Fondo de Contravalor Peruano-Aleman

Deutsch-peruanischer Gegenwertfonds beendet nach 13 Jahren seine Arbeit

Die Infostelle Peru war massgeblich beteiligt an der Implementierung dieses kreativen und effizienten Instruments der Schuldenumwandlung.

Anfang der 90-er Jahre hatte Peru Auslandsschulden bei Regierungen und Banken von über 35 Milliarden DM (knapp 18 Milliarden Euro) und musste 40% seines Staatshaushaltes für den Schuldendienst aufwenden.

Gegenüber Deutschland hatte Peru damals einen Schuldenstand von ca. 1 Milliarde DM (511 Millionen Euro), davon waren 700 Millionen DM (358 Millionen Euro)  Schulden bei der Bunderegierung: Peru war schon lange Zeit Schwerpunktland deutscher Entwicklungshilfe; die meisten dieser Schulden stammten aus Entwicklungshilfe-Krediten, unter anderem für Großprojekte wie die Staudämme Tinajones und Jequetepeque.

Es war viel politischer Druck und Überzeugungsarbeit in den 1990ern nötig, bis sich das Bundeministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) 1999 bereitfand, einen Gegenwertfonds nach unseren Vorschlägen mit der peruanischen Regierung zu vereinbaren. Schließlich sollten  in diesem Fonds, dessen Mittel aus einer Schuldenumwandlung stammten, erstmals gewählte Vertreter*innen der peruanischen Zivilgesellschaft über die Vergabe der Gelder für Entwicklungsprojekte mitentscheiden.

 

Was ist eine Schuldenumwandlung? Und was ist ein Gegenwertfonds?

In den 90er Jahren wuchs die Bereitschaft der Gläubigerländer, die überschuldeten Länder des globalen Südens – teilweise- zu entschulden. Ein Instrument des Schuldenerlasses  sind Schuldenumwandlungen. Eine Gläubigerregierung erklärt sich bereit, einem Schuldner-Land einen bestimmten Teil seiner Schulden zu erlassen. Im Gegenzug verpflichtet sich das Schuldner-Land, einen Teil des Schulden-Betrages (die Höhe richtet sich nach der wirtschaftlichen Situation) in einheimischer Währung in einen Entwicklungsfonds einzubezahlen.  Dieser Fonds wird als Gegenwertfonds bezeichnet.

Es gab auch Gegenwertfonds anderer Länder in Peru (z. B. der Schweiz und Italien), die allerdings nicht die gleichen Entscheidungsstrukturen hatten wie der deutsche Gegenwertfonds.

 

 Ein langer Kampf für partizipative Entscheidungsstrukturen

Bis dahin – und leider auch danach – flossen die Mittel aus Schuldenumwandlungen in staatliche Entwicklungsfonds, die unter alleiniger  Kontrolle der jeweiligen Regierungen standen. Peruanische Organisationen der Zivilgesellschaft und ihre deutschen Partner hatten diese Praxis seit langem kritisiert. So wurde der peruanische Infrastrukturfonds FONCODES, der teilweise  aus Schuldenumwandlungen finanziert wurde, vom damaligen Präsidenten Alberto Fujimori als Propagandamittel für seine Wiederwahl benutzt: Er weihte während des Wahlkampfs werbewirksam  Schulen und Brücken ein, die von FONCODES finanziert worden waren.

 

„Unsere Regierung ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems“, meinten unsere peruanischen Partnerorganisationen, und setzten sich mit unserer Unterstützung für eine Mitverwaltung dieser Fonds durch Vertreter*innen der Zivilgesellschaft ein.

 

Auf deutscher Seite unterstützten die Informationsstelle Peru,  katholische Organisationen wie die Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) der Erzdiözese Freiburg und viele Peru-Partnerschafts-Gemeinden die Kampagne für die Entschuldung Perus durch Schuldenumwandlungen und die Schaffung eines Fonds mit Beteiligung der peruanischen Zivilgesellschaft.

 

1999 vereinbarten die Regierungen von Peru und Deutschland, einen Teil der Mittel aus einer Schuldenumwandlung in einen Fonds einfließen zu lassen, in dessen Entscheidungsgremium (Comité Tripartito, siehe unten) auch Vertreter*innen der peruanischen Zivilgesellschaft Einsitz hatten.

  • Ein/e Vertreter/in der Zivilgesellschaft (und seine/ihre Stellvertreter/in) wurden vom nationalen Runden Tisch zur Armutsbekämpfung (Mesa de concertación de la lucha contra la pobreza) gewählt (delegiert).
  • Der/die andere Vertreter/in der Zivilgesellschaft (und seine/ihre Stellvertreter/in) wurde von der Konferenz der Universitäts-Rektoren gewählt (delegiert)

 

Peru-Solidarität macht sich für Verlängerung stark

 

Der Fonds begann seine Tätigkeit 2003, seine Mittel waren Ende  2008 erschöpft. Das BMZ hatte gegen Ende der ersten Phase des Fonds immer wieder betont, es bestünde kein Interesse an seiner Weiterführung. Der Fonds sei eine Parallelstruktur und nicht vereinbar mit der üblichen Zusammenarbeit von Staat zu Staat.

Ausschlaggebend für die Bewilligung der zweiten Phase waren schließlich

  • umfangreiche Brief- und Unterschriftenaktionen der Informationsstelle Peru und der bereits oben erwähnten Verbündeten mit der Forderung der Weiterführung des Fonds und
  • eine Wirkungsanalyse des renommierten Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik, die zu hervorragenden Einschätzungen der Arbeit des Fonds kam: die Mittel des Fonds seien für die richtigen Ziele und Zielgruppen eingesetzt worden und es seien fast immer alle Projektziele erreicht worden

 

So bewilligte die Bundesregierung eine zweite Schuldenumwandlung für eine Weiterführung des Gegenwertfonds.   Heute sind auch die Gelder dieser 2. Phase ausgegeben. Weil Peru aufgrund seiner volkswirtschaftlichen Erfolgszahlen kein Kandidat für eine weitere Schuldenumwandlung ist, kann der Fonds also keine weiteren Mittel mehr erhalten.

 

515 Projekte in ländlichen Gebieten

 

Begünstigte des Gegenwertfonds waren Kommunen in ländlichen Gebieten, vor allem in den ärmsten Bergregionen im südlichen Peru. Die Gemeinden konnten im Rahmen der regelmäßigen Ausschreibungen des Fonds eine  Finanzierung für ein von ihnen gewünschtes Projekt beantragen. Die Kriterien für die Projektvergabe und -durchführung und die Arbeit des Fonds waren transparent und über die Homepage des Fonds einsehbar.

Bis Ende 2016 hat der Fonds 38,5 Millionen Euro in 515 Projekte investiert. Die Gelder flossen gezielt in die ärmsten Regionen Perus.

Gefördert wurden Projekte in den Bereichen

  • Trinkwasser und Abwasser,
  • Verbesserung von Verbindungstraßen für abgelegene Gemeinden, einschliesslich Brückenbau
  • Verbesserung von Bewässerungsanlagen,
  • Förderung der Leistungsfähigkeit von Kommunalverwaltungen und
  • Integriertes Abfallmanagement

 

Das Antragsverfahren unterstützte die Identifikation der Gemeinden mit ihrem Projekt:

  • Die Gemeinde musste einen Antrag auf Finanzierung des Projekts stellen.
  • Nach Bewilligung des Projekts musste sie einen Vertrag mit dem Fonds abschließen. Bei der Unterzeichnung des Vertrags mussten der Bürgermeister und die Verantwortlichen der Gemeinde sowie viele Gemeindemitglieder anwesend sein.
  • Für die Durchführung des Projekts musste die Gemeinde Geldmittel (und/oder Maschinen) und Arbeitskraft beisteuern.

 

Im Gremium  “Comité Tripartito” (siehe Kasten) wurden alle Entscheidungen über die Vergabe der Mittel gefällt.

Im Comité Tripartito waren vertreten

–          für die peruanische Regierung eine Vertreterin des Wirtschafts- und Finanzministeriums und ein Vertreter der APCI(Agencia Peruana de la Cooperación International – zuständig für die internationale Entwicklungskooperation Perus)

–          für die deutsche Regierung der deutsche Botschafter und ein Vertreter der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW

–          für die peruanische Zivilgesellschaft ein/e Vertreter*in des nationalen Runden Tischs zur Armutsbekämpfung und der Konferenz der Universitäts-Rektoren (siehe oben)

 

 

Der Fonds wird engültig eingestellt

 

Am 14. Oktober 2016 fand  die  Abschlussveranstaltung des Fonds im Lugar de Memoria (Gedenkstätte für internen Konflikt) in Lima statt. Viele Vertreter*innen von ONGs und  deutscher Entwicklungsorganisationen waren anwesend.

Nach den Grußworten des deutschen Botschafters und einer  Ministerin haben die zwei Co-Direktoren  die Geschichte des Fonds, seine Ziele und Arbeitsweise vorgestellt. So war diese Veranstaltung  eine Gelegenheit, die getane Arbeit und die Ergebnisse des Gegenwertfonds vor  einem großem Publikum  vorzustellen.

Danach kamen  Vertreter*innen von Gemeinden zu Wort, deren Projekte vom Fonds unterstützt wurden. Den Abschluss bildeten traditionelle Musik und Tänze und ein  Auftritt von Susana Baca, der weltbekannten schwarzen Sängerin aus Peru.

 

Jimi Merk