Bio-Landwirtschaft in Peru

Der peruanische Landwirtschaftsminister von Hesse hat eigentlich wenig mit „Bio“ zu tun. Aber die Nachricht, dass Peru der weltweit zweitgrößte Produzent von biologischem Kakao geworden ist, lässt ihn doch vor die Mikrofone treten. Das auch, weil der Kakao-Anbau in letzter Zeit mit viel Geld von US-AID gefördert wurde, im Kampf gegen den Anbau von Coca. Aktuell sind ca. 40.000 ProduzentInnen im Kakaoanbau tätig, gefördert werden ca. 60.000 Tonnen dieser Götterfrucht. Der Exporterlös, und hier ist von Hesse wieder voll in seinem Element, beträgt 116 Millionen Dollar. Er betont auch, dass der Bio-Kakao vorwiegend vom Fairen Handel gekauft wird. (El Comercio, 6.11.2013) Das müsste genauer untersucht werden.

Ein Blick zurück zeigt, wie mühsam das Pflänzchen „Bio“ in Peru aufgezogen wurde und dabei von der offiziellen Landwirtschaftspolitik, sagen wir es positiv, nicht gefördert wurde.

Die Nichtregierungsorganisation Centro IDEAS (Lima) feiert ihr 35-jähriges Jubiläum und anhand deren Erfahrungen – die natürlich nicht die einzigen dieser Art in Peru waren, lässt sich dieser lange „Bio-Weg“ etwas nachvollziehen:

So von 1983-1988 war eine Etappe, die (Wieder)-Aneignung von ökologischer Landwirtschaft anzugehen. Es wurden Versuchs- und Demonstrationsparzellen für eine Landwirtschaft ohne Pestizide und Chemie eingerichtet. Die Erfahrungen wurden gründlich systematisiert (technisch, sozial, ökonomisch), veröffentlicht und dienten in einigen Universitäten als Lehrbücher für Studierende der Landwirtschaft. Andere Organisationen (wie EDAC, Cajamarca) engagierten sich besonders für eine angepasste andine Landwirtschaft.

Ab 1983 begann dann auch der Aufbau verschiedener Institutionen mit dem Ziel der Förderung der ökologischen, kleinbäuerlichen Landwirtschaft (u.a. RAE Peru – Red de Agricultura Ecologica del Peru).

1994 gibt es die Gründung von InkaCert und 1998 die von Bio-Latina, auch als Antwort auf das „Monopol“ europäischer und nordamerikanischer Zertifizierungsorganisationen. Später entstanden Zertifizierungsbüros in Nicaragua, Kolumbien und Bolivien.

1996 gab es die Gründung von Ecología Perú (Entwicklung von partizipativen Methoden und Techniken für Kleinbauern – campesinos).

1993-2013: Aufbau von Absatzmöglichkeiten in Peru (Bio-Märkte, Gesunde Märkte, Teilnahme am großen Gastroevent Mistura. ) Die Biomärkte wie der im gut situierten Stadtviertel Miraflores besteht seit 14 Jahren. Eine Kritik: Das sei zu einfach, weil da Leute mit Geld leben würden. Aber, die Produzenten haben so ihre Einnahmen. Aktuell gibt es solche Biomärkte auch in anderen Stadtvierteln der peruanischen Hauptstadt und in den Anden, in den Departements Junin, Huánuco und in der Hafenstand Callao.

Die Idee einer Direktvermarktung mit Bio-Kisten direkt an die Haustüre erwies sich als nicht durchführbar. Es gab zu wenig Kunden,  und in der 10 Millionen-Einwohnerstadt Lima auch dann zu weite Wege.-

Ab dem Jahr 2000 zum Teil bis heute stand an: Verstärkte Sensibilisierung von  KonsumentInnen u.a. durch Radiosendungen und elektronischen Rundbriefen.

Wichtig war nun auch die direkte Einwirkung auf die Politik und die Gesetzgebung, so durch die  Mitarbeit bei der Erarbeitung von Gesetzen und den notwendigen Umsetzungsrichtlinien für eine ökologische Landwirtschaft. Beispielhaft sei genannt: das Gesetz zum Schutz der Konsumenten, und ein Gesetz, das das Ausbringen von genmanipuliertem Saatgut für einige Jahre unterbindet.-

Wichtig waren dann ab ca. 2002 der Aufbau des Komitees der KonsumentInnen von ökologischen Lebensmitteln in Lima und in 7 weiteren Regionen, die Organisation von vielen nationalen und lateinamerikaweiten Kongressen zum Thema. Es entstanden Kooperationen wie dem peruanischen Netzwerk für gerechten und ethischen Konsum (2014). In dieser Zeit gelang die Stärkung internationaler Allianzen wie das Consorcio Agroecologico Peruano und des lateinamerikanischen  Zusammenschlusses für biologische Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung.-

Heute steht die ökologische Landwirtschaft auch in Peru – weiterhin – vor großen Problemen: Umweltzerstörung, Landnahme durch Bergbau und industrielle Landwirtschaft. (Spargel, Paprika, Mangos, etc.).

Und, es geht in der Weiterentwicklung der Bio-Landwirtschaft verstärkt auch um die Weiterverarbeitung, wobei es nicht nur um die klassische Hollundermarmelade geht.

Es geht um umsetzbare Alternativen für eine gesunde regionale Entwicklung.

Und, um wieder zum Bio-Kakao zurück zu kommen: Jetzt ist „nur noch“ daran zu arbeiten, dass dieser hochwertige Kakao auch fair bezahlt wird. Das ist eine interessante und lohnenswerte Aufgabe für die größeren Fair-Trade-Handelsorganisationen  !

Heinz Schulze