Editorial InfoPeru Nr. 24

Liebe Leserin, lieber Leser!

Zehn Jahre nachdem der Bericht der Wahrheits- und Versöhnungskommission (CVR) feierlich an den damaligen Präsidenten Toledo und die gesamte Öffentlichkeit übergeben wurde, gibt es noch immer Kräfte in Peru, die es wagen zu fordern, Peru solle sich aus dem Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof zurückziehen,  und  die behaupten, der Ex-Präsident Fujimori habe immer die Menschenrechte respektiert. Eine dieser Personen, die Abgeordnete der Fujimori-Partei „Fuerza Popular“, Martha Chaves , wurde jüngst vom Parlament zur Koordinatorin der Menschenrechtskommission erklärt. – Bei einer öffentlichen Protestveranstaltung dagegen wurde die von uns sehr geschätzte Rocio Silva- Santisteban, Leiterin der zivilgesellschaftlichen Menschenrechtskoordinationsstelle, bespuckt und beschimpft. Aber diese tapfere Frau gibt nicht auf, und wir wie auch viele andere Gruppen und Organisationen möchten ihr hiermit unsere Solidarität ausdrücken  und ihr für ihren Einsatz danken!-

Das Instituto de Defensa Legal –IDL hat aus Anlass dieses 10. Jahrestages des CVR-Berichtes ein sehr lesenwertes (digitales) Sonderheft veröffentlicht ,  das vor allem klar darauf verweist, dass ein Großteil der  Opfer, registriert im Registro Unico de Victimas – RUV noch immer nicht in „gerechter und  würdiger Art vom Staat  entschädigt wurde, was eine ethische und rechtliche Verpflichtung ist.“  – Die Arbeit der CVR, deren Konzeption unter anderem auf der der Wahrheitskommission in Südafrika beruhte, wird international noch immer als recht erfolgreich eingeschätzt, wenn auch heute  als Mangel empfunden wird, dass z.B. die Folgen des internen Krieges für die ökonomische Entwicklung in den am stärksten betroffenen Regionen nicht untersucht wurde. –  Der Bau des Erinnerungsortes  in Lima, der Lugar de la Memoria, soll laut Informationen des IDL  Ende des kommenden Jahres  fertig gestellt  werden. –  Das Sonderheft von IDL kann nachgelesen werden unter:   http://www.revistaideele.com/ideele/revista/233

Das UNO-Programm für Entwicklung –PNUD – hat seinen Bericht zu Peru bezüglich der Humanentwicklung im Jahr 2013 veröffentlicht. Dementsprechend hat  z.B. die Lebenserwartung der PeruanerInnen zwischen 1980 und 2012 um 14,2 Jahre zugenommen, die durchschnittlich absolvierten Schuljahre im selben Zeitraum um über drei Jahre, und das BIP stieg um 60% !  In Peru wurde also ein  hoher Grad an  Humanentwicklung ausgemacht!   Aber auch wenn etliche  Menschen in Peru  zur Zeit  mehr Geld in der Tasche haben, ist – neben etwa der immer noch mangelhaften Gesundheitsversorgung und  großer Mängel im öffentlichen Schulsystem – das alarmierendste Problem, dass dieses Geld „auf der zukünftigen Armut des Landes beruht“ : Es sind die wirtschaftlichen Aktivitäten, die Entwaldung vorantreiben, die Naturressourcen auf legale oder illegale Weise  ausbeuten, die die Umwelt zerstören, welche zur Zeit Geld in die Kassen spülen.  Aber genau hier werden die zukünftigen Probleme gesehen: Schon jetzt gehen zwei Drittel der Extremwetterphänomene auf den sich in alarmierender Weise manifestierenden Klimawandel zurück: Längere Dürreperioden und dagegen  heftigere Regenfälle, Überschwemmungen,  Abschmelzen der andinen Gletscher, und der häufiger auftretende El-Nino ! Deshalb fordert der PNUD-Repräsentant in Peru vor allem eine  nationale Strategie,  um dem  Klimawandel angemessen entgegen zu treten. Sonst ist die  positive Humanentwicklung nur ein kurzfristiges Ereignis, und die Fragilität der Ökosysteme wird wieder die Ärmsten des  Landes   treffen! –

Und in Deutschland  wird derweil an einer  neuen Regierungskoalition  gebastelt,  wobei auch die staatliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) ein Verhandlungsthema  war: Das Ziel, 0,7% des BIP für die staatliche EZ bereitzustellen, wird beibehalten, und das ist gut so.  Auch von der Weiterentwicklung der Millenniumsziele wird gesprochen. Aber es wird auch ganz offen  gesagt:  „In Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft unterstützen wir auf der Basis  einer ausgeglichenen Rollenverteilung von Staat und Privatwirtschaft den Auf- und Ausbau des privaten Sektors in den Entwicklungsländern, wenn dies einer nachhaltigen, sozialen und ökologischen Entwicklung dient….“ Ja, wem soll die EZ also wirklich dienen? Ach ja, es soll  ja auch „das zivilgesellschaftliche Engagement gefördert, und dazu die Kirchen, NGOs und politische und privaten Stiftungen gestärkt werden….“,  um „auf der Grundlage unserer Werte und Interessen weltweit Hunger und Armut zu überwinden und Demokratie…. zu stärken“. So werden die Interessen aller vermengt und auch unsere vertreten!

Wir dürfen gespannt sein, was die neue Besetzung im BMZ  an Veränderungen bringt!

Viel Spaß beim Lesen  unseres neuen InfoPeru wünscht

Mechthild Ebeling

(Vorstandsmitglied der Informationsstelle Peru e.V. )