juli schrieb nun Cecilia Malmström, Handelskommissarin der Europäischen Kommission, an Rogers Valencia, den peruanischen Tourismus- und Außenhandelsminister. Sie drückte in dem Brief ihre Besorgnis über mangelnde Fortschritte bei der Implementierung des Kapitels IX „Handel und nachhaltige Entwicklung“ des Freihandelsvertrags aus. Sie forderte den peruanischen Staat auf, einen Aktionsplan aufzustellen, der im Detail die Bereiche angeht, die Anlass ihrer Besorgnis sind, vor allem die Versäumnisse im Arbeits- und Umweltbereich. Sie stellt damit die mangelnde Erfüllung der Verpflichtungen Perus im Arbeits- und Umweltbereich heraus, die von PEP und den peruanischen Organisationen im Oktober 2017 in ihrer Beschwerde vor der EU-Kommission vorgebracht wurde.

Die Kommissarin zeigt sich besorgt über die Defizite bei der effektiven Anwendung der ILO-Konventionen 87 und 98 bezüglich der Vereinigungsfreiheit, des Schutzes des (gewerkschaftlichen) Vereinigungsrechtes und des Rechts zu Kollektivverhandlungen. Sie weist darauf hin, dass Peru einen der höchsten Anteile informeller Arbeit und ein hohen Anteil von Kinderarbeit hat und mahnt Anstrengungen für substantielle Fortschritte an.

Bezüglich des Umweltbereichs betont sie, dass die Vereinfachung der administrativen Abläufe nicht zu einer Minderung der Umweltrechte führen darf.

Außerdem hebt sie fehlende Mechanismen einer angemessenen Beteiligung der peruanischen Zivilgesellschaft hervor, die durch den Vertrag für die beratenden internen Gruppen in den beteiligten Staaten vorgesehen sind. So haben die europäischen zivilgesellschaftlichen Gruppen keine klaren Partner in Peru für den vorgesehenen Dialog.

Der von ihr geforderte Aktionsplan für Verbesserungen in den genannten Bereichen soll der EU-Kommission vor der Sitzung des Unterkomitees „Handel und nachhaltige Entwicklung“ im November 2018 vorgelegt werden. Im letzten Trimester des Jahres werde die EU-Kommission eine Untersuchung bezüglich der Fortschritte machen. Falls diese nicht ausreichend seien, kündigt sie die Anwendung bestehender Mechanismen an, um die genannten Probleme anzugehen.

Es ist zweifellos ein politischer Erfolg, dass die EU-Kommission die Kritik der zivilgesellschaftlichen Organisationen aufnimmt, sie nicht unter den Teppich kehrt, sondern die peruanische Regierung zum Handeln auffordert. Es bleibt die Frage, ob die EU-Kommission Peru zu einer Änderung der Politik in den oben genannten Bereichen zwingen kann, welche Maßnahmen sie gegen die Nichterfüllung der Verpflichtungen ergreift – und ob gegebenenfalls der Vertrag in Frage gestellt wird.

Die Plataforma Europa-Perú, in der auch die Informationsstelle Peru und die Kampagne „Bergbau Peru – Reichtum geht, Armut bleibt“ mitarbeitet, hatte sich gegen den Freihandelsvertrag engagiert und auf negative Konsequenzen für Kolumbien und Peru verwiesen. Nun beobachtet sie die Erfüllung der im Vertrag eingegangenen Verpflichtungen und die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen, die durch die Umsetzung des Vertrags entstehen. Der Brief von Cecilia Malmström hat dazu ein bisschen Mut gemacht.

Jimi Merk