Lieber Herr Glasenberg

erstaunt lesen wir in der Schweizer Tageszeitung Blick vom 7. Mai 2015, folgende Aussage: “Und in jedem Staat, in welchem wir tätig sind, gibt es Gesetze, Reglemente und Verordnungen, die wir selbstverständlich einhalten. Kein Land würde es akzeptieren, wenn wir uns da etwas zu Schulden kommen lassen würden. Das können Sie mir glauben”, sagen Sie auf die Behauptung Ihres Interviewers, der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore, dessen oberster Chef Sie sind, würde sich um finanzielle und sonstige Auflagen drücken.

Für Peru zumindest trifft Ihre Aussage nicht zu.

Seit 2010 kontrolliert in Peru die Umweltbehörde OEFA die Einhaltung der Umweltnormen und ahndet Verstösse. Auf der Webseite der Behörde sind alle  bei Inspektionen vorgefundenen Verstösse und die dazugehörenden Bussgeldbescheide einsehbar. (http://www.oefa.gob.pe/transparencia/datos-generales/disposiciones-emitidas/resoluciones-de-la-oficina-de-administracion)

Das gewundene Behörden-Spanisch der Verordnungen lädt nicht gerade zum Stöbern ein. Die Journalisten des investigativen Portals www.convoca.pe haben dennoch Resolution für Resolution durchgearbeitet und die Bussgeldbescheide nach Unternehmen, Region und Jahr kataloigisiert (http://www.convoca.pe/investigaciones/el-circulo-minero-de-la-infraccion)

Wenn man da die peruanischen Bergwerke der Glencore-Gruppe eingibt, dann erfährt man doch so manch Überraschendes:

  • Ihr Bergwerks-Komplex Los Quenuales, der seit vielen Jahren in den Zentralanden Zink, Blei und Kupfer abbaut, rangiert an 6. Stelle der meist geahndeten Bergbauunternehmen Perus mit 20 Bussgeldbescheiden wegen Verstössen gegen Umweltauflagen. Zusammen mit Ihrem an 8. Stelle stehenden Logistik-Unternehmen Perubar S.A. kommen Sie auf 35 Sanktionen zwischen 2010 und 2014. Fast die Hälfte der Bussgelder kamen durch die Überschreitung von gesetzlichen Grenzwerten zustande.
  • Zählt man noch Ihr Kupferbergwerk Tintaya (heute Antapaccay) in Cusco mit 8 Bussgeldbescheiden und das Kupferbergwerk Antamina, das Ihnen zu 33,5% gehört, dazu, dann kommen Sie auf die stolze Summe von 21 Ordnungsstrafen wegen Verstössen gegen die Umweltgesetze Perus.
  • Das Ranking der sündigsten Minen führt eine peruanische Mine an: die Mine Volcan, im mehrheitlichen Besitz der peruanischen Familie Letts. Im Vorstand von Volcan sitzen auch Ihre Direktoren Christopher Eskdale und Daniel Maté. Anscheinend nicht, um bei Volcan Schweizer Umweltstandards einzuführen.

Wenige Strafen werden tatsächlich bezahlt

Die von der OEFA insgesamt gegen Ihre Unternehmen in Peru verhängte Bussgeldsumme von gut 1,4 Millionen USD könnten Sie vermutlich aus Ihrer Portokasse bezahlen. Aber Sie scheinen dieses Geld lieber Anwälten zu geben, damit die gegen die Bussgeldbescheide gerichtlich vorgehen. Auf diese Art und Weise schulden Sie dem peruanischen Staat immer noch gut 800.000 USD, deren Bezahlung Ihre Anwälte aussetzen konnten. Und ob Sie es mit den Grenzwerten jetzt genauer nehmen, obwohl die Strafen noch nicht rechtskräftig geworden sind?

Umweltbehörde ohne Geld

Die OEFA (Organismo de Evaluación y Fiscalización Ambiental) ist die erste peruanische Umweltaufsicht, die nicht dem Bergbauministerium, sondern dem Umweltministerium untersteht. Das heißt, es ist nicht mehr das Ihnen zugetane Bergbauministerium, das Sie überprüft, sondern eine unabhängige Behörde. Wir können verstehen, dass es Sie und Ihre Kollegen in Peru besonders wurmt, dass Sie sogar noch für deren Inspektionen bezahlen sollen. 0,15% Ihres Gewinnes müssen Sie für die Finanzierung dieser Behörde abführen, so will es die peruanische Vorschrift. Zusammen mit 36 weiteren peruanischen Bergbauunternehmen haben Sie in den letzten  Monaten nichts unversucht gelassen, um sich vor dieser Abgabe zu drücken. (http://www.convoca.pe/agenda-propia/quienes-estan-detras-de-la-demanda-contra-el-aporte-ambiental)

Wir warten gespannt auf die Entscheidung des peruanischen Kartellamtes, ob diese Abgabe bleiben wird oder in Ihrem Sinne für wettbewerbswidrig erklärt wird.

Die Umweltbehörde in Peru ist jung, im Aufbau begriffen und sehr viel schwächer als der mächtige Bergbausektor. Sie und Ihre Bergbau-Kollegen in Peru haben bisher wirklich nichts dazu beigetragen, dass sich daran etwas ändert. Deshalb erstaunt es uns doch sehr zu lesen, wie Sie die Schweizer Bürgerinnen und Bürger, die ja inzwischen Ihre Mitbürger sind, für dumm verkaufen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Informationsstelle Peru e.V. und Kampagne „Bergbau Peru – Reichtum geht, Armut bleibt”


Das Interview mit Ivan Glasenberg kann man hier nachlesen. Der Blick ist das Schweizer Pendant zur deutschen Bild-Zeitung

http://www.blick.ch/news/glencore-chef-ivan-glasenberg-ueber-investitionen-in-afrika-und-seine-steuern-in-der-schweiz-jetzt-spricht-der-umstrittenste-manager-der-schweiz-id3731262.html