KLima-Reporteros: Bergarbeiterstreik in größter Kupfermine

Längst nicht alles dreht sich in Peru um die COP20. Letzte Woche protestierten die Arbeiter der grössten Mine Perus auf den Strassen Limas. Warum?

Auf einer kleinen Grünfläche haben sich vergangene Woche am Rande einer großen Hauptverkehrsstraße zwischen hupenden Autos und wartenden Limeños über 1.700 Arbeiter der „Companía Minera Antamina S.A.“ vor dem Arbeitsministerium versammelt um ihren seit ca. zwei Wochen andauernden Streik fortzuführen. Antamina ist die größte Kupfermine Perus und zählt zu den zehn größten weltweit. Sie befindet sich in der Ancash Region, 200km südlich von Huaraz in den Andenhochebenen des Landes. „Wir erwarten auch heute wieder keine Lösung seitens des Ministeriums“ erklärt Jorge Juarez Cueva, Generalsekretär der Gewerkschaft der Arbeiter von Antamina. Mit über 1000 Arbeitern steht er schon den zweiten Tag vor dem Arbeitsministerium um gemeinsam mit sieben Gewerkschaftsführern, vier Vertretern von Antamina, sowie mit Vertretern aus dem Ministerium in Verhandlung zu treten.

Die Mitarbeiter fordern ihre Rechte ein; sie bestehen auf mehr Sicherheit am Arbeitsplatz, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, aber auch auf eine Reduzierung der gesundheitlichen Beeinträchtigung. Nach mehr als zehn Tagen Protest in der Minenregion blieb jegliche Reaktion aus. Nun sind zahlreihe Arbeiter von Antamina nach Lima gereist, um einen direkten Lösungsvorschlag der Regierung zu fordern. „Sie gehen kaum auf uns ein und warten nur, dass die Zeit verstreicht, damit wir wieder zur gewohnten Arbeit zurückkehren“, führt Juarez fort.

Gesundheitschädigende Arbeit

Proteste von Minenarbeitern sind seit Jahren ein gängiges und sichtbares Thema in den Straßen und in der Presse von Peru. Viele Arbeiter leiden an durch ihre Tätigkeit bedingten Krankheiten und leben in Ortschaften, in denen es an ausgebauten Straßen, Wasser- und Nahrungsmittelversorgung mangelt. Die Minenregionen werden oft ausländischen Minen in Konzession gegeben; diese verpflichten sich neben dem Rohstoffabbau, auch zu sozialen und regionalen Projekten. Soweit die Abkommen mit der Regierung Perus. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Zwar werden durch die ausländischen Firmen beispielsweise neue Schulen und Wassersysteme gebaut, jedoch bleibt es oft bei kurzfristigen Projekten, die keine dauerhafte Entwicklung anstossen.
Ein bekanntes Problem der Minen sind die enormen Auswirkungen auf die Gesundheit der Arbeiter. Viele leiden an Wirbelsäulenproblemen. So auch die Arbeiter von Antamina: „Die Regierung ignoriert diese Problematik und stellt sie als Volkskrankheit dar“, berichtet Hernán Robles, Pressesprecher der Gewerkschaft. Beim Abbau der Rohstoffe entsteht Feinstaub, der ungefiltert in die Atmosphäre und das Trinkwasser gelangt. In der Ancash-Region zu leben birgt zahlreiche Risiken. So gibt es bereits Leidtragende mit zu hohen Werten von Schwermetallen im Blut.

Arbeit in der Mine – das kleinere Übel

Obwohl die wenigsten Bauern die Ankunft einer industriellen Mine gutheissen, so sind sie doch froh um die Arbeitsplätze – sofern es welche gibt. Seit 2004 vergab Antamina gezielt Arbeitsplätze an Arbeiter aus der Region selbst, so dass derzeit mehr als 80% der Angestellten aus der Region Ancash stammen. Das ist ein kleiner Erfolg, jedoch nur, weil den Bauern nichts anderes übrig bleibt als in den Minen zu arbeiten. Viele Peruaner, die in den Städten an der Küste leben, verstehen nicht, warum die Bergarbeiter oder Bauern protestieren. Denn die Bergbauunternehmen bringen auch Geld ins Land und führen soziale Projekte durch. Ein Arbeiter bei Antamina verdient im Durchschnitt 2.000-3.000 Soles monatlich (ca. 800 Euro), was zu einem gehobenem Gehalt in Peru zählt (der Mindestlohn liegt bei 750 Soles). Zu welchen Kosten und unter welchen Bedingungen für die Umwelt dies geschieht, bleibt für die breite Masse oft unsichtbar.

Antamina gehört zu je 37% den Rohstoffkonzernen Billiton und Glencore. Antamina gehört auch zu den grössten Kupferlieferanten für Deutschland.

Eine Vorzeigemine?

Antamina war bisher immer eine Vorzeigemine Perus. Auf ihrer Webseite ist von Umweltbewusstsein, Sorge um Mitarbeiter und einer Mission für Peru die Rede. Antamina ist Perus erfolgreichster Kupfer-Exporteur und Geldeinbringer. Sie ist eine der Haupteinnahmequellen für Perus Wirtschaft und erhält dafür viel Ansehen und Akzeptanz. Soziales Engagement und umweltbewusste Entwicklungen werden laut Antamina groß geschrieben. Was geschieht also derzeit in diesem Land, wenn nun auch Arbeiter der „ Luxusmine“ Perus in den Streik gehen?

Aus Peru werden größtenteils Kupfer und Gold exportiert. So auch nach Deutschland. Allerdings ist der Gewinn und die Exporte sind seit 2008 fast um die Hälfte gesunken; laut Antamina weil der Kupfergehalt in der Abbaustätte zurückgehe. Im Vergleich zum letzten Jahr sei die Kupferproduktion sogar um 16 % abgefallen, so der Generalsekretär. Aufgrunddessen wurden in den letzten Monaten unter anderem die Gehälter und Lebensmittelrationen gekürzt, so Jorge Juarez Cueva. Antamina halte immer weniger Abkommen ein und beachte viele vertraglich festgelegte Rechte der Arbeiter nicht mehr. Die Arbeiter ringen um ihre Jobs in gekürzten Arbeitsverhältnissen. Nur 60% der Arbeiter sind festangestellt. Der Rest arbeitet unter Leiharbeitsverträgen, die nach sechs Monaten normalerweise regelmäßig verlängert werden, so Juarez Cueva. Zur Zeit wird dies jedoch nicht immer eingehalten.

Bis Ende November hat es keine zufriedenstellenden Ergebnisse in den Dialogen gegeben. Ein Großteil der Arbeiter ist wieder zur gewohnten Arbeit zurückgekehrt. Dass sie nur mit halber Kraft arbeiten werden, bis die Regierung ihre Versprechen einhalten wird, erklärte der Generalsekretär vergangene Woche der peruanischen Zeitung „La Republica“.

Für den 10. Dezember ist bereits ein neuer Streik geplant. Diesmal auf unbestimmten Zeitraum.


Text und Fotos: Luisa Donner