Editorial InfoPeru Nr. 14

Liebe Leserinnen und Leser des Infoperu,

rund 40 peruanische NGOs haben am 20. August 2012  einen dringlichen Aufruf erlassen, der ihre Regierung auffordert, endlich die Umweltgesetzgebung Perus zu verbessern (http://derechoshumanos.pe/2012/08/necesitamos-cambios-urgentes-en-la-legislacion-ambiental/).

Zentrale Forderungen sind die immer noch fehlende landesweite Raumplanungsordnung, die Verbesserung und Demokratisierung  der Politik bei der Genehmigung von Investitionen im nationalen Territorium (vor allem Bergbaukonzessionen,  Baugenehmigungen  und  sonstige  Wirtschaftsverträge), Verbesserung der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen  bei Großunternehmungen, sowie   die Reformulierung der Vorgaben zur Umsetzung der  „Consulta Previa“, der Vorabbefragung  vor allem  der indigenen Bevölkerung bei Großprojekten in ihren Territorien. Es wird  klar die Verbindung hergestellt zwischen diesen Mängeln und  den aktuellen vielfältigen und gewalttätigen sozio-ambientalen Konflikten  im Land. Eine „nachhaltige Entwicklung“  sei so nicht zu erreichen! Wir begrüssen deshalb, dass das peruanische Umweltministerium Anfang September bekanntgab, dass die Umweltgutachten fuer Bergbauprojekte kuenftig von einer neuen Institution – Servicio Nacional de Certificación Ambiental para las Inversiones Sostenibles SENACE – geprüft würden, die dem Umweltministerium untersteht. Bis jetzt ist das Bergbauministerium für die Genehmigung der Umwelterlaubnis bei Bergbauprojekten tätig.

Die CNDDHH, (der Verband der Menschenrechtsorganisationen) geht noch direkter vor und berief im Rahmen der Kampagne „ Ni un muerto más“ („Keine Todesopfer mehr“)  eine Pressekonferenz ein, bei der Angehörige der Opfer der gewalttätigen Polizeiaktionen im Rahmen der Protestaktionen in Cajamarca, Piura und Cusco auf ihre Situation   hinweisen konnten.  Bisher gibt es keinerlei Wiedergutmachung  für die insgesamt 15 Todesopfer und etlichen Verletzten, noch wurden bisher die Täter (von Polizei und Militär) zur Verantwortung gezogen (http://derechoshumanos.pe/2012/09/%C2%A1ni-un-muerto-mas-la-cnddhh-se-pronuncia-por-tres-nuevas-muertes-en-conflictos-sociales/)

Nur X-strata hat inzwischen angekündigt, für die 3 Todesopfer der Auseinandersetzungen in Espinar 500 000 Soles (rund 150 000 Euro) Entschädigung zu zahlen.

Die Proteste gegen das Goldbergbauprojekt Conga in Cajamarca haben Erfolg gezeigt: der Mineneigentürmer Newmont aus den USA gab bekannt, vorerst auf das Milliarden-Projekt zu verzichten. Die Bevölkerung hatte sich mehrheitlich gegen das Projekt ausgesprochen aus Angst um die knappen Wasservorräte.

Die Defensoria  del Pueblo (Ombudsstelle) stellt klar fest, dass der Staat sich bisher einseitig den Interessen der Firmen der Extraktivwirtschaft verschrieben hat, und der Bevölkerung gegenüber ineffizient und  willkürlich agiert oder eben auch schlicht nicht präsent ist.  Diese Situation birgt zunehmend Gefahren, auch die des Wiedererstarkens von Sendero Luminoso-SL .  Pilar Arroyo befasst sich  in ihrem August-Rundbrief mit der Rolle der Lehrergewerkschaft SUTEP.  SL hatte schon früh die strategisch wichtige Rolle der Lehrerschaft und ihrer Organisation erkannt: Lehrer waren und sind landesweit präsent und oft Mittler oder einziger Repräsentant des Staates und haben somit eine  einflussreiche und bei der Bevölkerung anerkannte Rolle. Über die Lehrer konnte SL die jungen Menschen erreichen, deren ihr Hauptinteresse gilt.  SUTEP, die in den letzten Zeit arg geschwächt war, ist in den vergangenen Monaten wieder mit Streikaktionen in die Öffentlichkeit getreten, und SL hat die berechtigten Forderungen der Lehrerschaft bezüglich Gehalt und Laufbahn aufgenommen und die Gewerkschaft gestärkt. Die aggressiven  Methoden und  Symbole wurden nun zum Teil unverändert übernommen. In Puno tauchten bei Aktionen sogar wieder an Pfosten aufgehängte Hunde auf!

Dies zeigt, wie dringend ein anderer Umgang mit den sozialen Konflikten gefunden werden muss, um die Gefahren, die die  zunehmende Polarisierung und aggressiven Auseinandersetzungen bergen,  in den Griff zu bekommen. Pilar Arroyo sieht im Wiedererstarken von SL  auch ein Indiz, dass die peruanische Gesellschaft nicht fähig war, die Erinnerung an die schrecklichen Leiden,  die diese  fanatische politische Gruppierung  dem Land zugefügt hat,  lebendig zu halten und Wachsamkeit in allen Bevölkerungsschichten zu entwickeln. –

Die ISP als Mitglied der europaweiten zivilgesellschaftlichen Plattform PEP (Plataforma Euopa –Peru) lädt im September zu einem PEP-Treffen nach Berlin ein; diese Vernetzung versucht auf europäischer Ebene Einfluss zu nehmen, u.a. bzgl des Freihandelsabkommens  und der  „Rohstoffbeziehungen“  unserer Länder. Wir freuen uns auf das erste Treffen in Deutschland!

Wenn Sie diese Zeilen lesen, sind Sie auf der neuen Website der Infostelle Peru! Sie ist bunter und übersichtlicher geworden, und wir hoffen, dass Sie oft “click” auf www.infostelle-peru.de  machen werden. Auch unser Newsletter Infoperu erscheint im neuen Gewand und macht Ihnen die Lektüre unserer Informationen und Analysen, so hoffen wir, attraktiver.

Und nun viel Spaß beim Lesen des neuen InfoPeru!

Mechthild Ebeling

Vorstandsmitglied

Informationsstelle Peru e.V.