Editorial InfoPeru Nr. 77

Liebe Leserin, lieber Leser,

während ich diese Zeilen schreibe, wissen wir in Peru zwar, dass Pedro Castillo die Wahlen gewonnen hat – aber wir wissen nicht, wann er offiziell zum Wahlsieger ausgerufen werden kann. Denn die knapp unterlegene Keiko Fujimori will ihre Niederlage nicht anerkennen und bemüht, dem Beispiel von Trump folgend, jegliche juristische Tricks, um das offizielle Wahlergebnis hinauszuschieben.  Sie bezichtigt die Wähler und die per Los bestimmten Wahlhelfer des Wahlbetrugs und will sogar den ganzen Wahlgang annullieren lassen. Dies ist in Peru so noch nie vorgekommen und niemand weiss, wie die zuständigen Behörden und Gerichte damit umgehen.

Was wir allerdings wissen: je länger sich die offizielle Ausrufung des Wahlsiegers hinauszögert, desto unstabiler und gefährlicher wird die Situation. Schon gibt es erste Rufe aus dem ultrarechen Lager, die nach einem Einschreiten der Militärs rufen. Beide Seiten mobilisieren ihre Anhänger auf den Strassen – bisher haben sie friedlich aneinander vorbei demonstriert. Doch das kann sich ändern.

In diesem InfoPeru finden Sie deshalb mehrere Artikel, Berichte und Kommentare zu den Wahlen.

Gleichzeitig ist Corona in Peru noch nicht zu Ende. Die Pandemie hat die Abgründe und Ungleichheiten innerhalb der peruanischen Gesellschaft offengelegt – und damit auch mit zu dem für viele überraschenden Wahlergebnis geführt.

Das jährliche Peru-Seminar der Infostelle, Ende April online veranstaltet, widmete sich deswegen der Pandemie: Peru ist weltweit eines der von der Corona-Pandemie am meisten betroffenen Ländern. Nach mehreren Online-Veranstaltungen im letzten Jahr, in denen wir über die Situation berichtet haben, wollten wir beim Seminar die Hintergründe, Ursachen und Auswirkungen der Gesundheitskrise ausführlich beleuchten und nach möglichen Auswegen suchen. Dass die Infostelle Peru dafür aufgrund des Online-Formates viele Expert*innen, aber auch Teilnehmer*innen aus Peru einladen konnten, war eine große Bereicherung. Über das große Interesse vor allem von jungen Menschen aus Peru und Deutschland – viele ehemalige Weltwärts-Freiwillige – haben wir uns sehr gefreut.

Obwohl am Online-Seminar mehr als 120 Personen teilnahmen und obwohl die persönliche Begegnung fehlte, war das Seminar geprägt von viel intensiven Begegnungen, persönlichem Austausch, interessanten Diskussionen und guter Stimmung – trotz schwerer Themen. Dass dies auch fast alle Teilnehmenden so erlebt haben, zeigten die vielen sehr positiven Rückmeldungen.

In diesem InfoPeru finden Sie einige Beiträge, die aus den Vorträgen auf dem Seminar entstanden sind. Protokolle und die Präsentationen der Referent*innen finden Sie auch hier auf unserer Homepage.

Und zum Schluss noch eine gute Nachricht aus Peru: die Impfungen gegen das Coronavirus kommen inzwischen gut voran. Peru konnte Impfstoff verschiedener Hersteller sichern und impft nun zügig.


Ihre Hildegard Willer
(Redakteurin InfoPeru)