© Heeder Soto Quispe

Der Titicaca und wir: Interview mit Heeder Soto

Der peruanische Filmemacher Heeder Soto hat vor kurzem in Deutschland seinen neuen Dokumentarfilm vorgestellt. Thema des Films ist der Kampf gegen die Verschmutzung der Flüsse und Gewässer rund um den Titicaca-See.

InfoPeru: Heeder, wie kamst Du auf die Idee, einen Film über den Titicaca-See zu drehen?

Heeder Soto: Mit meiner Familie zog ich der Arbeit wegen für 2 Jahre nach Puno. Wir hatten von der Verschmutzung des Titicaca-Sees gehört, und ich wollte einen Kurzfilm darüber drehen. Die Verschmutzung der Bucht von Puno ist für jeden sicht- und riechbar. Für mich, der ich aus Ayacucho komme, war dies etwas Neues. Die Leute, die schon lange in Puno wohnen, sind an die Verschmutzung schon gewohnt und sie bemerken sie z.T. gar nicht mehr.

InfoPeru: letztlich hattest Du aber soviel Material, dass der Film 70 Minuten lang geworden ist. Was sieht man im Film?

Heeder Soto: Der rote Faden im Film ist ein junger Peruaner, Umwelt-Aktivist, der verschiedene Orte in Puno besucht, die besonders verschmutzt sind. Es geht um den Fluss Coata, um den Fluss Llallimayo, um den Fluss Ramis und den Fluss Suches an der Grenze zu Bolivien. Alle vier sind Zuflüsse zum Titicaca-See.

An allen Orten lernte ich beeindruckende Personen kennen, die sich gegen die Umweltverschmutzung wehren: Maruja Inquillay in Coata, und besonders die Bauern im Tal des Llallimayo, die gegen die Altlasten einer Goldmine kämpfen.

InfoPeru: wer sind denn die Verursacher der Verschmutzung?

Heeder Soto: Rund um den Titicaca-See kommen verschiedene Ursachen zusammen. Da ist die Verschmutzung mit ungeklärten Abwässern aus der Stadt Juliaca, die den Fluss Coata bis in die Mündung zum Titicaca-See verschmutzen. Im Tal des Llallimayo sind es alte Abraumhalden der Goldmine Aruntani SAC – einer der grössten peruanischen Goldminenbetreiber. Ich habe gesehen, wie der Fluss dort stirbt. Im Tal des Ramis-Flusses sind es vor allem die illegalen und informellen Goldschürfer in Ananea und Rinconada, die Quecksilber und Schlamm nach unten in den Fluss Ramis spülen. Dazu kommen Abfälle von Anwohnern, die im See landen, oder Autobesitzer, die ihre Autos am Fluss waschen.

Verantwortlich sind aber auch die Käufer von Gold aus Puno – und viel Gold aus Puno wird in der Schweiz raffiniert und dann in die ganze Welt weiterverkauft.

InfoPeru: der Goldabbau mag die Umwelt schädigen. Aber gerade in Puno mit seinen vielen informellen Goldschürfern hat er auch viele Indigene und ehemalige Bauern reich gemacht.

Heeder Soto: das ist ein ähnliches Phänomen wie im Kokaanbau, wo Du auch mitten in der Pampa auf einmal Bauern mit einem teuren SUV-Auto oder Häuser mit Satellitenschüsseln auf den Dächern vorfindest. Aber wer profitiert letztlich am meisten? Doch diejenigen, die mit Gold handeln und weiterverkaufen, und die sitzen in der Schweiz und in anderen Ländern. Während des Drehs habe ich das Gold, das der Grund für das Umweltdesaster ist, übrigens nie vor Gesicht bekommen.

InfoPeru: neben Peru zeigst Du im Film auch den Widerstand gegen den Kohle-Tagebau im nordreinwestfälischen Garzweiler. Was hat Garzweiler mit Puno zu tun?

Heeder Soto: Erstmal haben die beiden Orte gar nichts miteinander zu tun. Aber ich wollte keinen Film machen, der nur zeigt, wie der globale Süden die Umwelt zugrunde richtet, sondern dass dies auch in Deutschland geschieht, und sich viele Deutsche daran gewöhnt haben und es ganz normal finden.

InfoPeru: wie waren die Reaktionen auf Deinen Film in Deutschland?

Heeder Soto: einige Zuschauer waren sehr erschüttert, das Ausmass des Kohle-Tagebaus in ihrem eigenen Land zu sehen, und dass es einen peruanischen Filmemacher brauchte, der ihnen dies zeigte. Dann erregte eine Szene im Film grosses Interesse: darin erzählt eine Anwältin aus Puno, dass die Goldschürfer in Rinconada sogar Menschenopfer darbringen, um den Berg „gnädig“ zu stimmen, damit er das Gold „loslässt“. Dann waren aber auch viele Leute überrascht, dass die peruanische Regierung solch starke Umweltverschmutzung zulässt.

InfoPeru: was können die Bürger in Deutschland und Peru tun, damit der Titicaca-See wieder sauberer wird?

Heeder Soto: Jede erhobene Stimme ist besser als das Schweigen. Deswegen hat die Infostelle und die Bergbaukampagne auch Unterschriften gesammelt, die wir dem Regionalpräsidenten von Puno und dem peruanischen Präsidenten vorlegen werden. Der Titicaca-See ist ein wichtiges touristisches Ziel, die Einnahmen aus dem Tourismus sind wichtig und Peru ist sehr darauf bedacht, sein touristisches Image nicht zu schädigen. Wenn sehr viele Touristen in Puno kritisch nach der Wasserqualität des Sees und der Flüsse fragen, dann macht das sicher Eindruck.


Das Interview führte Hildegard Willer.

Der Dokumentarfilm “Titicaca y los rostros desaparecidos” hat seine Premiere in Peru am 24. August im Lugar de la Memoria, Lima

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